2015,  Antirassismus,  Asyl/Migration,  Diverse Aktionen,  Repression

Besetzung Bundeszentrum Zieglerspital

Inhalt:
1. Communiqué
2. Medienbericht
3. Besetzung beendet
4. Flyer
5. Bilder

1. Communiqué (Originalquelle: http://ch.indymedia.org/de/2015/12/96357.shtml)
Heute, am 12.12.15 wurde das Ziegelerspital in Bern über Nacht besetzt. Dabei handelt es sich um einen Protest gegen das Bundeslager, das 2016 im Zieglerspital eröffnet werden soll. Das Ziel der Besetzung ist es ein selbstverwalteter Ort ohne Staatliche und/oder Private Kontrolle zu erschaffen.
Wir, ein Kollektiv verschiedenster Menschen, haben gestern Nacht das Zieglerspital, das ab Mitte 2016 zu einem „Bundeszentrum für Asylsuchende“ umgenutzt werden soll besetzt. Nicht weil wir Menschen, die hierher migrieren als Problem betrachten, sondern weil wir die Art und Weise, wie sie behandelt werden ablehnen. In den Bundeszentren werden die Menschen eingesperrt, jegliche Selbstbestimmung wird ihnen genommen, sie werden massiv überwacht und zusätzlich vom Rest der Gesellschaft isoliert.
Wir wollen im Zieglerspital einen Ort der Selbstverwaltung schaffen, in dem sich die Menschen, die hierher migriert sind selbst verwalten und organisieren. Zudem erschaffen wir mit der Besetzung einen Ort zum Diskutieren und um sich über Kritik und Lösungsansätze zu unterhalten.
Am Samstag dem 12.12.15 ab 11Uhr laden wir alle Menschen die daran interessiert sind oder sich sogar beim Projekt einbringen wollen zu einem Brunch, Diskussionen, Vorträgen und Film ein.
Programm für Samstag und Sonntag im Zieglerspital in Bern (7. Stock, folgt den Wegweisern auf dem Gelände)
11 Uhr – Brunch
13 Uhr – Diskussionen und Vorträge
19 Uhr – Essen
21 Uhr – Film

Wir freuen uns auf gute Diskussionen und ein volles Haus.
No Border No Nation No Bunker No Prison – Fight the State!

2. Video (Originalquelle: https://www.youtube.com/watch?v=yEBIdl_Hx2I)



3. Besetzung beendet (Originalquelle: http://ch.indymedia.org/de/2015/12/96377.shtml)
Die Besetzung ist vorbei, der Kampf geht weiter
Die erfolgreiche Besetzung des geplanten Bundesasyllagers ging heute zu Ende. Während 2 Tagen wurde der Ort, wo künftig rassistische Unterdrückung stattfinden soll, zu einem Raum der Emanzipation. Es wurden Debatten darüber geführt, was Selbstverwaltung und Selbstbestimmung bedeutet und erfordert und wie der antirassistische Widerstand gegen die Lager und das gesamte Migrationssystem gestärk werden kann.
Die Besetzung hat als direkte, öffentliche Aktion im Quartier Diskussionen über eine radikale Kritik an den Lagern und möglichen Formen von Widerstand ausgelöst. Die Besetzung richtete sich gegen jedes Lager, in der Stadt und auf dem Land.
Die Besetzung wurde heute beendet, der Widerstand nicht!
Gestärkt duch die kollktive Aktion werden wir auch morgen Sand im Getriebe sein.


4. Flyer (Originalquelle: http://ch.indymedia.org/de/2015/12/96380.shtml)
Hier nachträglich der Text, welcher in der Nacht der Besetzung des künftigen Bundeszentrum in Bern in den Briefkästen des Quartiers verteilt wurde.
Wir haben gestern, am 11.12.2015 ein Gebäude des ehemaligen Zieglerspitals besetzt! Wie ihr als Anwohner_innen erfahren habt, soll hier ein neues Bundeszentrum für Asylsuchende entstehen. Wir wollen eine solche Entwicklung nicht akzeptieren. Nicht weil wir Menschen, die hierher migrieren, als Problem betrachten, sondern weil wir die Art und Weise, wie sie behandelt werden, ablehnen.
Wir weigern uns, diese Menschen als Problem oder als bedrohende Masse zu betrachten, wie sie in den Medien und von Politiker_innen oft dargestellt werden. Wir wollen nicht an der Debatte über die beste Form der Verwaltung von Migrant_innen teilnehmen. Denn dies sind Menschen, die sich sehr wohl selbst organisieren können, wenn sie nicht davon abgehalten werden. Raum um zu leben wäre an vielen Orten vorhanden. Die Migrationspolitik richtet sich jedoch nicht nach den Bedürfnissen der Menschen, sondern nach den Interessen von Staat und Wirtschaft. Weil Gesetzesverstösse für Migrant_innen weitreichendere Konsequenzen haben, besetzten wir dieses Gebäude in Solidarität. Hier könnte ein selbstorganisiertes Zuhause entstehen für Menschen, die hierher migriert sind.

Stell dir vor, du wirst an einen Ort gebracht, wo dir verboten wird, dich frei zu bewegen, alles pesönliche wird dir weggenommen. Wann du zum Arzt gehst, was und wann du isst, mit wem du dir ein Zimmer teilst, wann du schläfst, alles wird dir diktiert. Du wirst rund um die Uhr bewacht, den Ort verlassen darfst du nur am Tag und nur zu bestimmten Zeiten. Es besteht Meldepflicht. Du hast keine Möglichkeit, legal für deinen Lebensunterhalt zu sorgen und musst entweder mit ein paar Franken pro Tag auskommen oder illegal Geld beschaffen. Zudem droht dir ständig die Deportation in ein Land, in dem du nicht leben willst und unter Umständen gefährdet bist.
In Bundeszentren herrschen gefängnisähnliche Strukturen. Den Bewohner_innen der Lager werden jegliche Freiheit und Selbstbestimmung entzogen. Sie müssen sich an lagerspezifische Regeln halten, für die es keine rechtlichen Grundlagen gibt. Die Durchsetzung dieser Regeln basiert auf der Erpressung, dass diejenigen, welche sich nicht fügen, keine Chancen auf eine Aufenhaltsbewilligung erhalten. Wer sich trotzdem widersetzt, wird als renitent eingestuft, eingesperrt und nach Möglichkeit ausgeschafft.
Bei der Entwicklung der Lagerstrukturen geht es darum, Migrant_innen noch effizienter in Kategorien einteilen, kontrollieren und ausschaffen zu können. Möglichst viele in möglichst wenigen, dafür umso grösseren Lagern, so lautet die Strategie, welche nicht nur in der Schweiz, sondern in allen sogenannten Aufnahmeländern verfolgt wird. Für die Menschen im Asylverfahren bedeutet die Zentralisierung noch mehr Kontrolle und Fremdbestimmung im Alltag und noch mehr Abschottung von Menschen ausserhalb der Lager. Jeder Schritt der Asylverfahren soll in den Bundeszentren ablaufen, von der ersten Befragung über die Unterbringung bis zum richterlichen Entscheid und der wahrscheinlichen Ausschaffung. Die Asylgesuche sollen in einem Schnellverfahren möglichst rasch bearbeitet werden, um die Menschen sobald als möglich wieder auszuschaffen. Bei 60% der Asylgesuche soll innerhalb von 140 Tagen ein Negativentscheid vorliegen. Die Betroffenen verbringen somit die ganze Dauer ihres Asylprozesses im Bundeslager.

Obwohl die Grenzen immer lückenloser mit militärischen Mitteln kontrolliert werden und die meisten Menschen, die es trotzdem schaffen, nach Europa zu gelangen, gleich wieder ausgeschafft werden, liegt es nicht im Interesse der Staaten, die Einwanderung ganz zu stoppen. Das Ziel ist vielmehr, die Wirtschaft mit der Menge an Arbeiter_innen aus dem Ausland zu bedienen, die benötigt wird. Die einen sind ’nützlich‘, weil sie hochqualifiziert sind, die anderen, weil sie sich in einer so prekären Lage befinden, dass sie gezwungen sind, Billigstjobs anzunehmen. Ist der Bedarf an Billigarbeitskräften gedeckt, bleibt der Rest, die ‚Überflüssigen‘, die ‚Unerwünschten‘. Um die Zahl der positiven Asylentscheide nach Bedarf regulieren zu können, werden neue Gesetze erlassen und Kategorien erfunden wie ‚Wirtschaftflüchtlinge‘, ‚Sans Papiers‘, ‚vorläufig Aufgenommene‘ und ‚Abgewiesene‘ in Abgrenzung zu den ‚echten Flüchtlingen‘.
Die Politik der Lager und der Ausgrenzung ist nicht neu, die Bundeszentren sind nur eine weitere Verschärfung. An dieser Stelle ist es uns wichtig zu betonen, dass wir nicht das alte System der Asylzentren erhalten wollen, nicht einfach nur eine nettere Form der Verwaltung fordern. Die Frage ist für uns nicht, wie der Staat mit Migrant_innen umgehen soll, da wir sie nicht als ein zu lösendes Problem sehen. Das Problem ist vielmehr der Staat an sich mit seinen Gesetzen, welche es den einen ermöglicht, die ganze Welt auszubeuten und den anderen nicht einmal erlaubt, dorthin zu gehen wo sie wollen.
Wir sind solidarisch mit allen Menschen und Gruppen, welche die Grenzen bekämpfen und überqueren wollen. Es gibt keine falschen Gründe, seine Heimat zu verlassen. Lasst uns Ausschaffungen verhindern und Orte schaffen, an denen Menschen, welche hier ein zu Hause suchen, selbstorganisiert leben können.
Kämpfen wir für eine Welt ohne Ausbeutung und ohne Staaten mit ihren Grenzen, Lagern und Knästen!
Es liegt an uns allen!


5. Bilder (Originalquelle: http://ch.indymedia.org/de/2015/12/96357.shtml & http://ch.indymedia.org/de/2015/12/96380.shtml)