2003,  Antikapitalismus,  Demo,  Repression,  WEF

Protestparade gegen Armeefeier

Inhalt:
1. Aufruf
2. Communiqué


1. Aufruf (Originalquelle: http://ch.indymedia.org/de/2003/11/15779.shtml)
Die Armee will sich wieder feiern. Am 16. Dezember 2003 bietet sie mehrere Tausend Soldaten auf, um im Berner Eisstadion Allmend die Geburt der Armee XXI zu zelebrieren.
Es soll einer der grössten Propagandaauftritte dieser Art seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs werden.
Wir akzeptieren diese Armeepropaganda nicht und rufen auf zu einer Protestparade gegen die Armee
Dienstag, 16. Dezember, 16.30 (pünktlich)–18.30 Uhr, Guisan-Platz (Endstation Tram 9), Bern
Diese Parade wird laut und schrill sein. Wir blasen der Armee den Marsch.
Nehmt Musikinstrumente, Pfannen und Lärminstrumente mit.

Die Zelebrierung der Armee dient in einer Zeit zunehmender sozialer Unsicherheit der ideologischen Aufrüstung. Diese begleitet und ergänzt die bürgerlichen Angriffe auf soziale und demokratische Errungenschaften, den Raubzug auf die Renten, die Flexibilisierung und Verlängerung der Arbeitszeiten und der Ausschluss von jenen, die sich nicht gefügig dem System unterordnen.
Einerseits werden durch Steuerentlastungen für die Reichen und die Unternehmen gezielt die Kassen der öffentlichen Haushalte geleert. Die Finanznot ist wiederum ein Vorwand, um öffentliche Ausgaben im Sozial- und Bildungsbereich zu streichen. Andererseits bereitet die Armee ein gigantisches neues Aufrüstungsprogramm vor. Gegenüber dem geplanten Kauf von Eurofighter Kampfflugzeugen für über 4 Milliarden Franken muten die bisherigen Rüstungsprogramme geradezu als bescheiden an.

Die Umsetzung des Leitbildes Armee XXI beinhaltet eine Professionalisierung der Armee. Trotz der Verminderung des Armeebestandes auf 220000 Angehörige wird durch die Reorganisation und die Konzentration der Dienstzeit die Anzahl der ständig einsatzbereiten SoldatInnen erhöht. Die Armee soll einsatzfähiger werden im Inneren und im Ausland. Die Schweizer Armee blickt auf eine lange Geschichte von oft blutigen inneren Einsätzen gegen Demonstrationen und Streikende zurück. Mit der Professionalisierung knüpft sie nahtlos an diese Traditionen an. 5600 SoldatInnen wurden im Juni zum G8-Gipfel aufgeboten. Ein weiterer Einsatz findet anlässlich des Kommunikations-Gipfels der UNO in diesem Dezember statt. Wiederum rund 6500 Armeeangehörige erhalten den Befehl, im nächsten Januar den selbsternannten globalen Führern am Weltwirtschaftsforum in Davos zu Diensten zu sein. Die sogenannten subsidiären Einsätze unterhalb der Kriegsschwelle sollen zur Routine werden.
Die Steigerung der Einsatzbereitschaft der Armee wird mit der international koordinierten Aufrüstung der Polizei kombiniert. Mit der Propaganda um die „innere Sicherheit“ werden weitreichende Einschränkungen demokratischer Rechte legitimiert.

Gleichermassen wird die Armee auch auf Einsätze im Ausland getrimmt. Mit der Anpassung an NATO Standards und der Teilnahme an von der UNO mandatierten Missionen wollen die Herrschenden der Schweiz ihre bewaffnete Abteilung vermehrt in den Dienst ihrer internationalen Macht- und Wirtschaftsinteressen stellen.
Die Armeen und der Militarismus bilden den bewaffneten Arm der kapitalistischen Globalisierung. Wir widersetzen uns dieser Aufrüstung gegen die Interessen der Lohnabhängigen hier und der Menschen in den Zielgebieten schweizerischer Machtpolitik.

– Keine militaristischen Propagandaanlässe
– Keine inneren Einsätze der Armee
– Keine Einsätze im Ausland
– Für eine Welt ohne Armeen
Antifa Thun, augenauf Bern, Anti-WTO Koordination Bern, Bewegung für Sozialismus, GSoA, Infoladen Reitschule, Jugend gegen Krieg


2. Communiqué (Originalquelle: http://ch.indymedia.org/de/2003/12/16564.shtml)
Pressecommuniqué zur Protestparade gegen die Armee XXI vom 16. 12.03
Heute Abend, 16. Dezember, hat sich die Armee pompös gefeiert. Mehrere tausend Soldaten wurden aufgeboten, um im Berner Eisstadion Allmend die Geburt der Armee XXI zu zelebrieren. Aus diesem Anlass fand unter dem
Motto „Wir blasen der Armee den Marsch“ eine Protestparade statt. Um 16h30 besammelten sich auf dem General Guisan Platz über 300 DemonstrantInnen, um gegen diese militaristische Selbstinszenierung zu protestieren. Die Kundgebung richtet sich einerseits gegen die subsidiären Armeeeinsätze im Innern zu Diensten der G-8 sowie des WEF und andererseits gegen die Einbindung in die NATO-Strukturen.

Die Polizei war massiv anwesend und schien geradezu auf einen Einsatz zu brennen. Bereits unmittelbar vor Beginn der Protestparade wurden mindestens 14 Personen auf dem Besammlungsort grundlos verhaftet. Die
DemonstrantInnen liessen sich nicht provozieren und führten ihre bunte Parade wie vorgesehen durch. Nach diesen willkürlichen Festnahmen und in völliger Missachtung der friedlichen Stimmung schlug ein Polizist einer Person mit dem Gewehrkolben auf den Hinterkopf. Diese blutete anschliessend stark und ist zur Zeit immer noch in Spitalbehandlung. Einer weiteren Person wurde die Nase gebrochen. Anschliessend setzte die Polizei auch Tränengas und Gummischrot ein und verletzte eine weitere Person. Ein Polizist schoss aus 3-4 Meter Distanz (offizielle Einsatz-Mindestdistanz 20m) einer Person direkt unterhalb des Auges ins Gesicht. Es ist nicht klar, ob die Person das Augenlicht verliert. Es ist verboten, auf Kopfhöhe Gummischrot zu verschiessen. Die Behauptung der Stadtpolizei, der Gummischrot-Einsatz sei „Notwehr“ gegen einen „Durchbruchsversuch“ gewesen, weisen wir entschieden zurück.
Alle Verletzten mussten im Inselspital hospitalisiert werden. Diese massive Polizeirepression wird mindestens im Falle des Gesichtsschusses eine Anzeige gegen die Sicherheitskräfte nach sich ziehen. Wir verurteilen
das brutale Auftreten der Polizei gegen die gewaltfreie Protestparade.