2016,  Besetzung,  Freiraum,  Gender,  Gentrifizierung

Hausbesetzung Freiburgstrasse

Inhalt:
1. Belebung Europaplatz
2. Communiqué


1. Belebung Europaplatz (Originalquelle: http://ch.indymedia.org/de/2016/03/96928.shtml)


2. Communiqué (Originalquelle: http://ch.indymedia.org/de/2016/03/96984.shtml)
Wir, “Café Toujours“ haben heute, dem 10. März 2016, die Liegenschaft an der Freiburgstrasse 131 besetzt. Der Gebäudeteil steht seit 10 Jahren leer. Wir haben das nun geändert.
10 Jahre Leerstand, das wollen wir mit euch feiern!
Wir, “Café Toujours“ haben heute, dem 10. März 2016, die Liegenschaft an der Freiburgstrasse 131 besetzt. Der Gebäudeteil steht seit 10 Jahren leer. Wir haben das nun geändert. Das Haus war bereits von 2004 bis 2006 besetzt und hatte einen Zwischennutzungsvertrag. Die Besitzerin und Baufirma Marti AG hat den Bewohner*innen gekündigt, um das Gebäude als Baubüro für den Bau des angrenzenden Gesundheitszentrum Pflege zu nutzen. Diese Baustelle ist seit Jahren abgeschlossen. Vor ca. 3 Jahren wurde das Haus erneut besetzt. Die Marti AG zeigte sich nicht mehr verhandlungsbereit und liess das Haus umgehend durch die Polizei räumen. Seither steht der Hausteil leer, der angrenzende Gebäudeteil mit der Hausnummer 129 ist nach wie vor bewohnt und im Besitz anderer Eigentümer. Dieser Umstand hat den Abriss des Gebäudes seither verhindert.
Nun wird das Gebäude lieber leer gelassen, als dass darin Bewohner*innen akzeptiert werden. Die Freiburgstrasse 131 ist ein Beispiel wie Wohnraum zu einem Spekulationsobjekt wird und wie vorrangig ökonomische Interessen den Umgang mit diesem bestimmen. Aus dem Grund, dass es sich nicht lohnt, Bewohner*innen einziehen zu lassen, bleibt Leerstand Leerstand. Das geht soweit, dass mensch über längere Zeit beobachten konnte, wie Fenster des Hauses im Winter bewusst offen gelassen wurden, um den Zerfall des Gebäudes zu beschleunigen. Hier handelt es sich um eine Zuspitzung; vom blossen Leerstand hin zur aktiven Bekämpfung der Bewohnbarkeit.

Menschen werden in Mieter*innen und Vermieter*innen, respektive Eigentümer*innen eingeteilt, dadurch entstehen grundlegend unterschiedliche Interessen und Bedürfnisse. Diese Einteilung wird durch das staatlich garantierte und wenn nötig auch mit Gewalt durchgesetzte Recht auf Eigentum überhaupt möglich gemacht.
Der Wohnmarkt und die bestehenden, einseitigen Eigentumsverhältnisse machen aus Wohnraum Geldanlagen. Dies führt dazu, dass die Eigentümer*innen, welche vom Wohnmarkt profitieren, ihre ökonomischen Interessen über die Bedürfnisse der Bewohner*innen stellen.
Dadurch dass die Eigentümer*innen oft an einem anderen Ort wohnen oder eine Firma sind, verlieren sie den Bezug zum Wohnraum und seiner Umgebung.
Leben in einem Mietverhältnis ist grundsätzlich fremdbestimmt.
Fremdbestimmt kann heissen, dass die Vermieter*innen bestimmen, wer einzieht und wer wie lange bleibt.
Fremdbestimmt kann heissen, dass eine bewohnbare Wohnung trotzdem saniert wird, um sie teurer vermieten zu können.
Fremdbestimmt heisst, dass nicht die über den Wohnraum bestimmen, die ihn bewohnen.
(Der Zustand, dass Bewohner*innen und Eigentümer*innen die gleiche Person/en ist/sind kann nur von einem privilegierten Teil der Bevölkerung erreicht werden, welcher auch genügend Eigenkapital aufbringen kann, um Eigentum zu erwerben.)

Die Aufwertung zielt vor allem auf die Bedürfnisse einer vermögenden Schicht ab und vermag diese auch weitgehend zu erfüllen. Gleichzeitig aber werden dadurch viele Menschen aus den betroffenen Stadtteilen verdrängt oder daran gehindert hinzuzuziehen.
Verdrängung meint hier nicht nur, Verdrängung aus ökonomischen Gründen wie z.B. steigende Mieten, sondern auch soziale Verdrängung, wie wenn ein im ganzen Quartier beliebter Dürümstand einer Galerie weicht und/oder alle Freunde bereits wegziehen mussten und Mensch auf Grund dieser Veränderung keine Lust mehr hat in dem Quartier zu leben.
Gentrifizierung macht aus einem Raum für Viele ein Produkt für Wenige.
Eben beschriebene Mechanismen führen zu einer Segregation. Das heisst die Bevölkerung wird entmischt und gespalten. Somit sind nicht nur neu-hippe und sogenannt attraktive Gegenden wie zum Beispiel Lorraine, Breitenrain und Länggasse Ausdruck der Gentrifizierung, sondern auch die sogenannten „unattraktiven Problemquartiere“ wie Bümpliz und Ostermundigen.
Dass der Gentrifizierungsprozess stetig fortschreitet, ist beispielhaft in Ausserholligen, zwischen Innenstadt und Bümpliz, sichtbar. Hier betreibt die Stadt Bern eine aggressive Aufwertungspolitik: Der Neubaukomplex mit diversen Einkaufsmöglichkeiten, Wohnungen und Haus der Religionen wurde aus dem Boden gestanzt. Dem ganzen Gebiet um die ÖV-Haltestellen wurde das Label „Europaplatz“ aufgedrückt. Die Frequenz der Anschlusszüge wurde erhöht und der Raum unter der Autobahnbrücke wurde mit einer ständigen und grellen Beleuchtung ausgestattet.
Für uns ist der Zweck dieser Besetzung nahe des „Europaplatzes“, nicht nur das Schaffen von selbstbestimmten Wohnraum und Ort für politische Aktivitäten, sondern auch ein Mittel, um im Quartier Widerstand gegen Gentrifizierung zu schaffen.
Wir grüssen solidarisch die FLTI-Besetzung vom Kollektiv Ronja an der Waldheimstrasse 49 in der Länggasse.

Häuser denen die sie bewohnen!
Gegen die Gentrifizierung!
Gegen das Patriarchat!
Gegen Grenzen und Nationen!
Gegen die herrschenden Verhältnisse!
Für die Anarchie!

Programm beim Café Toujours:
Donnerstag, 10. März,
Ab 18 Uhr VoKü mit Verkleidung vor dem Haus
Freitag, 11. März,
Ab 16 Uhr Volleyball und Sportgetränke
Frisbee, Töggelen und Musik
Samstag, 12. März,
Ab 15 Uhr Kreativphase (bringt Holz, Stoff, Farbe, etc.) und Buchbinden
19 Uhr Doku „Ungdomshuset“