2002,  Antifaschismus

PNOS-Parteitag Walkringen

Inhalt:
1. Medienbericht


1. Medienbericht (Originalquelle: https://www.antifa.ch/geheimes-treffen-von-extremisten/, https://www.antifa.ch/rechtsradikaler-aufmarsch/ & https://www.antifa.ch/frontlerparolen-fur-den-wahlkampf/)
BernerZeitung: Geheimes Treffen von Extremisten
Morgen will die rechtsextreme Partei PNOS «irgendwo im Kanton Bern» ihren Parteitag abhalten.
Morgen Samstag wird im Kanton Bern der Parteitag der PNOS (Partei national orientierter Schweizer) durchgeführt. In welcher Ortschaft er stattfindet, wollte ein Sprecher der PNOS nicht bekannt geben. «Wir wollen keine 200 Fotografen dabei haben und auch keine Polizei wie letztes Jahr», begründete er. Zu den Eidgenössischen Wahlen am 19. Oktober tritt die PNOS eine rechtsextreme Gruppierung, im Aargau mit einer Einerkandidatur an. Der angehende Unteroffizier der Schweizer Armee, Ralph Aschwanden, sei bisher in der Szene nicht in Erscheinung getreten, sagt der Zürcher Journalist Jürg Frischknecht, Kenner der rechtsextremen Szene. Im Aargau hat die Kandidatur des 21-jährigen Plattenlegers aus Wettingen keine Wellen geworfen.

Wahlausschluss illegal
Beschwerden hätten auch keine Chancen, sagte Hans-Urs Wili, Sektion Politische Rechte der Bundeskanzlei. Selbst wenn ein Kandidat wegen rassistischer Äusserungen im Gefängnis sitzen würde, könnte er nicht von der Wählbarkeit ausgeschlossen werden. Wili beruft sich dabei auf Bundesverfassung und Gesetz. Demnach können Personen von einer Wahl nur dann ausgeschlossen werden, wenn sie geisteskrank sind oder an Geistesschwäche leiden. «Die Meinungsfreiheit ist das wichtigste Grundrecht in diesem Staat», sagte Wili von der Bundeskanzlei.
Die PNOS wurde vor zwei Jahren gegründet mit dem Ziel, einen «echten Volksstaat in der Schweiz zu errichten». Sie selbst bezeichnet sich als einzige nationalistische Partei, «die sich offen für ein gesichertes Fortbestehen der Schweiz als Staat des Schweizervolkes bekennt». Auf ihrer Internetseite lehnt die rechtsextreme Gruppierung eine multikulturelle Gesellschaft ab und fordert eine Schweiz, «die, wie von alters her, fest auf den Beinen ihrer eigenen Schaffenskraft steht».

Polizeieinsatz in Basel
Der letztjährige Parteitag fand am 29. Juni in Kleinhüningen BS statt. Dabei hatte die Kantonspolizei rund 100 Personen einer Kontrolle unterzogen. Unter ihnen befand sich ein zur Verhaftung ausgeschriebener Mann. Wegen der Kontrollen habe PNOS eine Strafanzeige gegen Regierungsrat und Polizeidirektor Jörg Schild und leitende Polizeibeamte der Kantonspolizei Basel-Stadt eingereicht, sagte der PNOS-Sprecher. Markus Melzel, Sprecher der Staatsanwaltschaft, hat dies bestätigt. Die Anzeige lautet auf Freiheitsentzug, Amtsmissbrauch und Nötigung. Wegen Interessenkonflikten hat der Regierungsrat von Basel-Stadt den Fall an den ausserordentlichen Staatsanwalt Roland Winiger in Olten weitergeleitet. Beim baselstädtischen Regierungsrat seien inzwischen noch weitere Anzeigen in dieser Sache eingegangen, sagte Staatsanwalt Winiger. Falls der Regierungsrat auch diese an ihn weiterleite, könne er erst etwa in ein, zwei Monaten sagen, ob es zu einer Einstellung des Verfahrens oder zu einer Anklage komme. sda

BernerZeitung: Rechtsradikaler Aufmarsch
Gegen 50 Rechtsradikale trafen sich am Wochenende in Walkringen zum geheimen Parteitag. Antifa-Demonstranten störten zuvor den konspirativen Treffpunkt. Die Polizei liess beide gewähren.
Zuerst lief alles wie geplant: Am Samstagmittag, kurz vor zwölf, trafen die ersten Rechtsextremisten beim Bahnhof Hasle-Rüegsau ein. Am konspirativen Treffpunkt, der erst kurz vor dem Parteitag den Gesinnungsgenossen bekannt gegeben wurde, versammelten sich innerhalb einer Viertelstunde zwischen 10 und 20 Personen. Von dort wurden sie in den «Bären» Walkringen geschickt – zum geheim gehaltenen Treffpunkt der Partei National Orientiert Schweizer (PNOS). Vor wenigen Tagen war nur durchgesickert, dass sich die aus den Hammerskins entstandene Organisation im Kanton Bern zu einem Parteitag treffen wollte (diese Zeitung berichtete). Der Treffpunkt Hasle-Rüegsau wurde darauf via Handy verbreitet.

Bernhard Schaub verjagt
Doch die Vereinigung (gemäss Parteiprogramm «radikal – sozial – national»), die jeweils auch den Neonaziaufmarsch aufs Rütli am 1. August organisiert, musste sich kurzum neu orientieren: Nicht alle konnten planmässig weiter ans Nationalistentreffen nach Walkringen fahren. Ausgerechnet der bekennende Holocaustleugner Bernhard Schaub, der mit einigen PNOS-Exponenten vor dem Bahnhof auf Nachzügler wartete, musste sich im Dorfzentrum verstecken: Um 12.45 trafen mit der S-Bahn im Bahnhof rund 70 Antifa-Demonstranten ein, skandierten lautstark Parolen gegen Faschisten und jagten das verbliebene, sichtlich überraschte Grüppchen davon. Eine gute Stunde «besetzten» sie den Bahnhof, «damit nicht noch mehr Neonazis an den Parteitag gelangen», wie ein Antifa-Sprecher sagte. Triumphierend wühlten darauf die vermumten Aktivisten in zwei Autos, darunter Schaubs BMW, und frohlockten mit den Ausweisen des 49-Jährigen.
Auch wenn ein Parteisprecher der rechtsnationalen Organisation anschliessend betonte, Schaub sei nicht Mitglied der PNOS, gilt dieser als eigentlicher ideologischer Führer der neuen rechtsnationalen Bewegung. Er gehört zwar dem Parteivorstand inzwischen nicht mehr an.Dochdie Zeitung «Deutsche Stimme» der rechtsextremen Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) bezeichnete Schaub als Verfasser des PNOS-Parteiprogramms. Dennoch sagt ein PNOS-Exponent, Schaub nehme an der Versammlung in Walkringen nur «als Besucher» teil.

Immerhin, Schaub hatte für seinen Besuch im Kanton Bern vorgesorgt: In seinem Auto fanden die Antifa-Demonstranten zahlreiches Propagandamate rial, darunter diverse Musik-CDs (z. B. Marschmusik der Waffen-SS), ein Liederbuch des Freibunds sowie Stapel seiner eigenen Pamphlete «Reich Europa». Darin schwärmt Schaub von einem «neuen Reich», das «von einer höheren Einheit beseelt» wird und dessen «Reichsregierung» die Vermischung der Völker verhindern werde.
Dutzendweise gefunden wurde auch Schaubs 12-seitiges Blättchen «Leitsätze» der Nationalen Ausserparlamentarischen Opposition der Schweiz (NAPO). Diese sieht sich als «Sammelbewegung für den echten nationalen Widerstand in der Schweiz». Im Hetzblatt heisst es auch: «Wir betrachten Kulturfremde und Fremdrassige in unserem Land und in Europa als Zivilbesatzer.» Noch am Samstagabend liessen Antifa-Verantwortliche verlauten, sie hätten in Schaubs Auto auch sein Adressbuch mit 339 Einträgen sowie sein Handy mit 250 Telefonnummern gefunden. Arbeit für die Polizei gab es nur am Rand: In Hasle-Rüegsau war sie anfänglich gar nicht vor Ort, später hielt sie sich gegenüber der Antifa ebenso im Hintergrund wie in Walkringen beim Parteitag der Rechtsextremen.

Polizei kontrolliert
Es sei darum gegangen, eine Konfrontation zu vermeiden, sagte gestern ein Sprecher der Kantonspolizei. Am Ende des PNOS-Parteitages in Walkringen habe die Polizei sämtliche knapp 50 Besucherinnen und Besucher kontrolliert, liess die Kantonspolizei verlauten. Ob darunter auch der NPD-Mann John Bürgel gewesen sei, wollte die Polizei nicht bestätigen. Rechtsradikales Propagandamaterial sei keines sichergestellt worden – auch nicht in den beiden von den linken Aktivisten demolierten Fahrzeugen. Ermittlungen zu Sachbeschädigungen seien im Gang. ·
Die ersten Parteianhänger besammeln sich in Hasle-Rüegsau, von wo aus sie nach Walkringen reisen sollen …
.. doch plötzlich kommt ein Zug voller Antifas an. Diese jagen das Grüppchen von rechts davon.

der auftritt der PNOS
«Moderat, eher rechts»
Die Partei National Orientierter Schweizer (PNOS) präsentiert sich in den letzten Monaten gegen aussen betont moderat. Die Zeit der kahl rasierten Köpfe ist vorbei, an der Veranstaltung waren nur wenige der rund 50 vorwiegend jungen Personen (darunter etwa ein Dutzend Frauen) kurz geschoren. Man gibt sich schick angezogen im weissen Hemd.
Am Rand ihres Parteitages in Walkringen liessen die Rechtsnationalen süffisant verlauten, im Gegensatz zur gewalttätigen Antifa-Bewegung sei die PNOS «gewaltlos». Und: Die Umweltpolitik gleiche jener der Grünen, die Familienpolitik sei fast wie jene der CVP, nur bei der Ausländerproblematik sei man «eher rechts», sagte der 21-jährige Ralph Aschwanden. Er, der im Kanton Aargau für den Nationalrat kandidiert, meint zur Position in der Ausländerpolitik: «Wir sind nicht so wie die SVP, die nur spricht und dann doch nichts macht.»

Laut einem anderen PNOS-Exponenten habe die rechtsnationale Partei auch im Kanton Bern über eine Nationalratsliste nachgedacht. Doch der von ihnen angefragte – und seit Jahren einschlägig bekannte – Rechtsradikale Roger Wüthrich winkte ab. Am Parteitag in Walkringen trat als Gastredner «der Herr von der NPD» auf, wie der Parteisprecher den Deutschen John Bürgel nannte. Bürgel aus Süddeutschland ist Mitglied der rechtsextremen Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD). An der Veranstaltung dabei war Bernhard Schaub, der seit Jahren rechtsnationale Parolen herausgibt, den Genozid an den Juden im Zweiten Weltkrieg bestreitet und immer wieder vor Rechtsextremen in Deutschland referiert. Am 1. August formierte Schaub in Brunnen die angereisten Rechtsextremen zu einer Viererkolonne, die darauf nationalistische und ausländerfeindliche Parolen grölten und ungehindert durch den Ort marschierten.

Kollegial begrüsst wurde in Walkringen auch der 25-jährige Sascha Kunz, bis vor wenigen Monaten Präsident der PNOS. Laut einem Parteisprecher ist Kunz inzwischen aus der Partei ausgetreten. Kunz betrieb vor zwei Jahren in Rheinfelden einen Skinhead-laden, verkaufte Neonazimusik, Reichkriegsflaggen und Skinheadkleider. Weil Kunz einst Mitglied von «Blood and Honour» war und einen «unfähigen» Vorstand um sich hatte, wie ein PNOS-Aktivist im Vorfeld der Versammlung sagte, habe er sein Präsidentenamt abgegeben. Inzwischen hat die Partei eine neue Struktur: Es gibt nur noch einen «Vorsitzenden», dessen Kompetenz sich auf die Leitung der Delegiertenversammlung beschränkt, wie ein PNOS-Sprecher sagt. Damit liege die Macht bei den einzelnen Sektionen. «Vorsitzender» ist der bisherige Vizepräsident Jonas Gysin, ein langjähriger Mitstreiter von Kunz.
Im Kanton Bern verfügt die PNOS über ein Postfach in Aefligen

SonntagsZeitung: Fröntlerparolen für den Wahlkampf
Rechtsextreme PNOS will in den Nationalrat und wirbt mit einem nationalsozialistischen Sujet
AARAU · Sie sei die «Partei des modernen Nationalismus», behauptet die Partei National Orientierter Schweizer (PNOS), die im Kanton Aargau an den Nationalratswahlen teilnimmt. Doch ihr Wahlplakat hat sie bei ihren ideologischen Grossvätern bezogen, bei der Nationalen Front, der grössten nationalsozialistischen Schweizer Organisation der Zwischenkriegszeit.

«Wir säubern», hetzte die Nationale Front im Herbst 1933 anlässlich der Zürcher Gemeinderatswahlen. Aus der Schweiz hinausbugsierte ein «eiserner Besen» Bonzen, Kommunisten (erkennbar an Hammer und Sichel auf den Hüten) und Juden, charakterisiert durch Hakennasen. Mit einem nahezu identischen Plakat wendet sich nun die PNOS an «aufrechte Aargauer».
Ebenfalls aus nationalsozialistischer Quelle stammen mehrere Punkte des Parteiprogrammes. Staatsangehöriger etwa könne nur werden, «wer der eigenen oder einer verwandten Volksgruppe» angehöre. Weiter fordert die PNOS die «zügige Rückführung kulturfremder Ausländer in ihre Heimat».

Auf Anfrage verwahrt sich Jan Werfeli, Pressesprecher der PNOS, gegen diese «freien Interpretationen» des Plakates. Nach Verweisen auf die einschlägigen Zeichen und Symbole (Hammer und Sichel, Hakennase) verspricht er einen Anruf jener Person, die das Plakat «initiiert» habe. Der Anruf blieb jedoch bis Redaktionsschluss aus.
Die PNOS wurde Anfang September 2000 in Liestal gegründet und hat heute «Stützpunkte» in Basel, Aarau, Bern sowie im Engadin. Noch im Frühjahr kündigte die rechtsextreme Partei an, sie werde sich in mehreren Kantonen an den Wahlen beteiligen, so in Basel-Stadt und Bern. In Basel-Stadt habe sie zwar die notwendigen Unterschriften gesammelt, doch trete sie nun «aus strategischen Gründen» nicht an, berichtet die PNOS auf ihrer Homepage. Im Kanton Schwyz dagegen hat die PNOS gemäss Informationen des «Boten der Urschweiz» die Wahlunterlagen bestellt, aber noch keine Kandidatur eingereicht. Nur im Kanton Aargau hat die PNOS bisher ihre Ankündigung in die Tat umgesetzt und beteiligt sich mit einem einzigen Kandidaten an den Nationalratswahlen. Ralph Aschwanden, ein 21-jähriger Plattenleger aus Wettingen AG, ist bislang nicht in der Öffentlichkeit aufgetreten, obwohl er gemäss PNOS-Angaben «schon früh als begeisterter und begabter Aktivist» aufgefallen sei. Nichts aufgefallen ist hingegen der Schweizer Armee. Zurzeit verdient der Rechtsextremist seinen Unterofffiziersgrad ab.
Im Bericht zur Inneren Sicherheit 2002 schreibt der Inlandnachrichtendienst des Bundes, die PNOS versuche «die relativ unpolitischen kleinen Gruppen von Skinheads und Rechtsextremen zu politisieren». Eine Erwähnung im Staatsschutzbericht zieht allerdings keinen Ausschluss von den Wahlen nach sich – auch extreme Parteien dürfen sich an den Wahlen beteiligen.