2006,  Demo,  Ökologie,  WEF

Dance out WEF

Inhalt:
1. Aufruf
2. Medienbericht


1. Aufruf (Originalquelle: http://ch.indymedia.org/de/2005/12/37178.shtml)
Am 14. Januar 2006 führen wir zum vierten Mal die Tanzparade „Dance out WEF“ durch. Wir wollen so unseren Unmut darüber kundtun, dass am World Economic Forum in Davos einmal mehr hinter Verschlossenen Türen über die Zukunft von uns allen entschieden wird. Wir akzeptieren nicht, dass einige wenige ohne Rücksicht auf soziale und ökologische Aspekte und jenseits von nachhaltigen, zukunftsorientierten Grundsätzen nur immer weiter ihre eigenen Taschen füllen. Mit einer beängstigenden Gleichgültigkeit wird der Spalt zwischen Arm und Reich ständig vergrössert – vielleicht nicht einmal gewollt, aber doch bewusst in Kauf genommen.
Jedes Jahr hören wir wieder die gleichen schönen Worte am Open Forum: Zusammen mit pressewirksam in die Kamera lächelnden VIPs aus Musik- und Showbusiness erzählen uns die Hohen, wie wichtig es ist, Afrika zu helfen. Fakt ist jedoch, dass keine Hilfe kommt, solange nicht klar ist, wer wie viel an diesen Hilfsaktionen verdient.

Wir fordern eine sozial verträgliche, ökologisch nachhaltige Wirtschaft:
Eine Wirtschaft für Menschen und nicht Menschen für die Wirtschaft. Eine Wirtschaft, welche die Menschen ernährt, ihnen Arbeit gibt und nicht aus Profitgier Arbeitsplätze wegrationalisiert und die verarmten Menschen ohne Zukunftsperspektiven am liebsten gerade mit verschwinden lassen würde.
Wir wollen eine Politik, die es nicht nötig hat, den wenigen Reichen endgültig alle ethischen Schranken im Wirtschaftssystem weg zu liberalisieren und ihnen die letzten Steuern zu erlassen, um dann zwecks Stabilisierung des Staatshaushalts bei Schulen, Spitälern, Fürsorge und anderen für die Allgemeinheit geschaffenen Institutionen den Sparhebel anzusetzen.

Denn wenn diese Entwicklung so weiter geht, wenn sich einmal der grösste Teil der Bevölkerung als Verlierer dieser politisch unkontrollierbar gewordenen Entwicklung sieht, wird sich die Angst und – dadurch ausgelöst – der Egoismus und die Gleichgültigkeit in der Gesellschaft so weit zuspitzen, dass nicht nur ein paar Autos angezündet werden, sondern sich der Flächenbrand ausweitet und nur noch durch totalitäre, gewaltsame Massnahmen („Big Brother“, Polizei-/ Militäreinsatz) oder einem riesigen Aufgebot an Psychiatern im Griff gehalten werden kann, und unser Wirtschaftssystem wird endgültig an der ruinierten Gesellschaft erliegen.
Betroffene zu Wort kommen lassen!
Wir wollen ein WEF, das es nicht nötig hat, sich hinter diesem millionenteuren Schutz zu verbergen und nur jene sprechen zu lassen, welche mehrere 10’000 Fr. zahlen können – aus Angst, es könnte genau diese Kritik angebracht werden. Wir wollen ein WEF, bei dem die direkt Betroffenen zu Wort kommen: Versklavte Kinder, Naturvölker, deren Lebensraum durch wirtschaftliche Interessen zerstört und geplündert wird, Bauern, deren Existenzgrundlage zugunsten der Weltmarktliberalisierung vernichtet wird, Opfer von Umweltkatastrophen und Kriegen und vor Allem von Experten, welche nicht von Eigeninteressen der Wirtschaftsmächte abhängig sind.

Wir alle können etwas ändern!
Wir können Begehren und Konsumdenken nicht einfach abschaffen. Sehr wohl aber können wir die Menschen sensibilisieren und ein neues Bewusstsein schaffen, das Fair-Trade und lokale Produktion fördert und Güter der internationalen Grosskonzerne soweit als möglich boykottiert. Wir versuchen dies mit Musik und Tanz, mit einem kollektiven Erlebnis, das mit wenigen Mitteln vielen Leuten Freude bereiten soll, ohne anderen zu schaden. Eine Strassenparty, bei der nicht sinnlos konsumiert wird, sondern bei der politische Inhalte und soziale, nachhaltige Grundsätze vermittelt werden.
Bis jetzt sind unsere Anlässe immer friedlich und ohne Vandalismus verlaufen. Da wir unser Parade auch diesmal wieder mit dem gleichen Demoschutzkonzept planen und da die Gespräche mit der Polizei sehr konstruktiv verlaufen sind, sind wir überzeugt, auch diesmal wieder eine friedliche und vielseitige Parade durchführen zu können.

2. Medienbericht (Originalquelle: http://ch.indymedia.org/de/2006/01/37597.shtml)
Rund 500 Teilnehmer
„Reiche Herzen statt fette Gewinne“ – so stand die Botschaft klar und deutlich auf dem riesigen Transparent geschrieben, mit welchem die rund 500 Teilnehmer ihre Parade anführten. Dieser Satz fasste die Botschaft gut zusammen, welche die überwiegend Jugendlichen der Welt mitteilen wollten. Mit einer friedlichen, fröhlichen und lautstarken Parade zogen sie gestern vom Bärengraben durch die Berner Innenstadt bis auf den Bundesplatz, wo sie während zwei Stunden zu politischen Reden und dem nicht weniger politischen Sound von Greis und diversen Goa-DJ’s abtanzten.
Dort hatten die jugendlichen Globalisierungskritiker bereits zwei Tage zuvor für Aufmerksamkeit gesorgt. Mit einer Pressekonferenz auf dem Bundesplatz machten sie auf ihre kommende Aktion und ihre Forderungen an die politische und wirtschaftliche Schweiz aufmerksam.
Kreativer Protest und konstruktive Kritik
Bei schönem Wetter und strahlender Sonne vergnügten sich die vielen jungen Menschen mit ausgelassenen Tänzen auf der Strasse. Die Stimmung war ganz anders als diejenigen, welche von den Medien von vergangenen Anti-WEF-Protesten kritisiert wurden. Es scheint eine ganz neue, konstruktive Art von Kritik am WEF geboren zu sein. Die Teilnehmer der Parade tanzten für eine wärmere Welt und überwanden den eisigkalten Wintertag. Sie waren glücklich mit wenig, und rissen viele Passanten in ihrer Lebensfreude mit – Glück ohne der Welt und anderen Menschen zu schaden sei möglich, war ihre Botschaft.

In dieser Form nicht tolerierbar
„Wir wollen so unseren Unmut darüber kundtun, dass am World Economic Forum in Davos einmal mehr hinter verschlossenen Türen über die Zukunft von uns allen entschieden wird“, steht im Aufruf zur Tanzparade. Für die Organisatoren steht fest: Ein Weltwirtschaftsforum wäre nur zu tolerieren, würden die betroffenen zu Wort kommen. Beispielsweise versklavte Kinder, Naturvölker, deren Lebensraum durch wirtschaftliche Interessen zerstört und geplündert wird, Bauern, deren Existenzgrundlage zugunsten der Weltmarktliberalisierung vernichtet wird, Opfer von Umweltkatastrophen und Kriegen. Eine Liste, die man noch lange fortsetzen könnte.
Allgemein forderte man eine soziale und ökologisch nachhaltige Wirtschaft. Eine Wirtschaft für Menschen und nicht Menschen für die Wirtschaft. Auch wolle man eine Politik, welche sich auf die wahren Werte der Demokratie und der gleichen Rechte eines jeden Menschen beruht, und es nicht nötig hat, den „wenigen Reichen in den Arsch zu kriechen“, ihnen die Steuern zu erlassen und anschliessend beim Sozialstaat zu sparen.

Das Bewusstsein der Menschen sensibilisieren
Doch im Gegensatz zu den vergangenen Protesten gegen das WEF wollen die jungen Tänzer und Tänzerinnen auch einen Lösungsweg aufzeigen. Man könne Konsumdenken zwar nicht einfach abschaffen, sehr wohl aber können die Menschen sensibilisiert werden und ein neues Bewusstsein erlangen. Darum geht es ihnen nämlich. Um ein ganz neues Bewusstsein, oder eben gerade um ein Bewusstsein – entgegen dem unbewussten Handeln und Konsumieren der heutigen Gesellschaftsmehrheit. Und dazu soll die Parade vor allem beitragen. Die Teilnehmer versuchten so die Problematiken mit Musik und Tanz und einem kollektiven Erlebnis, welches mit wenigen Mitteln vielen Leuten Freude bereiten kann, darzustellen.
Immer ein präsentes Thema
Das „Dance out WEF“ soll sich jedoch nicht nur auf die paar Wochen im Januar beschränken, wo das Thema durch das WEF in Davos in der Öffentlichkeit präsent ist. Die Wirtschaftsweise, welche an diesem Anlass vertreten werde, präge uns das ganze Jahr hindurch in unserem Alltagsleben, so die Organisatoren. Daher ist die nächste Tanzparade bereits für den 26. August 2006 geplant.