2020,  Arbeitskampf,  Demo

Kundgebung Gastrostreik

Inhalt:
1. Aufruf
2. Communiqué
3. Medienbericht


1. Aufruf (Originalquelle: https://www.facebook.com/events/200485978330048)
Die Basis der Berner Gastroszene ruft auf zum Gastrostreik Bern & zur Platzkundgebung!
ES REICHT – JETZT BRAUCHT ES SOLIDARITÄT VON ALLEN!
Wir rufen sämtliche Betriebe unserer Branche, unsere Mitarbeitenden, sowie Menschen, die mit unserer Branche sympathisieren auf, an der Platzkundgebung teilzunehmen. Die Demonstration ist bewilligt & die Schutzmassnahmen werden eingehalten. Menschen, die dagegen verstossen oder diskriminierendes Verhalten zeigen, werden nicht toleriert. Wir treffen uns um 15.00 Uhr auf dem Bahnhofsplatz – die Restaurantbetriebe bringen Tische, Stühle & Porzellan mit. Es gibt Reden, wir machen Lärm. Bringt Masken & lärmiges Material wie Pfannen und -deckel mit.

138 teilnehmende Betriebe (Stand 11.12. / 16.00): 3 Eidgenossen / 3×5 – Home of Vintage Furniture & Martini Time / Adrianos / Altes Kraftwerk Basel / BakeryBakery / Bäregrotte Café & Bar / Bären Buchsi, Münchenbuchsee / Bar Rex Bern / Berner Pizza Huus / Bierexpress AG / Biercafé Au Trappiste / Bistrot L’esprit nouveau / Bogen 17 Kiosque / Bonbec Bern & Restaurant Bay / Brasserie Au Trappiste / Brasserie Lorraine / Brasserie Rathaus / Brasserie Ratskeller / Buffet Nord / Burgunder Bar / Café Bar Sattler / Cafe Bar Simpel / Café des Pyrénées / Café du Commerce / Café Kairo / Café Restaurant Treff / Cafete / Caffè Bar Roma Bern / Caveau – Bar à vin / Cinématte Restaurant Bar / City Pub Bern / Crazy Mary Pub Interlaken / Crêperie Le Carrousel / Cowboys Saloon Bern / Dachstock / Die Taube Bar & So. / Du Nord / Ebrietas Bar Bern / Eiger / Emma & Paul Coffee & Gear / Fabrique 28 / Falafingo / Fuchs & Specht, Burgdorf / Hot Shot Bar / IDA Kaffe & Raum / Ivybloom Catering / Jusqu’a / Kapitel Bollwerk / Kebabo / Kings Kebab / Kletterhalle O’Bloc (Bistrot) / Kochservice Martin Schöni / Kreissaal Bar / La Buvette / Lieblings Café Bar / Lounge Schichtwechsel / Strämu Beizli / La Chouette Crêperie / Le Beizli / Lehrerzimmer / Les Amis / Lil Radish / Lorrainebad Winterbuvette / Luna Llena / Malou Konzepte GmbH / Malso (Helvetiaplatz) / Marzer / Marzilibrücke / Marzilibrücke / Matchbox / Matte Brennerei / Mundwerk Kulturbar / Naliumana / O Bolles / Ô Capitaine / Old City Irish Pub / Outlawz Food / Palette Cafe Bar / Parterre / Piazza Bar / Pizzeria Da Nino, Bern / Playground Bahnhof / Provisorium 46 / Pusterum Brunnhof / QIN Restaurant / Restaurant Brésil / Restaurant & Bar parliament / Restaurant Bar Löscher / Restaurant Calypso / Restaurant Dampfschiff Thun / Restaurant Dampfzentrale / Restaurant Dentenberg / Restaurant Fischerstübli / Restaurant Lokal / Restaurant Moment / Restaurant Pangäa / Restaurant Schützenhaus Bümpliz / Restaurant Schwert Thun / Restaurant Taube Bleiken / Restaurant Tscharnergut / Ristorante Grotto Ticino / Ristorante Pizzaria La Carbonara / Schloss Schadau Thun Restaurant & Hotel / Sous le Pont / Restaurant Sternen Bümpliz / Restaurant Tien Tien / Restaurant Zimmermania / Restaurant zum blauen Engel / Restaurant zum Schloss / Restaurant Zebra / Ringgenberg / Ristorante Dolce Vita Osteria Dei Golosi / Ristorante Pomodoro / Rössli Berntor / Rock Café Weissenbühl / Schmiedstube Bar Thun / St. Gervais Biel / Tenz Speichergasse / tibits / thefoodstory GmbH / TREDICI Küche und Wein / Turnhalle / Versa / Volver BarTapasCafé / wartsaal / Weinerlei Weinhandlung / Weinhandlung & Weinbar Tralala / Werkstatt (Lorraine) / Wahari Bar / Williams ButchersTable Bern / Zar café*bar / Zent – Restaurant & Bar / Zoobar
Unterstützt durch: Bar- und Clubkommission BuCK Bern / FAU Bern / UNIA (Sektion Bern/Oberaargau-Emmental) / UNIA Berner Oberland / UNIA Gastrogruppe Thun-BeO / IWW (Jura, Alpen-Mittelland)


2. Communiqué (Originalquelle: https://www.facebook.com/gastrostreikbern/posts/107359687908921)
Vielen Dank für eure Beteiligung am Gastrostreik in Bern. Über Tausend Personen beteiligten sich unter der Einhaltung des Schutzkonzeptes am heutigen Streik. Trotz den Änderungen der Corona Massnahmen und unserem kurzfristigen Umstrukturieren, konnten wir koordiniert auf dem Bahnhofsplatz die verschiedenen 50er Gruppen auf verschiedene Plätze in der Innenstadt verteilen. Wir haben unsere Forderungen aus dem Offenen Brief vorgelesen und ein Zeichen gesetzt.
Die Solidarität war gross.
Aber ohne schnelle und nachhaltige Hilfe können viele Gastronomiebetriebe, sowie viele Arbeitnehmende unserer Branche nicht mehr lange überleben. Die Politik muss jetzt handeln.
Unsere Forderungen aus dem offenen Brief.
– Restaurants schliessen und fair entschädigen oder aber sinnvolle Massnahmen definieren, die ein anständiges Arbeiten zulassen und unseren Gästen nicht die Freude
am Restaurantbesuch nehmen.
– 100% Kurzarbeitsentschädigung für Löhne unter 4000 Franken pro Monat. Die
Gastronomie ist eine Tieflohn- und Teilzeitbranche. Bereits das wichtige Trinkgeld fällt weg.
– 80% sichern die Existenzen unserer Mitarbeitenden nicht.
– Eine verbindliche Lösung für Restaurantmieten, die auch die Vermietenden in die Pflicht nimmt.
– Schutzmassnahmen wie Masken, Desinfektionsmittel, Trennwände & Contact-Tracing sollen vergütet werden.
– Eine Ausfallentschädigung für die Gastronomie während der Dauer der (stark) einschränkenden Massnahmen bis zu deren Aufhebung – analog des Kultursektors und
ohne Hürden, die ein Gros der Betriebe durch die Maschen fallen lässt.
Kollektiv – Gastrostreik Bern


3. Medienbericht (Originalquelle: https://www.derbund.ch/wirte-setzen-ein-lautes-und-starkes-zeichen-831063353488 & https://www.bernerzeitung.ch/gastro-arbeitende-streiken-und-kapern-die-berner-innenstadt-555618550294)
-DerBund: Gastroszene protestiert in Berner Innenstadt
Wirte setzen ein «lautes und starkes» Zeichen
Mehrere hundert Wirtinnen und Wirte haben am Samtag in Bern an einer Protestaktion ihren Unmut über die ständigen Regeländerungen während der Pandemie zum Ausdruck gebracht.
Die Berner Gastro-Szene fühlt sich von den Behörden im Stich gelassen. Mehrere hundert Wirte und Angestellte demonstrierten am Samstag gegen die ständig ändernden Corona-Massnahmen und die neue Sperrstunde um 19 Uhr.

Auf mehreren Plätzen der Innenstadt sorgten sie für Lärm mit Küchenutensilien – vom Kochtopf bis zum Schwingbesen. «Wie können wir unsere Miete noch bezahlen?» stand auf einem der selbstgebastelten Transparente zu lesen. «Nicht mal bis acht, wo bleibt da mein Znacht?» lautete ein weiterer Slogan.
Zur Kundgebung aufgerufen hatte das «Kollektiv Gastrostreik Bern», dem sich bislang 140 Restaurant-Betreiber vor allem aus der Stadt Bern anschlossen. Manche Beizen blieben am Samstag aus Protest geschlossen – wieviele, konnten die Organisatoren auf Anfrage nicht sagen.
In einem offenen Brief zeigen sie ein «hohes Grundverständnis» für die Massnahmen zur Eindämmung der Pandemie. Die ständigen Regeländerungen seien aber für die Gastronomie kaum noch zu bewältigen.

«Schliessung oder sinnvolle Massnahmen»
Die Behörden sollten die Restaurants entweder ganz schliessen und fair entschädigen – oder aber «sinnvolle Massnahmen definieren, die ein anständiges Arbeiten zulassen». Zudem solle es 100 Prozent Kurzarbeitsentschädigung für Monatslöhne unter 4000 Franken geben.
Schliesslich sei die Gastronomie eine Tieflohn- und Teilzeitbranche. «80 Prozent sichern die Existenzen unserer Mitarbeitenden nicht.»

Ursprünglich war eine Platzkundgebung auf dem Bahnhofplatz geplant. Weil der Bundesrat am Freitag Demos mit mehr als 50 Menschen verbot, änderten die Organisatoren ihre Pläne. Das sei in Absprache mit den Stadtberner Behörden erfolgt, sagte Diego Dahinden, Pressesprecher des Kollektivs, der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Wie Dahinden sagte, sei am Samstagnachmittag ein «lautes und starkes Zeichen» gesetzt worden.
Die Demonstrierenden wurden vor dem Bahnhof in 50er-Gruppen aufgeteilt. Diese zogen dann durch die Stadt auf mehrere Plätze. Am meisten Leute – deutlich über 50 – hatte es auf dem Bundesplatz. Die Maskenpflicht wurde überall konsequent eingehalten. Die Polizei war mit einem grösseren Aufgebot präsent, blieb aber im Hintergrund.

Gebeutelte Berner Wirte
Im Kanton Bern müssen die Wirte schon seit längerem stärkere Einschränkungen hinnehmen. Ende Oktober verfügte der Regierungsrat eine Sperrstunde von 23 Uhr bis 6 Uhr früh. Ende November wollte der Regierungsrat die Restaurants ganz schliessen, liess sich aber nach Gesprächen mit der Branche auf einen Kompromiss ein.

Mit der Sperrstunde um 21 Uhr konnten die Berner Wirte nach eigenem Bekunden leben. Als der Bundesrat vor einigen Tagen den Beizenschluss um 19 Uhr aufs Tapet brachte, formierte sich der Widerstand im «Kollektiv Gastrostreik Bern».
Ohne schnelle und nachhaltige Hilfe könnten viele Lokale nicht mehr lange überleben, mahnt das Kollektiv in seinem offenen Brief. Die Gastronomie werde vernachlässigt, während andere Branchen dank Geld und Lobby bei den Behörden bevorzugt behandelt würden. Das sei «falsch und undemokratisch».
SDA

-BernerZeitung: Unzufrieden mit Corona-Politik
Gastroarbeitende streiken und ziehen durch Bern
138 Berner Gastrobetriebe fordern die Politik auf, faire Arbeitsbedingungen zu schaffen – oder einen bezahlten Lockdown.

Am Samstagnachmittag erlebte die Stadt Bern einen Protest der aussergewöhnlichen Sorte. Hunderte Beschäftigte der Berner Gastroszene gingen auf die Strasse und machten mit ihren Küchenutensilien gehörig Lärm. Die Corona-Politik des Bundesrats sowie der Berner Regierung hat viele von ihnen in existenzielle Nöte gebracht. Einerseits verhindern die restriktiven Massnahmen einen rentablen Betrieb. Andererseits ist die Politik nicht dazu bereit – wie noch im Frühling –, die Restaurants zu schliessen und sie dafür fair zu entschädigen.

Die Corona-Politik hatte sogar direkte Auswirkungen auf die Demo. Weil der Bundesrat am Freitag nicht nur die Auflagen für Restaurants verschärfte, sondern auch jene für politische Kundgebungen, musste das Gastro-Streikkomitee kurzfristig erfinderisch werden. Statt gemeinsam auf einem Platz zu demonstrieren, teilten sie sich in kleinere Gruppen à 50 Personen auf. Diese verteilten sich in Folge quer über die ganze Innenstadt. Sie nahmen den Bundesplatz, den Kornhausplatz, den Hirschengraben, den Casinoplatz, die Kleine Schanze sowie den Bahnhofplatz in Beschlag. Vor der Heiliggeistkirche warfen einige Demonstrierende Teller auf den Boden: Es sei «viel Geschirr zerschlagen» worden.

Jedoch waren einige Gruppen dann doch deutlich grösser als 50 Personen. Alleine auf dem Bundesplatz demonstrierten über 200 Leute. Die Kantonspolizei Bern liess die friedlichen Demonstrierenden aber gewähren. Die Organisatoren des Gastro-Streikkomitees hatten sich im Vorfeld eine Bewilligung von der Stadt eingeholt – ursprünglich für eine Kundgebung auf dem Bahnhofplatz.

Kanton und Bund lassen Mieter im Stich
Seinen Ursprung hatte der Gastrostreik bei eher linken und alternativen Beizern in der Stadt Bern. Jedoch haben sich innerhalb von wenigen Tagen 138 Berner Gastrobetriebe aus dem ganzen Kanton den Forderungen des Komitees angeschlossen. Eines der Anliegen ist, dass Arbeitnehmende mit einem Lohn von unter 4000 Franken eine Kurzarbeitsentschädigung von 100 statt 80 Prozent erhalten. Wegen der tiefen Löhne und des Ausfalls des Trinkgelds kommen manche fast nicht mehr über die Runden.

Weiter fordert das Gastro-Streikkomitee ein Entgegenkommen bei den Restaurantmieten. Das nationale Parlament liess eine entsprechende Vorlage während der Wintersession abschiffen. Der Kanton Bern hat – im Gegensatz zu anderen Kantonen – noch keine Lösungen für Gewerbemieter gefunden.
Während einige Beizer den Streik zwar ideell unterstützten, hatten ihre Betriebe dennoch weiter offen. Andere, wie etwa die Reitschule oder die Turnhalle, teilten nicht nur die Forderungen, sondern streikten tatsächlich. Ihre Türe waren am Samstag die ganze Zeit über geschlossen.