2018,  Antikapitalismus,  Demo,  Gender,  Repression,  Türkei & Rojava

Demo Defend Afrin (eingekesselt)

Inhalt:
1. Aufruf
2. Live-Ticker Kessel
3. Communiqué
4. Bericht
5. Bilder
6. Medienbericht

1. Aufruf (Originalquelle: https://xn--revolutionr-u8a.ch/?p=3563)
Wir rufen zu einer überregionalen revolutionären Demonstration in Solidarität mit Afrin auf! 7 April 16:00. Bahnhofsplatz Bern
Was geht in Afrin?
Vor mehr als zwei Monaten begann der Überfall der Türkei auf Afrin: Mit Luftangriffen auf Dörfer und Städte, mit deutschen Leopard2-Panzern, mit islamistischen Milizen (darunter zahlreiche Söldner des IS und der Al-Qaeda) und mit Duldung der EU, Russlands und der USA.
Erdogan hat zu Beginn davon gesprochen, Afrin in drei Tagen “auszuräuchern”. Diese Rechnung hatte er ohne den Widerstand gemacht. Die bewaffnete Bevölkerung hielt die Invasion unter unglaublichen Anstrengungen zwei Monate lang zurück. Nun wird die Zivilbevölkerung evakuiert und der Kampf gegen die zweitgrösste NATO-Armee wird als Guerillakrieg weitergeführt.
Während in der Türkei in den letzten Jahren schnellen Schrittes und mit eiserner Repression eine Diktatur aufgebaut wurde, entwickelte sich in Afrin und dem Rest Rojavas ein emanzipatorisches Projekt, das weit über den Nahen Osten hinaus strahlt. Mitten im Krieg strömten aus ganz Rojava Menschen nach Afrin. Das zeigt, dass hier eine gesamtgesellschaftliche Revolution im Gange ist, die von der Bevölkerung als ihr eigenes Projekt verteidigt wird. Diese aktuelle Situation hat eine enorme historische Bedeutung: Das faschistische Staatsprojekt Erdogans auf der einen Seite, die Hoffnung auf die Möglichkeit einer Alternative zur kapitalistischen Moderne auf der anderen.

Was macht die Schweiz?
Die Schweiz schlägt sich – Überraschung – auf die Seite des Kapitals. Schweizer Banken und Konzerne haben ein grosses Interesse daran, weiterhin gut in der Türkei zu verdienen. Verschiedene Grosskonzerne (bspw. Nestlé, Novartis, Holcim, Schindler) produzieren hier, Anlagefonds investieren, Rüstungsfirmen wie die RUAG exportieren. Die Minister Erdogans sind deshalb immer wieder Gäste in der Schweiz. Anders ergeht es Menschen, die in der Schweiz der Verfolgung durch Erdogans Repressionsapparat entkommen wollen. Das schweizer Migrationsregime lehnt entsprechende Asylanträge ab und schafft in die Türkei aus.

Was geht uns das an?
Wir sind weit weg von Afrin, aber dennoch verbunden in vielerlei Hinsicht. Der Krieg gegen Afrin beginnt (auch) hier, findet hier Unterstützung durch die Regierungen und Konzerne und kann dementsprechend auch hier bekämpft werden. Ebenso wie wir im türkischen Staatsapparat die reaktionäre und repressive Tendenz in Westeuropa wiedererkennen, so erkennen wir im Projekt Rojava unsere eigene Perspektive: Die soziale Revolution.

Ab auf die Strasse! Afrin verteidigen!
Wenn das revolutionäre Projekt in Rojava angegriffen wird, dann heisst das für uns: Dem Krieg kein ruhiges Hinterland! Denn auch hier sitzen die Kriegsprofiteur*innen und Kriegstreiber*innen. Wir gehen für Afrin auf die Strasse! Wir gehen für eine Perspektive jenseits von reaktionärer Hetze, von Unterdrückung und Ausbeutung auf die Strasse!
Es lebe der Widerstand! Hier und überall!


2. Live-Ticker Kessel (Originalquelle: https://twitter.com/ag_bern/status/982644184233512960)
17:40 Bullen haben Soli-Demo für #Afrin angegriffen und z.T. gekesselt – alle zum Bahnhof! Bringt Wasser mit. #bern
17:59 Aktuell 100-150 Menschen im Kessel. Stimmung gut. #bern #afrin
18:15 Achtung PKs am Bahnhof #bern #demo
18:22 Liebe Leute. Die grosse Halle ist für alle offen. Meldet euch an der Bar, falls ihr Probleme mit den Bullen hattet. Hilfe steht bereit. Haltet durch.#DefendAfrin #Bern #Demo
18:38 Die Bullen nehmen gezielt Personen mit, welche sich im Umkreis des Bahnhofs befinden. Passt auf!!!
18:48 Aktuell noch ca 50 Personen im Kessel. Parolen innerhalb und ausserhalb. #bern
19:13 Immer wieder PKs ausserhalb des Kessels. Kommt langsam zur besetzten Grossen Halle #bern #demo
20:18 Rund 600 – 700 Leute heute in #Bern in Solidarität mit #Afrin – danach Angriff der Polizei auf Demo.
21:44 Stand 21:30 Kessel der #afrin demo in #bern immer noch nicht vollständig aufgelöst. Es wurden kaum Menschen beim #Neufeld Posten entlassen.
23:16 Stand 23 Uhr. Kessel mittlerweile leer. Dafür kaum Entlassungen bisher. Immer noch viel Polizei in der Stadt #bern #afrin
23:57 Stand 23:55 Mind 100 Leute noch im Knast. Bullen Raum Bollwerl Wir warten die ganze Nacht auf unsere Leute. Kommt zur RS wenn ihr frei seid. #bern #demo
10:02 Alle Gefangenen wurden im Verlaufe der Nacht freigelassen. Danke an alle solidarischen Unterstützer*innen vor dem Neufeld und in der Reitschule. #demo #bern #afrin


3. Communiqué (Originalquelle: https://www.facebook.com/rjgbern/posts/1051359875016532)
„Defend Afrin“-Demonstration in Bern von der Polizei angegriffen
Seit gut zwei Wochen wird Afrin von der türkischen Armee besetzt. Die Bevölkerung leistet weiter Widerstand und kämpft teilweise als organisierte Guerillia gegen die türkische Besatzungsmacht. Deshalb organisierten wir in Bern eine grosse Solidaritätsdemonstration.

Bunte, laute und selbstbestimmte Demonstration
Wir waren rund 700 Menschen und äusserten auf vielfältige Weise unsere Unterstützung für Afrin. Die Kundegbung startete auf dem Bahnhofsplatz mit einer spektakulären Aktion: Vom Baldachin wurden Transparente in Solidarität mit Rojava aufgehängt. Mit diesen wurde auf die blutigen Rüstungsdeals zwischen Schweizer Staatsunternehmen und der Türkei aufmerksam gemacht: Während der türkische Staat bombardiert, profitiert die Rüstungsindustrie und das Kapital. Anschliessend zogen wir Richtung Zytglogge, von da über den Weisenhausplatz und auf den Bundesplatz. Parolen wurden gerufen, Widerstandslieder gesungen, politische Botschaften an den Wänden der Stadt Bern hinterlassen. Beim Bundesplatz wurden wir von der Polizei blockiert, bevor sie uns um 17 Uhr in der Spitalgasse frontal massiv angriff. Von vorne, von hinten, sowie aus den angrenzenden Gassen drängte die Polizei uns sowie Unbeteiligte zusammen, um uns dann unmittelbar vor dem Baldachin einzukesseln. Dieses Vorgehen kritisieren wir scharf. Heute demonstrierten wir für die Befreiung von Unterdrückten im nordsyrischen Afrin. Die Kantonspolizei Bern gebärdete sich in der Manier des türkischen Diktators Erdogan: Menschen, die lautstark und solidarisch durch Bern zogen, wurden behandelt wie Schwerverbrecher*innen. Die Polizei setzte ohne Vorwarnung Gummischrot auf Kopfhöhe ein. Die von der Schweiz gerne betonten Grundrechte auf freie Meinungsäusserung und das der Versammlungsfreiheit wurden von den Stiefeln des Staates wie so oft aufs Ärgste verletzt. Im Polizeikessel beim Baldachin herrschte eine kämpferische und positive Stimmung. Es wurden weiterhin Parolen geschrien sowie gesungen und getanzt. Wir bleiben standhaft und erheben unsere Stimme weiter für die Freiheit der Menschen – ob in Afrin oder in Bern.

Rojava lebt!
Trotz der Einnahme von Afrin durch die Türkische Armee und ihrer djhadistischen Verbündeten lebt das politische Projekt in Rojava weiter. Während in der Türkei in den letzten Jahren rasant und mit eiserner Repression eine Diktatur aufgebaut wird, entwickelte sich in Afrin und dem Rest Rojavas ein emanzipatorisches Projekt, das weit über den Nahen Osten hinaus strahlt. Die Türkei will dieses Experiment um jeden Preis verhindern. Die aktuelle Situation hat eine enorme historische Bedeutung: Das faschistische Staatsprojekt Erdogans auf der einen Seite, die Hoffnung auf die Möglichkeit einer Alternative zur kapitalistischen Moderne auf der Anderen. Deshalb gilt es Position zu beziehen und sich klar mit diesem emanzipatorischen Projekt zu solidarisieren.
Heute ist nicht alle Tage – wir kommen wieder keine Frage!


4. Bericht (Originalquelle: https://www.facebook.com/InfoAGB/posts/1008257115989311?__tn__=-R)
Rund 600 – 700 Menschen nahmen sich heute unbewilligt die Strasse, um sich solidarisch mit Afrin zu zeigen. Es wurden zahlreiche kreative Aktionen durchgeführt. Auf dem Baldachin gab es Transpiaktionen, es wurde ein Brunnen rotgefärbt, um auf das Blutvergiessen in Rojava hinzuweisen. Zudem wurden zahlreiche Plakate mit Informationen über gefallene Kämfer*innen und der Situation in Rojava gekleistert. Weiter hinterlies der Umzug zahlreiche Parolen an den Wänden.
Die Polizei lies immer wieder unverständliche Durchsagen über ihre Wägen verlauten. Beim Bundesplatz und Käfigturm stellten sich die Polizei der Demo in den Weg. Diese zog selbstbestimmt Richtung Heiliggeistkirche, wo ein unvermittelter Angriff durch Gummischot aus nächster Nähe auf die Demo stattfand. Anschliessend wurde ein Kessel aufgezogen und die Innenstadt über Stunden lahmgelegt. Im Kessel kam es zu Übergriffen, dennoch war die Stimmung laut und kämpferisch. Das repressive Auftretten der Polizei war ein Angriff auf unsere revolutionären Ideen und unserer Solidarität mit Rojava. Auch der Umstand, dass männliche Beamte Frauen* durchsuchten, stellt für uns einen patriarchalen Angriff auf feministische Ideen dar. Wir lassen uns nicht einschüchtern, ob bei der Reitschule oder auf der Strasse.


5. Bilder (Originalquelle: https://www.facebook.com/InfoAGB/posts/1008257115989311?__tn__=-R)


6. Medienbericht (Originalquelle: https://www.derbund.ch/solidaritaetsdemo-mit-afrin/story/17418857 & https://www.srf.ch/news/schweiz/unbewilligte-kurden-demo-kundgebung-in-bern-von-polizei-gestoppt)
– DerBund: Polizei führt nach Demo 239 Personen ab
Eine unbewilligte Demonstration endet in einem aufwendigen Polizeieinsatz. Der Sachschaden in der Berner Innenstadt wird auf einen sechsstelligen Betrag geschätzt.
Eine von linksautonomen Kreisen getragene, unbewilligte Demonstration wurde am späten Samstagnachmittag vor dem Bahnhof Bern gestoppt. Insgesamt hat die Polizei 239 Personen abgeführt und kontrolliert, heisst es in einer Mitteilung von heute Vormittag. «Nach der Aufnahme der Personalien konnten sie die Polizeiräumlichkeiten wieder verlassen», teilt die Kantonspolizei mit. Die Polizei begründet diese Massnahme damit, dass sich die Demonstranten trotz mehrmaligen Aufforderungen nicht vom Ort entfernt hatten. Der Abtransport von 136 Männern, 63 Frauen und 40 Minderjährigen dauerte mehrere Stunden. Die Arbeiten seien mit Platzkundgebungen und Behinderungen der Polizeiarbeit verzögert worden, schreibt die Polizei.

Die Berner Innenstadt – insbesondere der ÖV – war wegen des Polizeieinsatzes sowie der Reinigung der Strasse in der Spitalgasse bis weit in den Abend hinein blockiert. Die Demonstranten hätten auf der Strasse Gegenstände verbrannt, heisst es bei der Polizei. Entlang der Umzugsroute seien zudem massive Sachbeschädigungen festgestellt worden. «Nach ersten Schätzungen beläuft sich der Sachschaden auf einen Betrag in sechsstelliger Höhe.»
Die Polizei hielt sich während des Demonstrationszuges lange Zeit zurück und warnte die Demonstranten immer wieder davor, Sachbeschädigungen zu begehen, ansonsten würde der Demonstrationszug aufgelöst.

Einzelne Vermummte sprayten trotzdem gelegentlich Mauern und Schaufenster voll, etwa bei der Credit Suisse in der Marktgasse oder der Berner Kantonalbank in der Schauplatzgasse. Zudem kleisterten sie Plakate an Wände. Ansonsten verlief der Demonstrationszug – abgesehen von einigen gezündeten Pyro-Fackeln und Böllern – friedlich.
Als die Demonstranten beim stark abgesicherten Bundesplatz ankamen, kehrte der Zug um – auf Anweisung der Einsatzkräfte. Auf dem Weg zum Bahnhof wurde die Demonstration dann bei der Heiliggeistkirche von der Polizei eingekreist und mit einem Gummischrot-Einsatz gestoppt. Grund dafür waren laut Polizeiangaben die wiederkehrenden Sprayereien. Zu Beginn tanzten die Eingekesselten, zündeten aber auch einige ihrer Transparente an.

Die Kundgebung richtete sich gegen den «Überfall der Türkei auf Afrin», wie auf einem Flyer der Demonstranten zu lesen war. Die Schweiz habe sich auf die Seite des Kapitals geschlagen und habe ein Interesse in der Türkei weiterhin gut zu verdienen. Mit Schweizer Geld und Waffen werde Krieg geführt in der Welt, kritisierten die Kundgebungsteilnehmenden.
Vor der Demonstration hatten Vermummte auf dem Glasbaldachin über dem Bahnhofplatz grosse Transparente angebracht, um ihre Anliegen zu verdeutlichen.

-SRF: Kundgebung in Bern von Polizei gestoppt
Zur unbewilligten Kundgebung aufgerufen hatten linksautonome Kreise. Die gegen 400 Teilnehmenden versammelten sich kurz nach 16 Uhr beim Bahnhof und zogen dann mit Pyro-Fackeln, Böllern, Transparenten und Fahnen durch die Stadt. «Überall ist Afrin, überall ist Widerstand», skandierten die Kundgebungsteilnehmer.
Die Polizei ermahnte die Demonstranten, Sachbeschädigungen zu unterlassen. Vermummte sprayten trotzdem vereinzelt an Fassaden.
Demonstranten eingekesselt

Als die Demo-Teilnehmer den Durchsagen der Polizei nicht Folge leisteten, stoppte sie den Kundgebungszug kurz vor dem Bahnhof. Die eingekesselten Demonstranten entzündeten ein Feuer und tanzten zu kurdischer Musik.
Als der grösste Teil der Demonstranten die Kundgebung nicht verliess, begann die Polizei, Personenkontrollen durchzuführen. Verschiedene Demonstranten wurden abgeführt. Sie wurden zu Personenkontrollen auf eine Wache gebracht. Die Polizei setzte zeitweise Gummischrot ein. Ihren Angaben zufolge wurde niemand verletzt.

Während der polizeilichen Einkesselungsaktion kam es immer wieder zu Platzkundgebungen. Auch sei die Polizei behindert worden, teilte diese mit. Im Tram- und Busverkehr gab es grösseren Einschränkungen.
Kritik auch an der Schweiz
Die Kundgebung richtete sich gegen den «Überfall der Türkei auf Afrin», wie auf einem Flyer der Demonstranten zu lesen war. Die Schweiz habe sich auf die Seite des Kapitals geschlagen und habe ein Interesse in der Türkei weiterhin gut zu verdienen.

Mit Schweizer Geld und Waffen werde Krieg geführt in der Welt, kritisierten die Kundgebungsteilnehmenden. Ihr Protest richtete sich auch gegen den türkischen Präsidenten Erdogan.
Vor der Demonstration hatten Vermummte auf dem Glasbaldachin über dem Bahnhofplatz grosse Transparente angebracht, um ihre Anliegen zu unterstreichen.