2003,  Besetzung

Abbruchbewilligung Hausbesetzung Burgunderstrasse

Inhalt:
1. Medienbericht


1. Medienbericht (Originalquelle: http://ch.indymedia.org/de/2003/07/12586.shtml)
Bund 14.7.03
«Die Nerven liegen blank»
Anwohnerinnen und Anwohner ärgern sich über die Hausbesetzer an der Burgunderstrasse 99 in Bern
Lärmige Partys in der Nacht, stinkende Abfallberge vor dem Haus: Nachbarinnen und Nachbarn stören sich an den Hausbesetzern, die seit einem Jahr an der Burgunderstrasse 99 in Bümpliz wohnen. Nun wird eine Stellungnahme vom Gemeinderat verlangt.

Eigentümer Georges Berthoud enerviert sich: «Seit einem Jahr sind die Hausbesetzer in meinem Haus ohne meine Einwilligung.» Der Genfer Architekt hatte sich denn auch geweigert, mit den «ungebetenen Gästen» einen Zwischennutzungsvertrag abzuschliessen. Zwar hatte er sich bei der städtischen Liegenschaftsverwaltung nach einem Mustervertrag erkundigt. «Es kam aber zu keinem Abschluss», betont Berthoud. Denn er hat ganz andere Pläne mit seinem Grundstück und möchte die Hausbesetzer lieber heute als morgen aus seiner Liegenschaft raus haben. Der Eigentümer will das Riegelhaus aus dem Jahr 1908 abreissen und stattdessen vier Wohnhäuser mit insgesamt 60 Wohnungen erstellen lassen. «Die Finanzierung ist bereits gesichert», sagt Berthoud.
Das jetzige Haus sei eine Bauruine und eigentlich nicht mehr bewohnbar, hält der Besitzer fest. Im Dezember 2000 verursachte ein Feuer einen Sachschaden von über 100 000 Franken. Seither stand die Liegenschaft leer. Vergangenen August bezogen ein paar Jugendliche das Gebäude, das weder Wasser- noch Elektroanschluss hat. Das beschädigte Dach ist teilweise mit Plastik abgedeckt.

Abbruchbewilligung nicht erteilt
Vergangenen Dezember reichte Georges Berthoud beim Bauinspektorat ein Abbruchgesuch für sein Haus ein. Dieses wurde aber gemäss Stadtbauinspektor Charles Roggo nicht bewilligt. Grund: Das Abbruchgesuch müsse gleichzeitig mit einem Baugesuch eingereicht werden, was Georges Berthoud bisher versäumt habe. Der Besitzer habe nun, so Roggo, die Möglichkeit, das Baugesuch noch einzureichen.
Dies möchte Georges Berthoud nun nachholen. «Ich bin es den Anwohnern an der Burgunderstrasse schuldig», sagt der Hausbesitzer. Denn inzwischen erreichen ihn Telefonate und Briefe der Nachbarinnen und Nachbarn seiner Liegenschaft. Kürzlich rief ihn eine Frau nachts um 3 Uhr an, und sagte, er solle sich den Lärm der Hausbesetzer anhören.

Polizei mehrmals im Quartier
«Die Nerven der Nachbarn liegen blank», stellt Peter Bühler, Stadtrat der Schweizer Demokraten, fest. Die Hausbesetzer seien für die Anwohner zu einem regelrechten Ärgernis geworden. Diese müssten nachts lautstarke Partys erdulden, Ratten und Mäuse tummelten sich auf den Abfallbergen vor dem Haus. Fast jeden Tag werde die Polizei in die Burgunderstrasse gerufen, so Bühler.
Bruno Gurtner von der Stadtpolizei bestätigt, dass Beamte mehrmals wegen Lärm und Ruhestörung ausrücken mussten, weil sich Anwohner beklagt hatten. «Es wäre aber übertrieben zu sagen, dass die Polizei täglich an die Burgunderstrasse gerufen wird», hält der Mediensprecher fest.

Gespräche fruchteten nichts
«Es wird von den Besetzern nicht die geringste Rücksicht auf die anderen Bewohner im Quartier genommen», schreibt Peter Bühler, selber Bümplizer, in einer Dringlichen Interpellation an den Gemeinderat. Versuche, mit den Hausbesetzern zu sprechen, seien gescheitert, da sich diese «nicht im Geringsten» für ihre Nachbarn interessierten. Ob die Regierung trotz Hilferuf der Anwohner nur untätig zusehe, will Bühler in seinem Vorstoss wissen. Denn die Nachbarn der besetzten Liegenschaft hätten von keiner städtischen Behörde, an die sie sich gewandt hatten, Hilfe bekommen. «Es ist nur zu gut verständlich, dass die Anwohner vom nächtlichen Lärm, dem Gestank und der Verschmutzung die Nase gestrichen voll haben und ihnen die Geduld ausgeht», stellt Peter Bühler fest.

Post an Liegenschaftsverwaltung
«Ja, ich habe Briefe von verärgerten Anwohnern erhalten», sagt Beat Grütter von der Liegenschaftsverwaltung. Er verstehe die Verstimmung der Nachbarschaft, könne aber nichts unternehmen, da das Haus nicht auf städtischem, sondern auf privatem Boden stehe. «Die Liegenschaftsverwaltung kann nicht über fremdes Eigentum verfügen», so Grütter.
Die Liegenschaftsverwaltung kann hingegen bei Bedarf zwischen Hausbesetzern und Eigentümern vermitteln. Dies hält ein Beschluss des Gemeinderates aus dem Jahr 1994 fest. Es sei hingegen falsch, wenn Peter Bühler in seinem Vorstoss schreibe, die Liegenschaftsverwaltung habe sich in diesem Fall «ohne Wissen des Besitzers» für eine temporäre Nutzung durch die Besetzer eingesetzt, hält Grütter fest. Der Eigentümer Georges Berthoud habe sich aus eigenen Stücken über die Modalitäten eines Zwischennutzungsvertrages, wie er bei Hausbesetzungen üblich ist, erkundigt. Zum Vertragsabschluss seis aber nicht gekommen.

Am 4. September im Stadtrat
Die Dringliche Interpellation von Peter Bühler ist für die Stadtratssitzung vom 4. September traktandiert.
Georges Berthoud aber ist überzeugt, dass eine Stellungnahme des Gemeinderates bis zu diesem Zeitpunkt obsolet sein wird. Der Architekt rechnet damit, dass er in Bälde zu seiner Abbruchbewilligung kommt, die Hausbesetzer von dannen ziehen und im Bümplizer Quartier wieder Ruhe einkehrt.