2003,  Demo,  Repression

Polizeispalier & Rev. Block AHV-Demo

Inhalt:
1. Bericht
2. Bilder
3. Medienbericht

1. Bericht (Originalquelle: http://ch.indymedia.org/de/2003/09/14040.shtml)
Convergence des luttes anti-capitalistes et anti-autoritaires Claaac/CH
Grossartige Demonstration und Polizeiprovokationen in Bern
40’000 TeilnehmerInnen, ArbeiterInnen, RentnerInnen, Arbeitslose, prekär Abeitende und Jugendliche sind dem Aufruf der Gewerkschaften gefolgt und haben eindrücklich ihre Ablehnung gegenüber den neoliberalen Rentenabbauprojekten der Bürgerlichen demonstriert. Wir rufen die Gewerkschaften auf, diese Mobilisierung fortzusetzen und die Erwartungen ihrer Mitglieder nicht zu enttäuschen. Wir haben es mit einer sozialen Demontage auf breiter Front zu tun. Jetzt sind weitere Kampfmassnahmen bis und mit Streik gefragt.
Wir haben die Mobilisierung zu dieser Demonstration unterstützt und zu einem eigenen libertären schwarz-roten Block aufgerufen. Schon an unserem vorgesehenen Treffpunkt waren Polizeigrenadiere demonstrativ aufgestellt. Als wir uns in die Demonstration einreihten tauchten plötzlich ca. 80 Polizeigrenadiere auf, die sich entlang unseres Blockes als Spalier aufstellten und die ganze Demo lang „begleiteten“. Die Stimmung war natürlich entsprechend gereizt. Wieder einmal war es unserer Selbstdisziplin zu verdanken, dass es nicht eskalierte.
Bei dieser sinnlosen „Übung“ gab es mehrere „Kollateralschäden“ seitens der „Ordnungs“-Kräfte: Beschädigungen am Lack parkierter Autos, sowie Abbrechen eines Rückspiegels, Überrennen von einem Kleinkind, Niederschlagen von zwei sich solidarisierenden GBI-Arbeitern. Es gab nie einen Anlass für diese zahlreichen Provokationen seitens der Polizei. Die Lage spitzte sich vor der Bühne am Aargauerstalden mit einer Einkesselung des libertären Blockes und anderen Demonstrierenden zu. Dank der Solidarisierung seitens der DemonstrantInnen und Gewerkschaftsleuten konnten wir schliesslich gemeinsam über Umwege Richtung Schützenmatte abziehen.
Wir verurteilen diesen Schritt zu „deutschen Verhältnissen“, die eine unzulässige Einschränkung der Meinungs- und Demonstrationsfreiheit gleichkommt und ein Versuch radikale Systemkritik zu unterdrücken und zu kriminalisieren, wie dies in den letzten Wochen gegenüber Anti-GlobalisierungsaktivistInnen in Genf und Demonstrierenden in Zug mit willkürlichen Verhaftungen geschieht.
Wir verstehen nicht, wo da die „Deeskalationsstrategie“ der Berner Polizei geblieben sein soll!? Aus unserer Sicht hat es sich da gegenüber wasserfallschen Zeiten gar nichts geändert – Unter dem Deckmantel der Deeskalation verfolgen Begert und Blumer eine Kriminalisierungs- und Repressionsstrategie, die sich sowohl im Alltag wie an Demos manifestiert. Eine solche Politik wird zwangsläufig zu Zwischenfällen führen.

Claaac/CH, Anti-WTO Koordination Bern, Libertäre Antifa, Antifa Thun, Antifa Biel, Büro für bessere Zeiten Biel, OSL CH, FAUCH, Autonome und anarchistische Gruppen Bern, Augenauf Bern, Ermittlungsauschuss Bern/Anti-Rep Lausanne, Neue Autonome Bewegung Solothurn NABS, Frauengruppe Bern


2. Bilder (Originalquelle: http://ch.indymedia.org/de/2003/09/14053.shtml & http://ch.indymedia.org/de/2003/09/14035.shtml)


3. Medienbericht (Originalquelle: http://ch.indymedia.org/de/2003/09/14069.shtml)
Bund 24.9.2003
Die neue Taktik der Stadtpolizei
BERN Die Berner Stadtpolizei hat vergangenen Samstag an der Kundgebung «Hände weg von der AHV» den so genannten Schwarzen Block mit zwei Spalieren von Grenadieren begleitet: Vermummte und Polizisten marschierten Schulter an Schulter. Der stellvertretende Kommandant der Stadtpolizei, Hansueli Bäbler, sagt zu dieser für Bern neuen Taktik, dass das Auftreten der Polizeigrenadiere zwar das Risiko in sich geborgen habe, gewalttätige Reaktionen zu provozieren. Aber: «Das Risiko von Ausschreitungen wäre noch grösser gewesen, wenn wir im Hintergrund geblieben wären.» Mit ihrem Vorgehen habe die Polizei das Ziel verfolgt, «allfällige Ausschreitungen und Sachbeschädigungen im Keime zu ersticken». Diese Taktik sei auch in Zukunft eine Option. (sbü)

Polizei und Vermummte Schulter an Schulter
Am Samstag «begleiteten» Polizeigrenadiere den Schwarzen Block an der Grosskundgebung zur AHV in Bern – Polizeioffizier Bäbler äussert sich zu dieser Taktik
Am letzten Samstag setzte die Stadtpolizei Bern eine neue Taktik ein: An der Kundgebung «Hände weg von unserer AHV» begleiteten zwei Spaliere von Polizeigrenadieren eine Gruppe von zirka einem Dutzend Vermummten sowie den «libertären schwarz-roten Block» die Leute bezeichnen sich selbst so während des Demonstrationszugs durch die Altstadt bis zum Aargauerstalden. Der Schwarze Block und die Grenadiere marschierten dabei Schulter an Schulter. Das war zuvor in Bern so noch nie zu sehen.

«Musterbeispiel an Deeskalation»
In einer Mitteilung bezeichneten die linksradikalen Gruppen das Vorgehen der Polizei als «unzulässige Einschränkung der Meinungs- und Demonstrationsfreiheit» und als eine Provokation: Es sei allein der Selbstdisziplin des Blocks zu verdanken gewesen, dass es zu keinen Ausschreitungen gekommen sei. Und es wurde gefragt, wo denn die deeskalative Strategie der Stadtpolizei Bern geblieben sei? «Dieser Einsatz war ein Musterbeispiel an Deeskalation», antwortet darauf Hansueli Bäbler, stellvertretender Kommandant der Stadtpolizei: «Indem wir so eng bei dem Schwarzen Block präsent waren, versuchten wir allfällige Ausschreitungen und Sachbeschädigungen im Keime zu ersticken.» Die Taktik habe sich bewährt, es seien ihm effektiv keine Sachbeschädigungen bekannt. Indes bestätigt Bäbler, dass dieses Auftreten der Polizeigrenadiere das Risiko in sich barg, gewalttätige Reaktionen zu provozieren. Aber: «Das Risiko von Ausschreitungen wäre noch grösser gewesen, wenn wir im Hintergrund geblieben wären.» Nun war es aber nicht das erste Mal, dass der Schwarze Block in einem Demonstrationszug mitmarschierte. Erinnert sei hier an die Friedenskundgebung vom 22. März, als eine Gruppe Vermummter auf dem mit Tausenden von friedlich Demonstrierenden überfüllten Bundesplatz auf die Polizei losging. Warum wurde diese Taktik der «engen Begleitung», wie Bäbler sagt des «mobilen Kessels», wie sie sich auch beschreiben liesse , gerade jetzt angewandt? Warum nicht schon früher?

Taktik ist schon länger bekannt
Als Möglichkeit sei diese Einsatztaktik der Stadtpolizei seit längerem bekannt, erklärt der stellvertretende Polizeikommandant, andere Korps in der Schweiz und im Ausland hätten sie bereits erfolgreich angewandt. «Auch wir haben uns schon früher überlegt, ob wir so vorgehen wollen.» Doch erst am letzten Samstag, für die Kundgebung «Hände weg von unserer AHV», sei es «die optimale Taktik» gewesen, so Bäbler. Es habe in diesem Demonstrationszug eine aussergewöhnlich hohe Zahl an Rentnern sowie Familien mit Kindern gehabt. Darum habe die Stadtpolizei gleich von Beginn weg jedwelche Sachbeschädigung und Ausschreitungen durch den so genannten Schwarzen Block unterbinden wollen. Denn: «Wenn wir mit polizeilichen Mitteln gegen Randalierer hätten eingreifen müssen, wären sehr viele unbeteiligte Leute in Mitleidenschaft gezogen worden.» Die linksradikalen Gruppen haben im Vorgehen der Stadtpolizei eine «Kriminalisierung radikaler Systemkritik» gesehen und in einem Communiqué darauf hingewiesen, dass die Polizei den Schwarzen Block eingekesselt habe, ohne dass es dafür irgendeinen Anlass sprich: Sachbeschädigungen gegeben habe. Den Vorwurf kontert Bäbler mit dem Verweis auf die Erfahrungen im vergangenen Frühling: «Es handelte sich bei dem Schwarzen Block um Personen aus jenem Umfeld, von dem Anfang Jahr Sachbeschädigungen in der Höhe von mehreren 100’000 Franken verübt wurden.» Vor diesem Hintergrund sei die «enge Begleitung dieser Leute legitim und verhältnismässig» gewesen. Unverhältnismässig wäre es hingegen, «friedlich demonstrierende Rentnerinnen und Rentner auf diese Art unter polizeiliche Kontrolle zu nehmen».

«Heute richtig, morgen falsch»
Mit ihrem ungewöhnlichen Einsatz hat die Stadtpolizei Bern am Samstag demonstriert, dass sie bezüglich Taktik über ein breites Spektrum an Möglichkeiten verfügt. Man könnte das offensive Auftreten der Grenadiere auch als Zeichen an den Schwarzen Block deuten, dass künftig mit einer härteren Gangart zu rechnen ist vielleicht auch als Reaktion auf Kritik aus bürgerlichen Kreisen, die Stadtpolizei sei im Berner Demo-Frühling zu wenig entschieden gegen Randalierer vorgegangen. Bäblers Antwort auf solche Vermutungen fällt kurz aus: «Die Begleitung des Schwarzen Blocks war am Samstag einfach die bestmögliche Taktik.» Das müsse aber in Zukunft nicht immer so sein: «Was heute richtig ist, kann morgen falsch sein.» Mit anderen Worten: Die Einsatztaktik bei Kundgebungen werde weiterhin von Fall zu Fall entschieden, als Grundlage diene jeweils eine Analyse des Gewaltpotenzials, das von den Teilnehmenden an einer Demonstration ausgehe. «Wir werden uns jedesmal überlegen, ob es besser ist, im Hintergrund zu bleiben oder offensiv Präsenz zu markieren», sagt Bäbler.