2006,  Besetzung,  Politische Gefangene,  Repression,  Türkei & Rojava

Besetzung Schweizer Radio DRS & Radio Bern (Erdogan E.)

Inhalt:
1. Communiqué
2. Medienbericht
3. Bilder

1. Communiqué (Originalquelle: http://ch.indymedia.org/de/2006/09/43257.shtml)
Im Rahmen der kollektiven Solidaritätsinitiative „Drinnen und Draussen – der gleiche Kampf“ gelang es heute morgen um 10:30 Uhr zehn AktivistInnen der Berner Aktionsgruppe Free Erdogan, mit einem Trick in die Büros und die Studioräume des Schweizer Radios DRS an der Schwarztorstrasse vorzudringen. Im 3. Stock hängten sie ein Transparent mit der Parole „Freiheit für Marco und Erdogan“ aus dem Fenster. Vor dem Gebäude demonstrierten derweil weitere 20 AktivistInnen lautstark. Die BesetzerInnen versuchten die MitarbeiterInnen von Radio DRS davon zu überzeugen, eine Botschaft (siehe unten) für den Politischen Gefangenen Erdogan Elmas abzuspielen. Was diese jedoch hartnäckig ablehnten. Schlussendlich wurde man sich einig, dass Radio DRS zum „Fall“ Erdogan recherchieren werde und über den „Fall“ berichten werde. Nach einer halben Stunde konnten die AktivistInnen abziehen, ohne dass es der vor dem Gebäude anwesenden Polizei gelang, sie zu kontrollieren.

Kurz vor 12:00 Uhr schafften es die AktivistInnen in die Räumlichkeiten von Radio Bern (RABE) zu gelangen, und die dort anwesenden MitarbeiterInnen zu überzeugen, während des „Mittagsinfo“ eine Botschaft für Erdogan abzuspielen. Auch hier gelang es den BesetzerInnen unbehelligt abzuziehen.

Anbei noch die abgespielte Botschaft:
Werte Zuhörerinnen und Zuhörer, dies ist eine wichtige Durchsage für den politischen Gefangenen Erdogan E.
Seit Montag, 11. September 2006 befinden sich Erdogan E. und Marco Camenisch gemeinsam in einem befristeten Hungerstreik gegen die Auslieferung Erdogan Es. an den Folterstaat Türkei und gegen die Kollaboration der Schweiz mit diesem.

Wer ist Erdogan E.?
Seit dem 21. Februar 2006 sitzt Erdogan E. bereits in Auslieferungshaft. Das Bundesamt für Justiz beantragt seine Auslieferung an die Türkei, obwohl erwiesenermassen, auch mittels ärztlicher Zeugnisse, die ihn belastenden Aussagen unter Folter erzwungen und später wieder zurückgenommen wurden. Trotz der Tatsache, dass die für diesen Vorwurf verurteilten Leute Erdogan E. auf keinem ihnen gezeigtem Foto wiedererkannten, beharrt die türkische Schein-Justiz darauf, Erdogan E. habe als 15jähriger an einer Aktion der revolutionären Organisation DHKP-C teilgenommen, bei der ein Polizist sein Leben verloren habe. Erdogan bestreitet nicht sein politisches Engagement, wohl aber den Tatvorwurf. Erdogan E. darf nicht an die Türkei ausgeliefert werden! Der Entscheid wird demnächst in letzter Instanz vom Bundesgericht gefällt.

Ist das Asylrecht Vergangenheit?
Menschen, die gefoltert wurden, erhielten bis anhin in der Schweiz Asyl. Offensichtlich aber nicht mehr, seitdem in Bern ein Wind weht, der solch verbrecherische Gesetze wie dasjenige im Asyl- und Ausländerwesen hervorbringt. Statt Ausbeutung und Unterdrückung fällt diesen Ausschaffungswettstreitern beim Stichwort Flucht und Migration nämlich nichts gescheiteres ein, als „Missbrauch“ zu schreien und dabei eine Lüge nach der anderen aufzutischen.

Heute Erdogan E., wer morgen…?
Erdogan E. setzte sich in der Türkei bereits als Jugendlicher konsequent und revolutionär gegen Ausbeutung, Unterdrückung und Faschismus ein und führt diesen Kampf auch hier an seinem Fluchtort fort. Den Schweizer Behörden ist dies ein Dorn im Auge! Am liebsten hätten sie wohl einen reuigen, geknickten Ausschaffungshäftling, der in seiner Zelle deprimiert auf seine Auslieferung wartet. Erdogan E. aber kämpft um seine politische Würde, gegen Faschismus und gegen die Kollaboration des Schweizer Staates mit dem Folterstaat Türkei. Er weiss, dass er ein Präzedenz“fall“ ist, dass wenn diesem Auslieferungsgesuch stattgegeben wird, sich die Liste der türkischen Auslieferungsanträge mit politisch Verfolgten füllen wird. Die Türkei macht nicht nur auf die Schweiz, sondern auch auf andere europäische Staaten Druck, um endlich die in diese Staaten geflüchteten Oppositionellen in den türkischen Isolationsknästen verschwinden lassen zu können. Obwohl bekannt ist, dass alle, die in der Türkei wegen politischer Aktivitäten verhaftet werden, danach der Folter unterworfen sind, will die Schweiz Erdogan E. ausliefern. Diese Kollaboration mit einem Folterstaat stört offenbar den Bundesrat nicht.

Solidarität mit Erdogan E. soll abgewürgt werden
Erdogan E. ist mit seinem Kampf nicht alleine! Das Bundesamt für „Justiz“ versucht die wachsende Solidarität mit zahlreichen Verlegungen zu zersplittern. Das Kalkül aber geht nicht auf, denn da wo er hinkommt, bildet sich neue Solidarität. Im Kampf gegen die wachsende Solidarität scheut der Schweizer Staat auch nicht vor der Drohung zurück, bei weiteren Mobilisierungen und Aktionen Erdogan E. in einen geheimen Knast verlegen zu lassen, die BesucherInnenliste zu reduzieren und den Anwalt nur noch dann zuzulassen, wenn es absolut notwendig ist. Was konkret bedeuten würde, dass der Anwalt seine Besuche bei Erdogan zuerst darlegen und rechtfertigen muss! Recht auf Verteidigung ade! Ein Vorgehen, das jeder Diktatur Ehre machen würde! Ein Interview mit der Sendung „10 vor 10“ des Schweizer Fernsehens wurde mit der politisch motivierten Begründung abgelehnt, Erdogan E. zu Worte kommen zu lassen, würde die Solidarität verstärken, was im Sinne des präventiven Schutzes der Inneren Sicherheit zu vermeiden sei.

Erdogan braucht in diesem Moment die Solidarität und Unterstützung von uns allen. Um Darauf Aufmerksam zu machen haben wir heute die Besetzung durchgeführt.

DRINNEN UND DRAUSSEN EIN KAMPF!
FREIHEIT FÜR ERDOGAN – KEINE AUSSCHAFFUNGEN IN DIE TÜRKEI!
SOLIDARITÄT MIT MARCO CAMENISCH – ER MUSS RAUS!
FREIHEIT FÜR ALLE POLITISCHEN GEFANGENEN!


2. Medienbericht (Originalquelle: http://ch.indymedia.org/de/2006/09/43257.shtml)
Radio DRS in Bern gekapert

Anhänger des kurdischen Linksaktivisten Erdogan E. sind am Samstagmorgen in zwei Radiogebäude in Bern eingedrungen. Dabei forderten sie das Verlesen einer Botschaft. Unklar ist, wie es die Aktivisten schafften, ins DRS-Studio zu gelangen.

Der erste Besuch galt Schweizer Radio DRS. Knapp zehn Aktivisten drangen am Vormittag in das Gebäude an der Schwarztorstrasse ein, hängten an der Aussenfassade ein Transparent auf und verlangten, dass über den Sender eine Botschaft ausgestrahlt werde. Vor dem Gebäude demonstrierten derweil weitere 20 AktivistInnen lautstark. DRS lehnte die Ausstrahlung ab.

Die Eindringlinge hätten sich friedlich und höflich verhalten, sagte DRS-Nachrichtenredaktor Thomas Accola auf Anfrage. Er habe deren Anliegen entgegengenommen, ohne eine Sendung oder einen Beitrag zuzusichern. Man werde die Informationen nächste Woche redaktionell prüfen.

Unklar ist laut Accola, wie die Aktivisten in das Gebäude von Radio DRS eindringen konnten. In einer Medienmitteilung sprechen die Aktivisten von einem «Trick». Laut Medienmitteilung der Beschädigungen seien keine feststellbar gewesen. Nach dem Gespräch habe er die Gruppe durch den Hauptausgang hinaus begleitet, sagte Accola. Ob juristische Schritte eingeleitet werden, werde nächste Woche entschieden.

Gegen Mittag verschafften sich die Erdogan-Anhänger auch Zutritt zu den Räumen des Berner Lokalradiosenders RaBe. Dort hatten die Eindringlinge laut eigenen Angaben mit ihrer Forderung nach Abspielen einer Botschaft Erfolg. Bei RaBe war niemand für eine Stellungnahme erreichbar.

Schon am 11. September hatten Erdogan-Anhänger den Zürcher Lokalsender Radio Energy besetzt. Der kurdische Linksaktivist Erdogan E. sitzt in der Schweiz in Ausschaffungshaft. In der Türkei wird ihm Beteiligung an einem Polizistenmord vorgeworfen.


3. Bilder (Originalquelle: http://ch.indymedia.org/de/2006/09/43257.shtml)