2002,  Antifaschismus,  Antikapitalismus,  Demo

Demo gegen rechte Gewalt Langenthal

Inhalt:
1. Aufruf Antifa-Block
2. Kurzbericht
3. Flyer Bündis gegen Rechts
4. Medienbericht


1. Aufruf Antifa-Block (Originalquelle: http://ch.indymedia.org/de/2002/10/1415.shtml)
Am 21. September 2002 wurde das LaKuZ (Langenthaler Kulturzentrum) von Faschos angegriffen und verwüstet. Anschliessend griffen die Faschos eine türkische Familie an.
Heraus zum Antifa-Block an der Demo in Langenthal!
12. Oktober 2002, 18:30Uhr, Bahnhof Langenthal


2. Kurzbericht(Originalquelle: http://ch.indymedia.org/de/2002/10/1423.shtml)
Langenthal: Erfolgreiche Demo gegen RECHTE Gewalt und bürgerliche Scheinheiligkeit Nach dem Angriff von Faschos auf eine türkische Familie und auf das autonome Kulturzentrum LaKuZ am 21.9.02, zeigten sich Bürgerblock und Sozialdemokratie betroffen über den Angriff. Doch schnell wandelte sich dies in Ablehnung jegwelcher Gewalt und es wurde – entgegen den Gefühlen der Betroffenen – ein Fackelumzug „Gegen Gewalt“ organisiert. Wiedermal versuchten die Parteien rechte, linke und häusliche Gewalt in einen Topf zu werfen. Im Vorfeld wurden denn auch Transparente, schwarzrote Fahnen, Vermummung und Musik als unerwünscht erklärt. Erschreckend: Der Versuch der LaKuZ-BetreiberInnen,
einen Saal für eine Podiumsdiskussion zu mieten sowie eine Überzeitbewilligung für das Konzert im LaKuZ nach dem Fackelumzug wurden von den Langenthaler Behörden mit dem Argument abgewürgt, es sei zu risikoreich – es könnten ja Faschisten kommen und den Saal bzw. das LaKuZ angreifen…

Es kam, wie es kommen musste: Am Fackelumzug nahmen über 600 Menschen teil – die Schwarzrot-Farbenfrohen waren zahlreicher als der Bürgerblock und es wimmelte von Transparenten, schwarzroten Fahnen, Vermummten und Musik. Bald vermischten sich Fackeln und schwarzrote Fahnen und der Ordnungsdienst des Jugendparlaments Oberaargau war hauptsächlich damit beschäftigt, antifaschistische Kleber von Bankgebäuden zu entfernen. An der Abschlusskundgebung wurden die bürgerlichen RednerInnen mit Zwischenrufen darauf aufmerksam gemacht, dass sie nicht im Namen aller auf diesem Platz sprechen. Kritik der Schwarzrot-Farbenfrohen: Genau die gleichen Bürgerlichen, die sich hier gegen Gewalt aussprechen, unterstützen Ausschaffungen und Polizeibrutalität, da diese im Rahmen des staatlichen Gewaltmonopols verbrochen werden.

Es war ein Zusammentreffen von verschiedenen „Kulturen“: die Bürgerlichen, die sich an einem 1. August-Umzug wähnten, die SozialdemokratInnen und Grünen, die es allen recht machen wollten, ein paar wenige türkische LangenthalerInnen, die sich auffallend zurückhielten und schwarzrot-farbenfrohe Antifas, die den Fackelumzug in einen antifaschistischen Abendspaziergang umwandelten, indem sie mit dem Transpi „Gemeinsam gegen RECHTE Gewalt“ die Umzugsspitze übernahmen. Eine aussergewöhnliche Demo – für StadtbernerInnen wie für LangenthalerInnen.

Mit Punkrock und Beatbox endete der Abend endete im wiedereröffneten LaKuZ, wo fleissig diskutiert und gepogt wurde.
Nie wieder Faschismus!


3. Flyer Bündis gegen Rechts (Originalquelle: http://ch.indymedia.org/de/2002/10/1429.shtml)
Flugi und Redebeitrag Bündnis gegen Rechts.
(Tat gut das zu hören, nach all dem Quatsch, den die Bürgis rausgelassen haben)
An der Demo nahmen über 600 Menschen teil, mehr als die Hälfte waren schwarzrot-farbenfrohe ausserparlamentarische Antifas

Gemeinsam gegen rechte Gewalt in Langenthal und überall!
Am 21.09.2002 hat die rechte Gewalt in Langenthal einen neuen Höhepunkt erreicht. Nazi-SchlägerInnen haben das autonome Kulturzentrum (Lakuz) angegriffen und verwüstet. Danach griff der Schlägertrupp eine türkische Familie an, die vor dem Spital um ein verstorbenes Familienmitglied trauerte. Seit Monaten terrorisieren Nazi-Skins ihnen missliebige Personen in Langenthal. Immer wieder kam es nach Hockeyspielen des SC Langenthals zu Übergriffen, die in der Öffentlichkeit jedoch kaum bekannt wurden.

Die Ursachen der rechten Gewalt sind rechte Ideologien und Fremdenfeindlichkeit, wie sie auch in der bürgerlichen Gesellschaft vorhanden sind. Umso mehr erstaunt die plötzliche Betroffenheit und Aufregung in den Reihen der Bürgerlichen. Es ist klar, dass es den Parteien nicht um die perversen Motive der GewalttäterInnen geht – sie regen sich „nur“ über die Gewalt auf, da sie nicht vom Staat, der das Gewaltmonopol beansprucht, ausgeübt wurde.

Diese Aufregung ist heuchlerisch: Hätte die Polizei die TürkInnen verprügelt, um sie auszuschaffen, oder hätte die Polizei das Lakuz geräumt und abgerissen, hätten sie wohl kaum von Gewalt gesprochen oder gar dagegen demonstriert. Mensch denke nur an die Aussage von SVP-Exponent Sterchi, der fordert, wenn das Lakuz weiter angegriffen werde, müsse es geschlossen werden. Wird dieser Gedanken eine Windung weitergesponnen, sind die AusländerInnen für die Fremdenfeindlichkeit verantwortlich, und müssten daher ausgeschafft werden?!

Dass die herrschenden Parteien nicht gegen rechte Gewalt, sondern nur diffus „gegen Gewalt“ (nicht mitgemeint ist die Staatsgewalt) demonstrieren wollen, hat einfache Gründe:
1. soll der Anschein erweckt werden, dass es sich um Gewalt zwischen Jugendbanden handelt, die sich gegenseitig provozieren. Dabei sollen die gesellschaftlichen und politischen Gründe rechter Gewalt und antifaschistischer Aktionen vertuscht werden. Mit der Reduktion der Debatte auf Gewalt erreichen Parteien und Medien, dass nicht über Inhalte diskutiert werden muss.
2. wollen die Herrschenden „rechte und linke Gewalt“ in den gleichen Topf schmeissen. Obwohl auch ihnen bekannt sein dürfte, dass rechte GewalttäterInnen – von menschenverachtenden Ideologien und blindem Hass getrieben – ihre Gewalt gegen Menschen richten. Bei ihren geplanten Überfällen nehmen sie den Tod von Menschen die nicht in ihr engstirniges Weltbild passen, bewusst in Kauf (Hochdorfüberfall, Sturmgewehrangriff auf Solterpolter in Bern, Brandanschlag aufs bewohnte AJZ in Bern, Mord an M. von Allmen in Unterseen…).
Antifaschistische „Gewalt“ richtet sich dagegen nur im Verteidigungsfall gegen Menschen und hat meist symbolischen Charakter (Farbanschläge, Sabotage…).

Wir sind der Meinung, dass Antifaschismus nicht delegiert werden darf und kann! Faschismus ist ein strukturelles Problem, das nicht durch Repression vom Staat gelöst werden kann. Die Forderungen nach einem starken Staat durch mehr Polizeikontrollen und Unterdrückungsmassnahmen sind an sich faschistoid! Nur in einer freien, solidarischen Welt, in der die Menschen selbstbestimmt leben, wird Faschismus und Unterdrückung nicht mehr möglich sein. Die herrschende Ordnung muss durch eine gerechte, basisdemokratische, selbstbestimmte Gesellschaftsform ersetzt werden.

Es ist höchste Zeit, dass sich die Menschen auch in Langenthal organisieren und den antifaschistischen Kampf, also den Kampf für eine neue solidarische Gesellschaft, aufnehmen!

Wer über den Kapitalismus nicht reden mag, soll auch zum Faschismus schweigen!

Nicht auf Staat und Polizei vertrauen – auf die eigenen Kräfte bauen!

Mischt euch ein – verhindert rassistische Übergriffe!

Kein Raum für Nazis – nirgendwo!

Organisiert euch gegen rechte Gewalt – bildet Antifas!

Solidarität ist eine Waffe!

Bündnis gegen Rechts / 12.10.02


4. Medienbericht (Originalquelle: https://www.antifa.ch/massive-polizeiprasenz/)
Langenthaler Tagblatt: Massive Polizeipräsenz
Fackelzug gegen Gewalt verliefruhig. Mit rigorosen Kontrollen in und um Langenthalkonnte die Kantonspolizei am Samstag verhindern, dass es Umfeld des Fackelzuges gegen die Gewalt zu Ausschreitungen kam.
Weil das Ganze sehr ruhig und geordnet ablief, beim Fackelzug gegen die Gewalt im Oberaargaunur die minimale Einsatz-Variante zum Tragen, sagte der Langenthaler Gemeinderat Werner Meyer (Ressort öffentliche Sicherheit) auf Anfrage. Zahlen zum Polizeiaufgebot geben «aus taktischen Gründen»weder er noch die Kantonspolizei bekannt. Nur soviel: Der grösste Teil wurde gar nicht gebraucht.Innerhalb einer Minute, so Meyer, wären massive Polizeikräftean Ort und Stelle gewesen. Auf Platz war die Polizei zuvor bei denEinfallstrassen zu Langenthal und beim Bahnhof. Wer um 17 Uhr mit Auto von St.Urban nach Langenthal fuhr, musste ausserorts auf rund 30 Stundenkilometerabbremsen und eine Gesichtskontrolle über sich ergehenlassen. Ähnliches geschah auch auf anderenZufahrtsstrassen, wie der Redaktion berichtet wurde. Auch wer mitdem Zug anreiste, tat dies unter dem Auge des Gesetzes. allen grossen Bahnhöfen gab es Meldung nach Langenthal, wenn verdächtige Personengruppen eingestiegen waren.

Die Zusammenarbeit mit der Kantonspolizei habe funktioniert, so Meyer weiter. Und vor allemwar man gut informiert: «Wir wussten, dass wir mit absolutkeinen Rechtsextremen rechnen mussten». Auch dasAuftreten des so genannten «schwarzen Blocks» überraschte Polizei nicht, schliesslich hatte das «Bündnisgegen rechts» im Internet und somit schweizweit zurTeilnahme aufgerufen.
Überrascht war hingegen Susanne Röthlisberger, Präsidentin der EVP Langenthal. Nachdem ihreVorredner von den rund 20 vermummten, Fahnen schwenkenden und Transparente tragenden Linksextremen durch Zwischenrufe gestört wurden, habe sie denvorbereiteten Text weggelegt und beschlossen, nur ein paarkurze Sätze zu sagen, erklärte sie auf Anfrage. «Ichhabe mich geärgert, das war schade um die ganzeVeranstaltung», ist ihr Kommentar. Gegen Gewalt im Allgemeinenwerde sie sich auch in Zukunft einsetzen, soRöthlisberger weiter, aber: «ich finde es nicht richtig, wennes nur gegen Gewalt von rechts geht.» Für dieZwischenrufer hat sie kein Verständnis: «Das war destruktiv undunfair».

«Hinschauen – nicht wegschauen»
Langenthal Beim Fackelzug gegen Gewalt wurdeeine Aktion «Courage» angekündigt. Rund 500 Personen setzten am Samstagabend vor dem Langenthaler «Choufhüsi» ein feuriges Zeichen gegen dieGewalt. Es soll nicht das letzte bleiben: JPO-PräsidentSimon Schärer kündigte eine «Aktion Courage» fürLangenthal an.

Wegschauen ist der Anfang vom Niedergang»,betonte als erster Redner der LangenthalerStadtpräsident Hans-Jürg Käser in der Marktgasse vor dem «Choufhüsi», dem Ziel des Fackelzuges vomBahnhof bis ins Stadtzentrum. «Schaut hin» forderte er die «schweigende Mehrheit auf», genauso wie Regierungsstatthalter Martin Lerch, der seine Kurzansprache unter den Titel «Null Toleranz»stellte. «Wir wollen nicht zu einem Amtsbezirk oder zueiner Region werden, wo Gewalt eine Chance hat»,unterstrich der Repräsentant des Kantons und machte klar,dass er wie Hans-Jürg Käser Gewalt meint, «egal auswelcher Ecke sie kommt».

«Sache der Gesellschaft»
Es sei nicht die Sache des Lakuz oder dertürkischen Familie gewesen, die das jüngste Opferrechtsextremer Übergriffe gewesen waren, diese Demonstration organisieren, sondern der Gesellschaft,erwiderte Simon Schärer Vorwürfe, die im Vorfeld desFackelzuges an ihn gerichtet worden sind. Schärer ist Präsident Jugendparlamentes Oberaargau (JPO), das unterden 19 unterstützenden Organisationen des Fackelzugs Federführung übernommen hatte. Mit seiner Warnung vor Zuständen wie im DrittenReich legte Res Ryser, Präsident der Langenthaler SP, Schwerpunkt seiner Betrachtungen etwas mehr auf Gewalt von rechts, während Dominik Bucheli von Grünen Freien Liste Langenthal sich in dieserSache zu einem schwarz-weissen Weltbild bekannte: «Denn sich nicht gegen rechte Gewalt wendet, fördertsie». Kein Blatt vor den Mund nahmen die Vertreter desAutonomen Kulturzentrums (Lakuz) Aline Wyss und SergeWüthrich. «Es ist erschreckend, dass erst einGewaltexzess in diesem Ausmass Medien, Politik, Polizei und Bevölkerung aufzurütteln vermag», klagte Wyss Wüthrich rief dazu auf, die herrschendebürgerliche Ordnung durch ein basisdemokratisches, selbstbestimmtes System zu ersetzen.

Zwischenrufer störten Ansprachen
Obwohl die von der Gemeinde aufgebotene Kantonspolizei bereits Stunden vor demFackelzug mit einem riesigen Aufgebot an allenEinfallstrassen strikte Kontrollen durchgeführt hatte, gelang es rund20 mit Roger-Staub-Mützen vermummten Personen des berüchtigten «Schwarzen Blockes» aus Bern, die Demonstration mit Zwischenrufen zu stören:Susanne Röthlisberger, Präsidentin der EVP Langenthalverliess deswegen das Rednerpult schon nach wenigenSätzen. Minne herrschte erst am Schluss der rundzweistündigen Veranstaltung, als der Musiker Mauro Grossud gemeinsam mit dem Publikum das Lied «We shall overcome» sang.

Das nächste Zeichen
Martin Lerch hat letzte Woche die Gemeinden desAmtes und die Inhaber von Clublokalen schriftlichdazu aufgefordert, bei der Bewilligung von Anlässenwachsam zu sein, um illegale Versammlungen aller Art zu verhindern. Simon Schärer wiederum wird in«zwei, drei Wochen» die am Fackelzug beteiligten 19 Organisationen zusammenrufen, um die «Aktion Courage» nach Burgdorfer Vorbild zu lancieren. Dort hatten sich nach rechtsextremistischen Ausschreitungen im Sommer 2001 über 1500Personen schriftlich dazu bekannt, Gewalt – ob vonrechts oder links – nicht schweigend hinzunehmen. DerLichterumzug vom 21. Dezember 2001 musste in Burgdorf dann allerdings abgesagt werden: Wegen mangelnder Teilnahme. (gé)

«We shall overcome»
Kommentar: Wir werden siegen» heisst der Titel Liedes, das Mauro Grossud am Schluss der Demonstration gegen die Gewalt anstimmte. Erhabe einst bei den Zürcher Jugendunruhen diePolizeigewalt am eigenen Leibe erfahren, erzählte er, bevorer in die Saiten griff. «We shall overcome» – dachtedabei Mauro Grossud an denselben Sieg wieRegierungsstatthalter Martin Lerch, der in der Menge kräftig mitsang?Wohl kaum.