2006,  Antirassismus,  Demo

Grossdemo ohneuns

Inhalt:
1. Aufruf
2. Bilder
3. Flyer gegen Schweiz


1. Aufruf (Originalquelle: http://ch.indymedia.org/de/2006/05/41243.shtml)
Alle nach Bern zur gesamtschweizerischen Grossdemo!
Schluss mit Fremdenfeindlichkeit 2xNEIN zu Asyl- und Ausländergesetz wir haben die nase voll. Die BrandstifterInnen konnten jahrelang ungestraft eine Hetzkampagne nach der anderen gegen MigrantInnen, sozial Schwache und Andersdenkende entfachen, unterstützt von zu vielen Biedermännern und -frauen. Sozialer Abbau und neoliberaler Umbau werden nur umsetzbar, wenn wir uns gegeneinander aufhetzen lassen: SchweizerInnen gegen AusländerInnen, Männer gegen Frauen, Niedergelassene gegen Sans-papiers, Junge gegen Alte, ArbeiterInnen gegen Arbeitslose, Gesunde gegen Invalide…

wir gewöhnen uns nicht an die populistische stimmungsmache.
Ein Apartheidsfreund als Migrationsminister, ein Justizminister, der Gerichte und Verfassung
verhöhnt, ein Polizeiminister, der gegen Flüchtlinge und sozial Schwache hetzt, ParlamentarierInnen,
die sich mit unmenschlichen Vorschlägen zum Asyl- und Ausländergesetz gegenseitig
überbieten und Kantone, die wetteifern, wer am brutalsten Flüchtlinge und Sans-papiers
abschreckt: Daran wollen wir uns nicht gewöhnen.

schluss mit der fremdenfeindlichkeit.
Was haben MigrantInnen, Flüchtlinge und ihre FreundInnen bis anhin schon an
Demütigungen durchstehen müssen. Die einschlägigen Kampagnen, Abstimmungen und
Gesetzesverschärfungen, die wir seit Jahrzehnten ertragen müssen, sind ein Skandal.

2 x nein zu asyl- und ausländergesetz.
Auch die härtesten Asyl- und Ausländergesetze werden die Migration nicht
verhindern, wohl aber zu mehr Leid, Rechtlosigkeit, Menschenhandel
und moderner Sklaverei führen.

wir sind die schweiz.
Wir alle, die in die Schweiz leben, sind die Schweiz, unabhängig von unserer
Herkunft, unserem Pass und unserem Aufenthaltsstatus. Wir stellen uns
den BrandstifterInnen in den Weg, und kämpfen weiterhin für die
Grundrechte aller. Zusammen gestalten wir diese Gesellschaft.
kein mensch ist illegal

unterzeichnende:
ACOR SOS Racisme, AGORA, Alternative Kanton Zug, Anti-WTO_Koordination, Arti-Fri-Ciel, Association Solidaire du Monde, Asylforum Schaffhausen, Attac Schweiz, Augenauf Zürich, CaBi Antirassismus-Treff, C.E.D.R.I, Centre de Contact Suisse – Immigrés Genève, cfd Christlicher Friedensdienst, Collectif de soutien aux Sans-papiers, Collectif des travailleur/euses sans statut légal de Genève CTSSL, Collectif pour une Alliance Socialiste (CAS) , Collectif Sans-Papiers La Côte, Genève, Comedia – Die Mediengewerkschaft, Communauté de St’Egidio – Lausanne, Coordination asile.ge, Coordination Asile Vaud, Demokratische JuristInnen Schweiz (DJS),Denk:mal, DIDF (Föderation der Demokratischen ArbeiterInnen Vereine),EN QUATRE ANS ON PREND RACINES, Europäisches BürgerInnenforum (EBF), FEMAES, Flüchtlingsgruppe Dreifaltigkeit Bern, Freie Arbeiter/innen Union Schweiz FAUCH, Freiplatzaktion Zürich, Forum des étrangères et étrangers de Lausanne – FEEL, Fédération Libertaire des Montagnes FLM, Frauen für den Frieden Schweiz, Freundeskreis Cornelius Koch, Föderation irakischer Flüchtlinge, Gassenküche der SIKB, Gauche en Mouvement, Gewerkschaftsbund Baselland, Groupe des traivailleur/euses migrantes – Unia Genève, Gruppe Schweiz ohne Armee (GSoA), Grünes Bündnis Bern, Grüne Partei der Schweiz, Humanistische Partei Zürich, IGA – Interprofessionelle Gewerkschaft der ArbeiterInnen Basel, Infoladen in der Reitschule, Integrationsnetz Zug, Interessengemeinschaft Binational Zürich, Junge Alternative JA!, Junge Grüne Schweiz, Juso Schweiz, Kurdischer-Türkischer-Schweizerischer Kulturverein (KUTÜSCH) Bern, l’autre syndicat, Lassalle-Haus Bad Schönbrunn, Ligue Suisse des Droits de l’Homme, Marche mondiale des femmes, MERS, Migrationskommission SEV, Mouvement pour la Coopération Internationale MCI, Movimento dei Senza Voce, Organisation Socialiste Libertaire OSL/BE, Partei der Arbeit Schweiz, Parti ouvrier populaire neuchâtelois (POP), Plate-forme pour les Sans-Papiers, Religiös-Sozialistische Vereinigung der Deutschschweiz, Rote Falken, SANKOVA, Sans Papiers Kollektiv BE, Schweizerischer Friedensrat, Schweizerischer Gewerkschaftsbund SGB, Schweizerisches Arbeiterhilfswerk SAH, Sindacato Indipendente degli Studenti e Apprendisti (SISA), Socialist Party of Iran, Solidarité avec les femmes sans statut légal, Solidaritätsnetz für Menschen ohne geregelten Aufenthalt Region Bern, Solidaritätsnetz Ostschweiz, Solidaritätsnetz Region Basel, Solidarité sans frontières, Solifonds Zürich, Unia, Sozialistisch-Grüne Alternative Zug, SP Schweiz, Terre des femmes, terre des hommes schweiz, Toleranz95 Chur, UNIA, UPA (Université Populaire Albanaise), Verein Radio RaBe, Verband des Personals öffentlicher Dienste VPOD, Zanco, théâtre itinérant


2. Bilder (Originalquelle: http://ch.indymedia.org/de/2006/06/41618.shtml & http://ch.indymedia.org/de/2006/06/41600.shtml)
An der Demo nahmen mehr als 11 000 Personen teil. Die Erwartungen der Organisatorinnen wurden somit bei weitem übertroffen. Trotz der Hitze und der Sonne war die Stimmung ausgelassen und es zog ein langer, bunter und vielfältiger Umzug durch Bern.
Neben den wenigen Parteien (Grüne, SP, Juso), welche die erneute Vorlage ablehnen – im Jahr 2002 waren es noch fast alle Parteien inkl. Bundesrat, waren sehr viele Migrantinnen-, Basis-, Frauen-, SchwulLesbische- und linksradikale Organisationen zugegen. Der Widerstand gegen diese unmenschliche Vorlage kommt also vorwiegend von unten, hoffen wir auf eine Abfuhr im Herbst, welche dringend notwendig ist!
Im folgenden einige Eindrücke der Demo


3. Flyer gegen Schweiz (Originalquelle: http://ch.indymedia.org/de/2006/06/41594.shtml)
What are you waiting for…
Bereits zum zweiten Mal hat ein breites Bündnis, von der SP über die Unia bis zu ExponentInnen der ausserparlamentarischen Linken zu einer Grossdemonstration unter dem Motto „Wir sind die Schweiz“ aufgerufen. Im Folgenden legen wir dar, weshalb wir einen solchen Aufruf nicht unterstützen können und wollen.
Wer genau soll denn die Schweiz sein? Der dicke Manager mit Krawatte? Die Verkäuferin in der Migros? Der Tramchauffeur? Herr Blocher? DJ Bobo? Wir? Du?!
Gerade im Rahmen der Fussball-WM haben Patriotismus und die Identifikation mit der Nation Hochkonjunktur. Beinahe jedeR fiebert irgendwie – wenn auch nur ein bisschen – mit der „eigenen“ Nation mit. So mutiert dieser sportliche Anlass zu einem nationalistischen Schauspiel der Extraklasse, zumindest bis die „eigene“ Nationalmannschaft ausgeschieden ist.
Nationalistische Phrasen und das Hochstilisieren des Vaterlandes erfüllen dort ihre Aufgabe als Identifikationsstifter, wo die Befremdung der kapitalistischen Realität – mit welcher wir tagtäglich konfrontiert werden – anwächst. Denn anstatt die Wurzeln unseres alltäglichen Unwohlseins zu bekämpfen, akzeptieren wir Grenzen und Ausbeutung als unbedingte und unumstössliche Realitäten und finden uns damit ab, kein unbeschwertes Leben führen zu können. Als Stütze dient dabei die Identifikation mit der eigenen Nation, welche eine Projektion der Missstände auf alle, die nicht Teil „unseres“ Staates sind, ermöglicht. So werden AsylantINNen und MigrantINNen als Schuldige für Arbeitslosigkeit und ansteigende Kriminalität gebrandmarkt. Begünstigt wird dieses rassistische Klima durch gezielte Hetze seitens der Medien und von Rechtsaussen, sowie einer anwachsenden Repression gegen alle „Nicht-Schweizer“.
Betroffen müssen aber nicht nur Menschen mit ausländischer Herkunft innerhalb der Schweiz sein. Auch andere Staaten können für die schlechte Lage verantwortlich gemacht werden(als Beispiel sei hier der Anti-Amerikanismus genannt). Hauptsache, die weisse Weste der eigenen Nation bleibt dabei unbefleckt und der Mythos der humanitären Schweiz gewahrt.
Anscheinend sind sich auch die Unterzeichnenden des Aufrufs zur heutigen Demonstration nicht zu schade, mit Nationalismen und populistischen Mottos wie „Wir sind die Schweiz“ zu kokettieren. Ist dies bei einer etablierten Partei wie der SP noch einigermassen nachvollziehbar, so verwundert dennoch, dass auch Gruppierungen und Organisationen mit einem antistaatlichem Selbstverständnis den Aufruf unterzeichneten.
Im Aufruf ist von „Brandstiftern“, die „jahrelang ungestraft eine Hetzkampagne nach der anderen gegen MigrantInnen, sozial Schwache und Andersdenkende“ entfachen konnten, die Rede. Dass aber die SP vor einem Jahr „JA“ zu Schengen/Dublin und somit JA zu Verschärfungen im Asylwesen sagte, wird nirgendwo erwähnt.
Auch bleibt die Frage unbeantwortet, weshalb sich Sans-Papiers und MigrantINNen mit der Schweiz, also jenem Staat identifizieren sollten, der für Zwangsmassnahmen, Ausschaffungen und die tagtäglichen Repression ihnen gegenüber verantwortlich ist?
Zwar erkennen die Unterzeichnenden, dass Sozialabbau und neoliberaler Umbau nur umsetzbar werden, „wenn wir uns gegeneinander aufhetzen lassen: SchweizerInnen gegen AusländerInnen…“, die daraus resultierenden Konsequenz, scheinen sie allerdings ausblenden zu wollen: Die Ausgrenzung von Nicht-Angehörigen und Unterscheidung von Ausländern und Einwohnern, als auch guten(deren Arbeitskraft verwertet werden kann) und schlechten Ausländer(für die in der Wirtschaft keine Verwendung gefunden werden kann) sind immanente Bestandteile jedes Staates. Ihre Aufhebung kann nur durch die Aufhebung der Nation und des Kapitalismus erreicht werden.
Shutdown Switzerland !

left resistance[L.R]
agrg(Aktion gegen rechte Gewalt)