Schulung Militärpolizei bei Gassenküche
Inhalt:
1. Medienbericht
1. Medienbericht (Originalquelle: http://ch.indymedia.org/de/2003/10/15233.shtml)
Bund 31.10.03
Polizei filmt, Militär lernt
Aufregung um Berner Gassenküche: Szene beklagt Polizeiprovokation – samt Armeepräsenz
Berns Polizei stellt «unhaltbare Zustände» und «sehr angespannte Situationen» um die Gassenküche fest. Und filmt deshalb «wie wild» – was die autonome Szene arg in Rage versetzt, umso mehr, als nun sogar Militärpolizei auffuhr.
Nein, es sei derzeit keine gute Idee, ein aktuelles «Bund»-Foto von der Gassenküche zu machen, denn die Polizei «filmt wie wild». Der Pressefotograf könnte für einen «Zivi» gehalten werden, erklärte eine Aktivistin der «Mobilen ambulanten Medizin», die sonntags amBahnhof, wenn die «Gassenküche der SchülerInnenkoordination Bern» Essen ausgibt, Spritzen an Fixer verteilt. Aktivisten der autonomen Szene, die dabei mit Menschenketten und Transparenten der Polizei Zugang und Sicht verwehren, empfänden die «Charmeoffensive der Polizei» als Provokation umso mehr, als letzthin gar Militär mit dabei gewesen sei, wie dies auch ein Zeuge der Kirchlichen Gassenarbeit Bern berichtet: Einer, auch einmal zwei Armeeangehörige «in grünen Uniformen mit weissen Helmen» hätten die Polizei begleitet. «Wir dachten zuerst an Festungswächter», aber dann sei einmal ein Auto mit Aufschrift «Militärpolizei» erschienen.
Militärpräsenz weckt Misstrauen
Zweck dieser Militärpräsenz sei «wohl eine Art Schulung», wird vermutet und dass dies in der Szene erst recht Argwohn weckt, ist nicht verwunderlich. Waren doch nicht wenige der Aktivisten auch als Demonstranten gegen WEF oder G-8 dabei wo sie die Armee subsidiär imEinsatz sahen. Dies, nachdem der Schweizer Militär-Nachrichtendienst MND im Mai in einem G-8-«Info» insbesondere Berns Anti-WTO-Koordination und «militante Autonome» aus der Reitschule zur «Grauzone» zählte (wie jetzt, just gestern, die «Wochenzeitung» publik gemacht hat). Zuvor war schon eine Analyse des Inland-Geheimdienstes DAP Berner Autonomen sauer aufgestossen, war da doch die Rede von bis zu terroristischen Ansätzen reichender Eskalationsbereitschaft im harten Kern. Damit nicht genug, marschierten diesen Sommer doch tatsächlich einmal zwei Armee-Fachoffiziere in Zivil in Berns Reitschule und baten das «sehr geehrte Kollektiv» höflich um «Empfehlung an die Antifa-Bewegung»… zwecks Recherche für ein Lehrmittel für Soldaten im Subsidiäreinsatz bei Demonstrationen. So lags durchaus nahe, die Armeepräsenz bei der Gassenküche auch in solchem Kontext zu wähnen.
Begert lässt Video-Dok erstellen
Und ja, Polizei-Infochef Franz Märki bestätigts: Es waren «Praktikanten» der Militärpolizei-Schule 203, die bei der Stapo ein Stage absolvieren und beim Einsatz bei der Gassenküche mitmachten. Indes, nein, um Feldschulung für innere Einsätze gehe es nicht, beruhigt er. «Das ist hier nicht der Hintergrund. Es sind nur normale Aspiranten.» Was Märki wiederum bestätigt: Die Polizei ist tatsächlich vermehrt präsent und dokumentiert die Szenerie auf Video weil es wiederholt zu «unhaltbaren Zuständen» und «sehr angespannten Situationen» gekommen sei: Bürger hätten reklamiert, Passanten hätten wegen blockiertem Trottoir auf die Strasse ausweichen müssen, und Aktivisten seien häufig gereizt, ja aggressiv. «Wir filmen, um zu zeigen, dass es da Zustände gibt, die man nicht länger zulassen kann», sagt Märki. Polizeidirektorin Ursula Begert (svp) sieht das genau so. «Eine solche Dokumentation macht Sinn.» Mit der Gassenküche sei man drei Jahre lang beim Bahnhof relativ gut gefahren doch «jetzt müssen wir wieder einmal Gespräche aufnehmen».