2002,  Antifaschismus

Urteil Neonazi-Überfälle Burgdorf

Inhalt:
1. Medienbericht


1. Medienbericht (Originalquelle: https://www.antifa.ch/skinheads-zu-16-und-12-monaten-verurteilt/ & https://www.antifa.ch/zwei-skinheads-wegen-gewalttaten-vor-gericht/)
-sda: Skinheads zu 16 und 12 Monaten verurteilt
Das Kreisgericht Burgdorf hat zwei ehemalige Skinheads zu bedingten Gefängnisstrafen von 16 und 12 Monaten verurteilt. Im Dezember 2000 hatten sie zusammen mit einem Dutzend Skinhead-Kollegen autonome Jugendliche überfallen und verletzt.
Ein 22-jähriger Maurer wurde des Angriffs, der versuchten schweren Körperverletzung, der versuchten Begünstigung sowie der Widerhandlung gegen das Sprengstoffgesetz schuldig gesprochen. Sein 20-jähriger Kollege hat sich des Angriffs, der Nötigung und des Raufhandels schuldig gemacht. Den beiden ehemaligen Skinheads wird insbesondere ein Angriff auf linksautonome Jugendliche am Bahnhof Hasle bei Burgdorf zur Last gelegt: Ein Mob von über einem Dutzend Skinheads hatte im Dezember 2000 eine kleine Gruppe von Autonomen angegriffen, mit Fusstritten eingedeckt und erheblich verletzt.

Daneben hat der ältere Angeschuldigte gestanden, eine Sprengvorrichtung gebastelt zu haben, die von Experten als sehr gefährlich eingestuft wurde. Sein Mitangeschuldigter hat zugegeben, in Yverdon an einer Massenschlägerei teilgenommen zu haben, in deren Verlauf mehrere Personen verletzt wurden.
Das Gericht habe nicht die Gesinnung, sondern einzig die Taten der Angeschuldigten zu bewerten und zu ahnden, merkte die vorsitzende Richterin Annemarie Hubschmied am Mittwoch an. Diese Taten seien als «besonders gemein» einzustufen.
«Im Mob sind die beiden Angeklagten auf eine kleine Gruppe von Jugendlichen losgestürmt, angriffslustig und brutal haben sie dann dreingeschlagen», sagte die Richterin in der Urteilsbegründung. (sda)

-DerBund: Zwei Skinheads wegen Gewalttaten vor Gericht
Als sich rund 15 Skinheads am Abend des 16. Dezember 2000 von Burgdorf aus auf den Weg ins Emmental machten, waren keine vorweihnächtlichen Gefühle im Spiel. Die Nachricht hatte die Runde gemacht, beim Bahnhof Hasle-Rüegsau habe sich eine Gruppe von «Linken» besammelt. «Man ging, um ihnen eins aufs Dach zu geben», sagte einer der beiden jungen Männer, die sich seit gestern vor dem Kreisgericht Burgdorf-Fraubrunnen zu verantworten haben. Ihnen werden unter anderem Angriff, einfache Körperverletzung und versuchte schwere Körperverletzung zur Last gelegt.

Schlag wegen Irokesenschnitt
Die Angeschuldigten bestreiten die Vorwürfe nicht. Einer der drei Jugendlichen, die sie in Hasle-Rüegsau angetroffen hätten, habe einen Irokesenschnitt getragen, sagte der heute 22-jährige S. «Ich mochte nicht lange reden, sondern habe einfach zugeschlagen.» Ob der Wucht des Schlages fiel der Getroffene rückwärts über ein Geländer und blieb nur mit Glück auf einer Auffangvorrichtung liegen andernfalls wäre er dreieinhalb Meter in die Tiefe gestürzt. S. stieg über das Geländer und traktierte sein Opfer das er nicht kannte noch mit einigen Fusstritten.

Derweil wandte sich der andere Angeschuldigte, der 20-jährige R., einem Jugendlichen zu, der infolge des Angriffs eine Unterführung hinuntergefallen und dabei verletzt worden war. «Ich rannte die Treppe hinunter und versetzte ihm zwei oder drei Fusstritte», sagte R. Laut Akten traf er sein Opfer im Gesicht. Anschliessend nahm er dem Verletzten einen Schuh mit roten Bändeln und ein Nietenband ab um mit diesen «Kriegstrophäen» später bei seinen Kameraden «bluffen» zu können, wie er sagte.
Den Angeschuldigten wird eine Reihe weiterer Delikte zur Last gelegt, die sie ebenfalls nicht bestreiten. So machte S. gegenüber der Polizei falsche Aussagen und versteckte eine Pistole, um einen Skinhead-Kollegen zu schützen. Ausserdem bastelte er aus einer Rahmbläser-Kapsel einen Sprengsatz «nur um zu schauen, ob ich es schaffe». R. wiederum wird die Beteiligung an einer Massenschlägerei in Yverdon vorgeworfen.

Distanz von der Szene?
Die beiden Männer betonten, sich seither von der Skinhead-Szene distanziert zu haben wenn auch in unterschiedlichem Masse. «Für mich ist das fertig», sagte S. Er habe keine Kontakte zur Szene mehr und verbringe seine Freizeit lieber mit Sport. Sogar sein Opfer vom Angriff in Hasle-Rüegsau sagte im Zeugenstand aus, S. habe «zum Normalen zurückgefunden». Nicht nur das: Mittlerweile komme er sogar «gut mit ihm aus».
Auch er bezeichne sich nicht mehr als Skinhead, sagte R. seinen Kollegen aus der Szene wolle er aber nicht den Rücken kehren. Einladungen an Geburtstagsfeste nehme er nach wie vor an wie etwa an jenem Tag Ende September, als es in Langenthal zu gewalttätigen Übergriffen von Skinheads auf das Jugendkulturzentrum LaKuZ und auf eine Gruppe von Türken kam. Dort, betonte R., habe er aber «selber nicht dreingeschlagen». (bwb)