2015,  Antifa Spaziergang,  Antifaschismus,  Antikapitalismus,  Antirassismus,  Demo,  Repression

Antifaschistischer Abendspaziergang

Inhalt:
1. Aufruf
2. Video
3. Communiqué
4. Flyer Revolutionärer Aufbau
5. Interview
6. Statement AKZO
7. Medienberichte
8. Polizeieinsatz 1,2 Millionen Franken


1. Aufruf (Originalquelle: http://ch.indymedia.org/de/2015/07/95453.shtml)
Heraus zum Antifaschistischen Abendspaziergang am 10.10.2015!
20:00 Heiliggeistkirche Bern
In Zeiten der zunehmenden Menschenfeindlichkeit und der ständigen Hetze gegen Flüchtende und Migrant*innen sind wir als Antifaschist*innen gefragt. Wir wollen nicht tatenlos zusehen, wie sich Rassismus und Nationalismus in unserer Gesellschaft weiter ausdehnt: Widerstand dagegen ist absolut notwendig!
In der Schweiz haben sich in jüngster Vergangenheit rechtsextreme Übergriffe vervielfacht. So wurde im Sommer 2014 in Bern eine Demonstration gegen die FIFA von Faschos und Hooligans angegriffen. Nur kurze Zeit später wurde ein besetztes Haus in Matzenried von bewaffneten Neonazis gestürmt. In einem Genfer Vorort, in Villmergen und in Dietikon wurden innerhalb weniger Monate mehrere Asylzentren in Brand gesetzt und dabei gab es einen Toten und mehrere Schwerverletzte.
Solche Übergriffe nehmen seit Jahren zu. Sie gehen einher mit der laufenden Rechtsrutsch der Bevölkerung in der Schweiz, massgeblich vorangetrieben durch den vermehrt akzeptierten Nationalismus.
Gerade die vielen rassistischen Medienberichterstattungen, sowie die nationalistischen und teils hetzerischen Wahlplakate haben dazu beigetragen, den Rassismus salonfähig zu machen. Bis weit in die bürgerliche Mitte, ja sogar bis in die Linke hinein wird rassistische Propaganda betrieben. Für den nationalen Wohlstand geht auch die Schweiz über Leichen. So sind die europäischen Staaten für den Tod tausender Flüchtlinge vor ihren Grenzen verantwortlich.
Quer durch die ganze Gesellschaft weht ein rassistischer Wind.
Es ist an der Zeit, den aufkeimenden Faschismus und den Rassismus in all seinen Facetten zu benennen. Wir müssen uns gegen die vorherrschende rassistische und nationalistische Stimmung wehren und den antifaschistischen Kampf führen!
Antifa heisst: Tag für Tag das Ganze hinterfragen! Gemeinsam jegliche Formen von Herrschaft bekämpfen



2. Video (Originalquelle: https://www.youtube.com/watch?v=JRsqDvgikcE)


3. Communiqué (Originalquelle: http://ch.indymedia.org/de/2015/10/96007.shtml)
Wir mobilisierten heute Samstag zu einem antifaschistischen Abendspaziergang. Dem Aufruf sind mehrere hundert Personen gefolgt.
Rund 300 Personen besammelten sich bereits bei der Reitschule, viele andere warteten rund um den von Polizisten umzingelten Bahnhofplatz.
Die Berner Polizei mit Unterstützung aus den Kantonen Zürich, Basel Land, Solothurn, Aargau St.Gallen, Tessin, Graubünden besetzten den ganzen Nachmittag die Stadt Bern. Mehr als 60 Kastenwagen, Gitterwagen und zwei Wasserwerfer wurden aufgefahren, um unsere Demonstration zu verhindern.
Trotz dem geradezu faschistisch anmutenden Polizeiaufgebot und den Einschüchterungen vom Rot/Grünen Gemeinderat und allen voran dem Sicherheitsdirektor Nause fanden viele Antifaschist*innen den Weg nach Bern. Wir haben heute ein weiteres Mal in die hässliche Fratze der sogenannten Demokratie geblickt, die nichts zulässt, was sich nicht bedingungslos ihren zutiefst autoritären Regeln unterwirft.

Wir wollten heute unsere Argumente und unsere Überzeugung gegen Faschismus und Nationalismus auf die Strasse tragen. Die Regierung Berns wollte diese Demonstration um jeden Preis verhindern.Wir danken allen, die sich nicht von den blauen Hampelmännchen und -weibchen einschüchtern liessen. Die Absicht dieses repressiven Vorgehens ist klar: Sie wollen Antifaschist*innen keinen Raum geben.
Angesichts der Übermacht der Polizei haben wir uns entschieden, den martialischen Aufmarsch der Staatsmacht ins Leere laufen zu lassen. Wir wollen unsere Anliegen weiterhin auf die Strasse tragen und rufen darum auf, am 17.10.15 erneut zahlreich auf die Strasse zu gehen, um gegen Faschismus, Nationalismus, Staat, Kapital und jegliche Form von Hierarchie anzukämpfen.
Für eine Welt, in der Herrschaftsformen hinterfragt, bekämpft und überwunden werden. Eine Welt, in der viele Welten Platz haben.
Heute ist nicht alle Tage; wir spazieren wieder – keine Frage!


4. Flyer Revolutionärer Aufbau (Originalquelle: http://ch.indymedia.org/de/2015/10/96009.shtml)
Flugblatt zum antifaschistischen Abendspaziergang in Bern (10.10.2015)
Stück für Stück wurde in den letzten Jahren die Mauer um Europa hochgezogen und die „Festung Europa“ ausgebaut. Während es innerhalb des Schengen-Raums mit den richtigen Papieren immer einfacher wird, die Landesgrenzen zu überschreiten, werden Menschen ausserhalb des Kontinents zunehmend Hindernisse in den Weg gelegt. Tausende von MigrantInnen sind in diesem Jahr schon an der EU-Aussengrenze gestorben. Es ist klar: Auch bei der Lockerung der innereuropäischen Migrationsmöglichkeiten, geht es nicht um Solidarität und Förderung des freiheitlichen Lebensstil. Dies mag für Einzelne ein angenehmes Nebenprodukt sein. Grundsätzlich geht es den Europäischen Staaten um die ökonomischen Bedürfnisse der Kapitalfraktionen. Gutausgebildete Arbeitskräfte sollen überall dorthin „verschoben“ werden können, wo die Konzerne diese benötigen. Wenn die Wirtschaft ruft, öffnen sich problemlos Grenzen und Türen.
Nicht so für die zahlreichen Menschen welche sich auf der Flucht Richtung Europa befinden. Für diese hat man keinen Platz, sie sollen – wenn nötig mit Waffengewalt – vom Wohlstand ferngehalten werden. Zynisch wird zwischen Wirtschafts- und „echten“ Flüchtlingen unterschieden. Ein heuchlerisches Schauspiel! Die westlichen Kapitalfraktionen und Regierungen profitieren von Krieg und Krise in aller Welt. Mit Waffenlieferungen und Rohstoffplünderungen verdient man sich eine goldene Nase – Wenn Menschen dann aufgrund dieser Missstände aus ihren kaputten Ländern fliehen, will man von diesen nichts wissen. Gerne dienen sie noch als Sündenböcke, als Schuldige für Probleme welche der Kapitalismus selbst geschaffen hat: z.B. Mangel an Arbeitsplätzen und Wohnungsnot. Die Kapitalisten müssen als Schuldige der Krise in all ihren Facetten benannt werden. Lasst sie unsere Wut spüren und sie nicht mit ihren Phrasen davonkommen! Die MigrantInnen sind es, welche den kapitalistischen Irrsinn und globalen Raubbau ausbaden müssen.
Aktuell werden wir von einer ekelerregenden Pseudosolidarität verschiedenster PolitikerInnen überrollt. Diese merken, dass die humanitäre Katastrophe rund ums Mittelmeer nicht an der Europäischen Bevölkerung vorbeigeht, allerorts herrscht Betroffenheit. Das ganze Solidaritätsgedusel lässt zuweilen vergessen, dass die Flüchtlingspolitik der westlichen Staaten, auch getragen von sozialdemokratischen Regierungen, wesentlich zum menschlichen Elend beigetragen haben. Und dies auch weiterhin tun. Geflüchtete Menschen werden als „Problem“ betitelt und auf Zahlen reduziert. Gleichzeitig zur Solidaritätswelle auf der Strasse und Lippenbekenntnissen der Politik, praktiziert man ungemildert den repressiven Status quo. In Deutschland z.B. werden trotz aller menschenfreundlichen Statements wieder Grenzkontrollen eingeführt.

…und die Faschos
Im Zuge der Flüchtlingsdebatte und der damit verbundenen und bewusst geschürten Ängste, kriechen die Faschos vermehrt aus ihren Löchern und fühlen sich bestärkt. Sie lassen sich im Fahrwasser der repressiven Politik, der Politik der Mauern und Stacheldrähte, gerne mittreiben und geben am Schluss noch einen drauf. Auf ihrem Höhenflug lassen sie sich auch vermehrt wieder in urbanen Gegenden blicken. In Zürich-Wiedikon gab es im Juli einen tätlichen Übergriff von klar erkennbaren Neonazis auf eine Jüdische Person. Vermehrt werden auch Sprayereien oder andere Anzeichen von unverhohlener Faschopräsenz in Zürich aber auch anderen Städten wahrgenommen. In Deutschland zeigen sich gleiche Tendenzen allerdings in einem weitaus verschärfteren Ausmass – dort brennen bereits wieder AsylbewerberInnenunterkünfte.
Im September fand eine kämpferische Demo in Hombrechtikon ZH, Hochburg der Zürcher Sektion des Neonazinetzwerks Blood&Honour, statt. Getreu dem Motto: „Kommt ihr zu uns – werden auch wir zu euch kommen. Es gibt kein ruhiges Hinterland!“ In Basel konnte bereits im Sommer eine Ansammlung von PEGIDA-Aktivisten angegriffen und vertrieben werden. Diese sind nicht unbedingt Faschos, aber doch klar der reaktionären Seite zuzuordnen. Faschos bewegen sich gerne in ihren Reihen.

Heute sind wir in Bern erneut gegen Faschos, Rassismus und reaktionäre Hetze auf der Strasse.
Im Hinblick darauf, dass wir nach längeren ruhigeren Phasen vermehrt mit Faschopräsenz rechnen müssen, ist es umso wichtiger, dass wir dieser Entwicklung eine Kontinuität des Widerstands entgegensetzen. So wie heute auf der Strasse, aber auch im bilden von Netzwerken und überregionalem Austausch. Kommt an Veranstaltungen und Mobilisierungen! Eins ist sicher: Die grosse „Refugees welcome“-Welle wird eines Tages abflauen. Wichtig ist, was davon an Substanz und Qualität für die linke Bewegung zurückbleibt. Gemeinsam können wir eine Kultur des Widerstands gegen Faschos auf der Strasse und ihre Steigbügelhalter, die offizielle Asylpolitik entwickeln. Erkämpfen wir uns eine lebenswerte Perpektive für alle Menschen, jenseits von Grenzen und Zäunen – eine Gesellschaft ohne Kapitalismus.

Nazis morden – der Staat schiebt ab.
Das ist dasselbe Rassistenpack!
Für den Kommunismus!


5. Interview (Originalquelle: https://www.derbund.ch/news/standard/am-samstag-ist-gewalt-nicht-sinnvoll/story/21738720)
«Am Samstag ist Gewalt nicht sinnvoll»
Am Wochenende ist nach fünf Jahren wieder ein «Abendspaziergang» geplant – von neuen Organisatoren. Auch diese wollen sich aber nur bedingt von Gewalt distanzieren.

Zehn Abendspaziergänge hat das Bündnis gegen rechts von 2000 bis 2010 in Bern organisiert. Um die Jahrtausendwende hatte es verschiedene Übergriffe durch Rechtsextreme gegeben, dagegen wollte man sich zur Wehr setzen. Einige der Umzüge waren mit fast 4000 Teilnehmern gut besucht und friedlich, andere arteten in wüste Strassenschlachten aus. Am Samstag gehen die «Antifaschistischen Abendspaziergänge» in die nächste Runde. Die Revolutionäre Jugendgruppe (RJG) hat zu einer weiteren Ausgabe der Demonstration gegen Rechtsextreme aufgerufen. Marco, Kim und Max* gehören zum neuen Organisationsteam.

2010 erklärte das Organisationskomitee Bündnis gegen rechts, der Abendspaziergang sei nicht mehr notwendig, das Problem mit den Rechtsextremen in der Stadt Bern gelöst. Welche Übergriffe rechtfertigen nun die Wiedereinführung dieser Art Demonstrationen durch die RJG?
Marco:Im Juni letzten Jahres wurde ein Demonstrationszug gegen die Fifa vor der Cowboys-Bar von rechten Schlägern angegriffen. Medial bekannt ist die Stürmung eines besetzten Hauses in Matzenried. Zudem stellen wir in letzter Zeit vermehrt Personen mit faschistischen Symbolen auf ihren Kleidern am Berner Bahnhof fest.

Sind dies nicht kleinere Vorfälle? Die Jugend scheint dies nicht mehr zu mobilisieren. Ihre Bewegung verliert an Zugkraft. Zu einer unbewilligten Demonstration «gegen Rassismus und Nationalismus» vor einem Jahr kamen gerade einmal 200 Personen. Dies im Gegensatz zu fast 4000 Teilnehmern im Jahr 2003.
Kim: Letztes Jahr fanden zeitgleich ähnliche Veranstaltungen statt, die der unsrigen Konkurrenz machten. Ausserdem scheint der Abendspaziergang nach wie vor eine bekannte Marke zu sein. Der Name hat darum mehr Mobilisierungspotenzial als eine antikapitalistische Demonstration. Wir rechnen darum am Samstag mit 1000 Demonstrantinnen und Demonstranten.

Sie verkaufen also Ihre Demonstration gegen den Kapitalismus als «Antifaschistischen Abendspaziergang», um mehr Leute auf die Strasse zu bringen?
Max: Schon in früheren Jahren haben die Abendspaziergänge Rechtsextremismus breit thematisiert und auch mit Systemkritik in Verbindung gebracht. So rufen wir auch dieses Jahr dazu auf, nicht nur Naziideologien, sondern das Ganze zu hinterfragen.

Sie demonstrieren gegen Faschismus und meinen damit das ganze System. Sind wir alle, die dieses System gut finden, Faschisten?
Max: Nein, wir sind auch Teil des Systems, denn wir leben alle in den Zwängen des Kapitalismus und des Staates. Menschen, die nicht unserer Meinung sind, sind für uns noch lange keine Faschisten.

Warum muss die Demonstration unbedingt am Abend stattfinden?
Marco: Letztes Jahr fand die Demonstration am Nachmittag statt. Es kommen jedoch mehr Leute, wenn man sich am Samstagabend um 8 Uhr trifft.

Kommen in der Dunkelheit nicht mehr Leute, weil man dann unerkannt Steine in Schaufenster werfen kann?
Marco: Die organisierten Aktivisten in unserem Umfeld wissen genau: Unser Ziel ist es, zu «laufen» und die Demonstration ohne grosse Konflikte über die Bühne zu bringen. Man kann dies als Organisatoren im Vorfeld beeinflussen. Etwa, indem man eine friedliche Stimmung vorlebt und nicht von Beginn weg auf alles einschlägt. Der kommende Samstag ist der falsche Tag, um etwa den Schweizerhof anzugreifen. Ich verstehe jeden, der gegen dieses Hotel vorgehen will. Doch am Samstag hat es mehr Polizisten in der Stadt als an jedem andern.

Was soll das heissen? An andern Tagen finden Sie es sinnvoll, Steine gegen den Schweizerhof zu werfen?
Marco: Ja, denn der Besitzer des Schweizerhofes ist ein Investor aus Katar. Von dort gelangen die Finanzmittel dann zur Terrororganisation IS. Deshalb ist es für uns ein wichtiges und passendes Ziel.

Nun wird aber auch der kommende Samstag bereits mit Ausschreitungen in Verbindung gebracht. Unbekannte haben im Lorrainequartier Fensterscheiben lokaler Geschäfte eingeschlagen und mit Sprayereien zu einer Teilnahme am Abendspaziergang aufgefordert.
Kim: Nach unseren Informationen ist der Aufruf für den Abendspaziergang schon am Freitag gesprayt worden und hat wohl nichts mit den eingeschlagenen Scheiben zu tun.
Max: Werden am Samstag jedoch lokale Geschäfte angegriffen, werden wir das Gespräch suchen.

Mit 1000 Leuten lässt sich schlecht gleichzeitig reden. Gehen am Samstag trotzdem Scheiben zu Bruch? Marco: An einer Demonstration, über welche im Vorfeld klar gesagt wurde, dass man einfach demonstrieren und seine Inhalte zeigen will, haben die Leute nicht plötzlich das Gefühl «jetzt mache ich alles kaputt».

Sie sind während der Demonstration vermummt und zünden Feuerwerkskörper. Was glauben Sie, wie wirkt dies auf Aussenstehende?
Kim: Wenn jemand auf dem Land lebt und nie ein solche Demonstration gesehen hat, kann ich mir schon vorstellen, dass die Person sagt «das geht nicht, was in Bern läuft». Wer jedoch einmal einen solchen Umzug gesehen hat, weiss, dass man keine Angst zu haben braucht. Ausser vielleicht, man trägt einen Nazipullover.
Marco: Wenn der Umzug vorbeimarschiert ist, haben die meisten Leute keine Angst mehr. Im Grunde sind wir ganz Liebe. Viele Leute von uns werden zudem auch Flyer und Broschüren verteilen.

Wenn ihr so lieb seid, warum vermummt ihr euch?
Max: Faschisten haben ein Problem damit, dass man sich gegen sie ausspricht. Wir wollen auf deren Websites sicher nicht auftauchen. Es soll auch nicht passieren, dass jemand deswegen seine Stelle verliert.

Wissen Ihre Arbeitgeber von Ihrem politischen Engagement?
Marco: Meine Grundüberzeugungen kennt er. Ich kann und will mich nicht bei jeder Pausendiskussion bedeckt halten. Was ich ganz konkret mache, weiss er wohl nicht.

Warum lassen Sie Ihren Umzug nicht einfach bewilligen? Dies würde doch vielen Kritikern den Wind aus den Segeln nehmen.
Marco: Um die eigene Meinung zu zeigen, braucht es unserer Ansicht nach keine Bewilligung. Wir können selbstorganisiert eine Demonstration veranstalten und sehen es nicht ein, warum wir bei denen um Erlaubnis fragen müssen, die wir ablehnen.

Trotzdem kennt die Polizei jeweils Ihre Demonstrationsroute. Findet da im Geheimen eine Zusammenarbeit statt?
Kim: Wir schicken die Route jeweils den Verantwortlichen von Bernmobil, damit sie auf die Einschränkungen reagieren können. Von Bernmobil gehen die Informationen vermutlich auch an die Polizei.

In der letzten Zeit stand die Polizei wiederholt in der Kritik wegen Hausdurchsuchungen und Amtsmissbrauchs. Sehen Sie es jetzt erst recht als gerechtfertigt an, gezielt Polizisten anzugreifen?
Marco: Für uns hat sich durch die Vorfälle der letzten Zeit das Bild der Polizei nicht verändert. Wir wissen schon länger, für was sie einsteht – für das herrschende System. Diese Machtverhältnisse möchten wir überwinden. Eines Tages wird es darum zur Konfrontation kommen. Doch am kommenden Samstag ist Gewalt gegen Polizisten nicht sinnvoll. Die Polizei wird sehr gut vorbereitet sein.

Sie verzichten also nur auf Gewalt gegen die Polizei, weil es taktisch nicht geschickt ist?
Kim: Wir denken nicht, dass es aus antifaschistischer Perspektive nötig ist, Polizisten Steine an den Kopf zu werfen. Für den Samstag rechnen wir darum auch nicht damit, dass es zu Angriffen auf die Polizei kommt. Gleichzeitig fordern wir aber von der Polizei klar, dass sie uns auch nicht angreift.

Grundsätzlich: Was hat der Beamte, der für einen Demoeinsatz eingeteilt wurde und von einem Wurfgeschoss verletzt wird, mit dem Kampf gegen Faschismus zu tun?
Kim: Die Polizei handelt, wie es das Gesetz vorschreibt. Der Beamte selbst führt lediglich Befehle aus. Die Polizei stellt sich so bei vielen Gelegenheiten schützend vor Faschisten, zuletzt etwa bei den Ausschreitungen zwischen Kurden und türkischen Nationalisten. Dies macht sie manchmal zur Zielscheibe.

*Die drei Mitglieder der Revolutionären Jugendgruppe (RJG) sind federführend in der Organisation des Abendspaziergangs am Samstagabend in Bern. Sie waren anonym bereit, über die unbewilligte Demonstration Auskunft zu geben. Der 26-Jährige (im Interview Marco genannt), der 20-Jährige (im Interview Kim) und der 22-Jährige (im Interview Max) leben in der Stadt Bern.


6. Statement AKZO (Originalquelle: https://www.facebook.com/InfoAGB/posts/555096287972065:0)
Statement aus dem Zürcher Oberland Antikapitalistisches Kollektiv zum morgigen Abendspaziergang:

HOMBI, BERN, ÜBERALL – ANTIFASCHISMUS BLEIBT NOTWENDIG & LEGITIM!

Von allen Seiten tönt es ja momentan, dass wir „von unseren
demokratischen Rechten Gebrauch machen“ und „einen Rechtsrutsch verhindern“ sollen. Der rot-grün-dominierte Gemeinderat von Bern definierte jetzt, was das heisst: Du sollst dein Wahlcouvert einwerfen und ansonsten die Fresse halten! Er erteilt den Bullen den Auftrag, den antifaschistischen Abendspaziergang von morgen Samstag zu verhindern.

Überraschend ist das nicht, der Staat war noch nie ein Verbündeter im Antifaschistischen Kampf. Dies wurde uns gerade in letzter Zeit zu Genüge vor Augen geführt: Nehmen wir die Fascho- und Bullenangriffe auf eine kurdische Demo in Bern, die Massenverhaftungen bei den Protesten gegen den „Marsch fürs Läbe“, die Anzeigen gegen Antifaschist*innen in Hombrechtikon oder der Wasserwerfer-Angriff auf eine Demo gegen das Grenzregime vor zwei Wochen in Zürich, um nur einige wenige Beispiele zu nennen.

Doch in all diesen Fällen ist es den Bullen nicht gelungen, den Widerstand zu verhindern. Lassen wir uns auch dieses Mal nicht einschüchtern und den bitter notwendigen Widerstand gegen rechte Hetze, das mörderische Grenzregime und das Gesellschaftssystem, welche solche Scheisse hervorbringt, auf die Strasse tragen! Auf nach Bern!

Aktuelle Infos: http://ch.indymedia.org/de/2015/10/95999.shtml
Antirep-Infos: http://ch.indymedia.org/de/2015/10/95997.shtml
Aufruf: http://ch.indymedia.org/de/2015/07/95464.shtml

Werdet kreativ, werdet aktiv! Bildet Bezugsgruppen und passt aufeinander auf!


7. Medienberichte (Originalquellen: https://www.bernerzeitung.ch/region/bern/berner-gemeinderat-will-antifaspaziergang-nicht-tolerieren/story/30344236 & https://www.derbund.ch/bern/stadt/wasserwerfer-vor-dem-bundeshaus/story/31616116)
-BernerZeitung Gemeinderat will keine Krawalle vor den Wahlen
Der Berner Gemeinderat will die unbewilligte Antifa-Demo vom Samstag – eine Woche vor den Wahlen – nicht tolerieren. Wegen des Grosseinsatzes bleiben im ganzen Kanton Polizeiwachen geschlossen.

«Keine unbewilligten Kundgebungen vor den Wahlen.» Der Berner Gemeinderat wählte am Donnerstag klare Worte. Die Stadtregierung will den für Samstag in Bern angekündigten «antifaschistischen Abendspaziergang» nicht tolerieren. Die Kantonspolizei wurde beauftragt, unbewilligte Kundgebungen bereits frühzeitig zu verhindern.

Bisher ist bei der Stadt weder ein Gesuch für die Antifa-Demo eingetroffen noch sind den Behörden die Veranstalter bekannt. Eine Kundgebung ohne Absprachen mit den Veranstaltern berge ein Sicherheitsrisiko, ist der Gemeinderat überzeugt. Sein Entschluss ist darum klar: Nach einer eingehenden Analyse der Sicherheitslage sei es für die Stadtregierung nicht zu rechtfertigen, einen Umzug mit hohem Risikopotenzial zu tolerieren. Weiter fordert er dazu auf, «nicht an allfälligen unbewilligten Kundgebungen teilzunehmen.»

Auch keine anderen Demos
Für besonderes Konfliktpotenzial sorgt die Tatsache, dass die Demo eine Woche vor den nationalen Wahlen stattfinden würde. Für dieses Wochenende will der Gemeinderat auch keine anderen grösseren politischen Kundgebungen bewilligen.

Wahlkundgebungen würden vor den eidgenössischen Wahlen nur als Platzkundgebungen bewilligt, und der Bundesplatz stehe im Oktober für politische Kundgebungen generell nicht zur Verfügung, so der Gemeinderat. Er beruft sich auf die im Jahr 2014 festgelegten Spielregeln für Kundgebungen vor den eidgenössischen Wahlen.

Aufgerufen zur Kundgebung hat die anonyme Gruppierung «Revolutionäre Jugendgruppe». Beim Antifa-Spaziergang ist es in den vergangenen Jahren immer wieder zu Krawallen und Scharmützeln mit der Polizei gekommen. Eine Tatsache, die auch dem Gemeinderat bewusst ist: Bei der Mehrheit ebensolcher Kundgebungen sei es in der Vergangenheit zu Sachschäden gekommen. Im 2006 beliefen sich die Schäden auf über 100’000 Franken.

«Massive Mehrbelastung»
Eskalierende Türken- und Kurdendemos, der Besuch Angela Merkels und nun die geplante Antifa-Kundgebung: Seit September jagt in Bern ein Grossanlass den nächsten, die Polizei hat entsprechend viel zu tun. All diese Aufträge führten zu einer «massiven Mehrbelastung des Korps», wie es in einer Medienmitteilung heisst.

Dies hat für die Bevölkerung nun sichtbare Konsequenzen: Am Samstag ist wegen des Grosseinsatzes der Grossteil der Polizeiwachen im Kanton geschlossen. Geöffnet bleiben die Polizeiwachen Bern Waisenhaus, Biel, Interlaken und Thun. Entschieden hat diese Massnahme Polizeikommandant Stefan Blättler.

Das Ziel der Polizei ist, genügend Personal einsetzen zu können, damit der Einsatz bewältigt und gleichzeitig im ganzen Kanton die Grundversorgung sichergestellt werden kann. Als Grundversorgung gilt die Präsenz auf den Strassen und der Notruf 117. Von den geschlossenen Wachen betroffen sind beispielsweise Personen, die dort Anzeige hätten erstatten wollen.

Tschäppät sagt nichts
Im Kanton Bern ist es das dritte Mal, dass die Polizei zu dieser Massnahme greift. Erstmals war dies vor zwei Jahren der Fall, als die unbewilligte Strassenparty «Tanz dich frei» eskalierte. Damals wertete Stadtpräsident Alexander Tschäppät (SP) die Schliessung der Polizeiwachen «klar als politisches Statement».

Die Polizei, so fand der Stadtpräsident damals, müsse sich mit politischen Einordnungen zurückhalten. Heute verweist die Präsidialdirektion auf den zuständigen Sicherheitsdirektor Reto Nause.
«Hier geht es nicht um Politik, sondern um die Sicherheit der Bevölkerung und unserer Polizistinnen und Polizisten», sagt Kapo-Sprecherin Corinne Müller auf Anfrage. Die Massnahme sei für den Ausnahmefall gedacht, man erachte sie als verhältnismässig. Auch wenn es nun bereits das dritte Mal ist, will Müller nicht von einer Regel sprechen.

Kritik der Linken
Die Junge Alternative bezeichnet den Entscheid des Gemeinderates als «Einschränkung der Meinungsfreiheit» und als «untragbar». Anstatt auf deeskalierende Strategien setze der Gemeinderat von Beginn an auf Konfrontation.
Die Einschränkung sei nicht zu vereinbaren mit dem Grundrecht der freien Meinungsäusserung und der Versammlungsfreiheit, schreibt die Partei in einer Mitteilung. (Berner Zeitung)

-DerBund Antifa-Spaziergang frühzeitig durch Polizei gestoppt
Ein massives Polizeiaufgebot machte dem Antifa-Spaziergang einen Strich durch die Rechnung. Der Demonstrationszug kam kaum über die Schützenmatte hinaus.

Ein Spaziergang war es nicht, höchstens ein antifaschistisches Beinevertreten. Die Demonstration, zu der die Revolutionäre Jugendgruppe (RJG) aufgerufen hatte, sollte eigentlich um 20 Uhr beim Berner Bahnhof starten. Doch die Polizei hatte zu jenem Zeitpunkt praktisch die ganze Stadt mit einem massiven Aufgebot dicht gemacht.

Kurz nach 20 Uhr versuchte ein Demonstrationszug, dem sich rund 300 Personen anschlossen, von der Reitschule aus zu starten. Das Bollwerk war jedoch komplett abgeriegelt. So brannten die Aktivisten ein paar Fackeln ab und kehrten danach zur Reitschule zurück. Unter den Demonstranten schien die Meinung zu herrschen, dass das Polizeiaufgebot zu gross sei, um dagegen etwas ausrichten zu können. Per Megafon wurde bekannt gegeben, dass am nächsten Samstag um 14 Uhr ein neuer Versuch gestartet werden soll. Die RJG bestätigte die Verschiebung kurz darauf auf Facebook und Twitter. In einer Mitteilung begründet die RJG zudem, wieso der Spaziergang abgebrochen wurde: «Angesichts der Übermacht der Polizei haben wir uns entschieden, den martialischen Aufmarsch der Staatsmacht ins Leere laufen zu lassen.»

Die Berner Kantonspolizei schreibt in einer Mitteilung von Sonntagmorgen, dass bereits im Vorfeld der Demonstration mehrere Personengruppen kontrolliert worden seien. «Diese wurden auf die geltenden Weisungen aufmerksam gemacht und wieder entlassen.» Insgesamt seien 21 Personen zu einer eingehenderen Kontrolle in Räumlichkeiten der Polizei gebracht worden. Laut der Mitteilung hätten diese teilweise gefährliche oder verbotene Gegenstände, sowie Vermummungsmaterial und Spraydosen auf sich gehabt.

Demo formierte sich neu
Mit der Beendigung der Demonstration entspannte sich die Lage jedoch noch nicht umgehend. Gegen 21.30 haben sich rund 500 Personen auf der Schützenmatte versammelt. Man war sich uneinig, ob ein erneuter Marsch gestartet werden soll. «Wir laufen nicht irgendwelchen besoffenen Punks nach. Wir kommen nächste Woche wieder», wurde durch ein Megafon durchgegeben. Das schien nicht allen zu passen. Aktivisten aus Zürich wollten weiter demonstrieren. Die Situation hat sich dann aber beruhigt und die Schützenmatte leerte sich langsam. Rund 60 Kastenwagen der Polizei standen beim Bollwerk bereit.

Nicht nur im Raum Schützenmatte tat sich was. Beim Bärenplatz hat die Polizei gegen 20.30 Uhr eine kleine Gruppe verjagt und besetzte den Platz danach mit rund 20 Kastenwagen. Laut einem Augenzeugen seien beim Käfigturmdurchgang rund 25 unvermummte Personen eingekesselt worden. Ab 21 Uhr seien sie einzeln kontrolliert worden.

Anscheinend reichte das Berner Polizeipersonal nicht aus, um in der Stadt für genügend Sicherheit zu sorgen. Die Berner Polizei bestätigt in ihrer Mitteilung, dass sie von Korps aus anderen Kantonen unterstützt wurde. Bis kurz vor 20 Uhr herrschte beim Demotreffpunkt beim Bahnhof noch gähnende Leere. Etwas später haben sich vor der Heiliggeistkirche mehrere Jugendliche versammelt. Die Polizei war vor Ort und nahm Kontrollen vor. Ebenso kam es rund um das Bollwerk und in der Innenstadt zu mehreren Personenkontrollen. (amü/mob/spr/mer)


8. Polizeieinsatz 1,2 Millionen Franken (Originalquelle: https://www.derbund.ch/bern/stadt/antifapolizeieinsatz-kostete-rund-12-millionen-franken/story/16869548)
Antifa-Polizeieinsatz kostete rund 1,2 Millionen Franken
Der «antifaschistische» Abendspaziergang in Bern vom 10. Oktober letzten Jahres hat rund 1,2 Millionen Franken gekostet.
Wie hoch die Kosten für den Polizeieinsatz am Antifa-Spaziergang vom 10. Oktober waren, ist jetzt klar: 1,2 Millionen Franken. Das geht aus einer jüngst publizierten Antwort des Gemeinderats auf eine Interpellation von JA!-Stadträtin Seraina Patzen hervor. Bei dieser Summe handle es sich um eine Vollkostenrechnung, schreibt der Gemeinderat.

Da es primär Personalkosten seien, würden nicht Mehrkosten in dieser Höhe anfallen. Für die Stadt Bern entstünden keine Kosten, da der Einsatz über die Pauschale mit der Kantonspolizei abgegolten sei. Im Einsatz standen rund 1000 Polizisten. Diese hatten den Auftrag, unbewilligte Kundgebungen frühzeitig zu unterbinden. (pd)