2005,  Antifaschismus,  Farbe,  Sprays

Spray an Naziwohnung Burgdorf

Inhalt:
1. Medienbericht


1. Medienbericht (Originalquelle: http://ch.indymedia.org/de/2005/01/29188.shtml)
Der Kleinkrieg in Burgdorf geht weiter: Kaum hatte die linke Antifa ein Konzert der rechten Rocker von «Indiziert» publik gemacht, wurde der Block zweier Bandmitglieder versprayt. Nun läuft eine Anzeige.
«Null Bock auf Nazi-Rock.» Mit diesen markigen Worten endete ein Communiqué, mit dem die antifaschistische Bewegung Antifa Bern in der letzten Dezemberwoche auf ein Konzert mit CD-Taufe aufmerksam machte. Auftreten werde die Burgdorfer Rockband «Indiziert», ihr gehörten «gestandene Exponenten der Berner Neonazi-Szene» an, erklärten die Verfasser – und nannten flugs drei Namen.
Diese Botschaft kam nicht nur bei den Medien an. Als zwei Bandmitglieder am folgenden Morgen ihre Wohnung verliessen, fanden sie an der Fassade ihres Blocks die genau gleichen Worte wieder: «Null Bock auf Nazi-Rock.» Es kam noch dicker. «Fertig mit Nazipop», war beim Eingang aufs Trottoir geschmiert, dann «Indiziert euch zu Tode», schliesslich: «Scheiss Nazirocker, an den Galgen.» Und an der Mauer gegenüber wieder: «Null Bock auf Nazi-Rock.»

Eine kaputte Scheibe
Es war nicht das erste Mal, dass links-bewegte Kreise zur Spraydose griffen und gegen die Rechten, die sie zum Teil noch von der Schule her kennen, loswetterten. Man erinnert sich: Vor ziemlich genau drei Jahren prangte am Gasthof Landhaus, in dem sich die beiden Bandmitglieder mit Kollegen zu treffen pflegten, unübersehbar «Nazi-Beiz». Ein Bekennerbrief geisselte die «RassistInnen, AntisemitInnen, FaschistInnen und Neonazis», die hier «ihre menschenverachtende Ideologie propagieren und neue Aktionen gegen anders Denkende und anders Aussehende planen» könnten. Im gleichen Atemzug verhöhnte er auch die von der Stadt lancierte und gegen die rechte Szene gerichtete «Aktion Courage» als «Aktion Gulasch».
Nur einen guten Monat zuvor war zudem im Steinhoftreff von aussen eine Scheibe eingeschlagen worden, während drinnen die rechte Szene feierte.

«Heterogene Gruppe»
Ob das die Art ist, wie die Antifa auf ihre Gegenseite reagiert? Ob die Linke dem Gewaltpotenzial von rechts nur mit Gegengewalt begegnet? Auf diese Frage antwortet die Antifa Bern per Mail zuerst mit der Bemerkung, dass «die antifaschistische Bewegung im Kanton Bern sehr heterogen» und «die Gruppe Antifa Bern nur ein kleiner Teil davon» sei. Diese setze ihre Schwerpunkte «seit Jahren nicht in der physischen Konfrontation mit den Nazi-Skins, sondern in der Recherche-, Öffentlichkeits- und Sensibilisierungsarbeit».

Hin und Her um Texte
Wie die Antifa konkret zu den gegen ihre Kontrahenten gerichteten Sprayereien – Sachbeschädigungen – steht? Darüber schweigt die Gruppe höflich. Viel lieber zieht sie über das Weltbild der Rechten her, das «ein sehr menschenverachtendes (…) und autoritäres» sei und sich vom eigenen, auf «eine solidarische Gesellschaft und Basisdemokratie» ausgerichteten grundsätzlich unterscheide. Dazu komme, dass die Skins vor Gewaltübergriffen nicht zurückschreckten.
Die beiden Bandmitglieder haben in dieser Hinsicht tatsächlich einiges auf dem Kerbholz. Beide waren im Sommer 2001 in der Westschweiz in eine Schlägerei verwickelt, einer hatte im Winter zuvor auch in Hasle drauflos gehauen, nachdem er von den Linken mit SMS-Botschaften provoziert worden war. Beide kassierten bedingte Strafen – und sind, soweit bekannt, seither nie mehr in der Art mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Daran werden auch ihre aktuellen Aktivitäten in der Rockband kaum etwas ändern. Zwar singt «Indiziert» im Stil rechter deutscher Vorbilder auch schon mal «für Rasse, Volk und Vaterland» und kratzt damit unüberhörbar an Themen mit mehr als problematischer Vergangenheit. Für Rechtsextremismus-Experte Hans Stutz bewegen sich die Texte deshalb «im Grenzbereich der Legalität», wie er Ende Dezember auf Anfrage erklärte. Trotzdem wird das Bundesamt für Polizei nicht einschreiten. Die von «Indiziert» im CD-Booklet publizierten Texte seien «rein vom Buchstaben des Gesetzes her nicht zu beanstanden», erklärt Sprecherin Danièle Bersier. Dafür seien sie zu allgemein gehalten.

Den Briefkasten gefüllt
Die Patria-Versicherung, Besitzerin des versprayten Blocks, hat gegen die linken Sprayer Anzeige erhoben. Die Schmiererei an der Fassade – sie ist anders als jene auf dem Trottoir noch nicht weggeputzt – war übrigens nicht der einzige Schaden am Mehrfamilienhaus im Burgdorf. Die Unbekannten hatten auch noch den Briefkasten der beiden Bandmitglieder mit Dichtungsschaum gefüllt.Stephan Künzi
Das Konzert mit CD-Taufe fand nicht statt, jedenfalls nicht im Schützenhaus von Thunstetten: Das Antifa-Communiqué löste einen derartigen Wirbel aus, dass die Gemeinde als Gebäudebesitzerin die Vermietung rückgängig machte. «Indiziert» wich nach Hindelbank aus. Dabei waren die Bandmitglieder samt Anhang schon zweimal in Thunstetten zu Gast gewesen, wie Gemeindepräsidentin Christine Röthlisberger jetzt bestätigt. Offenbar wurde das Lokal aber von jemand anderem gemietet als beim letzten Mal, und so merkte niemand etwas.skk