2007,  Diverse Aktionen,  Repression

Zeltaktion Gassenküche

Inhalt:
1. Communiqué


1. Communiqué (Originalquelle: http://ch.indymedia.org/de/2007/11/54485.shtml)
In der Nacht auf Sonntag wurde ein Fixerzelt unter dem Eisenbahnviadukt, neben der Schützenmatte aufgestellt, um den Drogenabhängigen wenigstens halbwegs hygienische Bedingungen und einen kontrollierten Konsumationsplatz, als Alternative zum Vorplatz der Reitschule zu bieten. Dieser Ort musste gewählt werden, da der vorgesehene Standort auf dem Kleeplatz von der Polizei, durch die gewohnten repressiven Massnahmen verstellt war, und keinerlei Alternativplätze toleriert wurden.
Solche Aktionen tun heutzutage mehr Not denn je, nachdem der Gemeinderat anfangs dieser Woche einmal mehr beschlossen hat, Drogenkonsumierende und Alkoholabhängige (und natürlich alle anderen, sogenannt Randständigen) im öffentlichen Raum nicht mehr zu tolerieren. Im selben Atemzug entschied er auch, die Repressionsschraube einmal mehr anzuziehen, oder anders ausgedrückt, zu versuchen, ein Problem, dass durch viel Polizei geschaffen wurde, mit noch mehr Polizei zu „lösen“.

Dass der Gemeinderat weiterhin eine Scheinlösung forciert, obwohl verschiedene Fachpersonen seit Jahren echte Lösungen präsentieren, zeugt entweder von einer unendlichen Dummheit, oder von einem äusserst perfiden und brutalen Politspiel auf Kosten, nicht nur der Drogenabhängigen, sondern der gesamten Bevölkerung dieser Stadt. Um eine Scheinlösung handelt es sich deshalb, weil durch Repression die Drogenprobleme niemals wirklich gelöst, sondern höchstens verschoben werden. Aufgrund des Stress‘ und der Isolation, die durch die Gassenhatz erzeugt werden, wird ein Ausstieg nicht einfacher, sondern im Gegenteil deutlich erschwert. Wenn mensch nicht mehr in der Innenstadt konsumieren kann, wird er stattdessen halt in Aussenquartiere ausweichen. Hauptsächlich in Parks und auf Kinderspielplätze, was neben den DrogenkonsumentInnen (miserable hygienische Bedingungen) auch die dortigen Anwohner, insbesondere die Kinder, welche an diesen Plätzen spielen (Spritzen in Abfalleimern und Gebüschen) massiv gefährden. Diese idiotische Scheuklappenpolitik hat aber auch andere, gelinde gesagt unangenehme, Nebenwirkungen.
Nicht nur, dass der gemeinderätliche Entscheid über die Köpfe einer ohnehin schon überlasteten und überforderten Polizei (70’000 offene Überstunden) hinweg getroffen wurde, die nach eigenen Angaben kaum in der Lage sein wird, dieses Dekret umzusetzen. Nicht nur, dass eine derart strikte Vertreibungspolitik ein Vermögen kostet (500’000 – 800’000 Franken alleine für die neuen Notmassnahmen; dazu kommen 70’000 für Rückführungen, sowie 695’000 pro Jahr für Pinto und 546’000 für die Securitas im Raum Schützenmatte, beides Projekte, die bis zum heutigen Tage nichts gebracht haben), das sinnvoller eingesetzt werden könnte (Ausbau der Konsumations- und Ausstiegsmöglichkeiten). Sondern die grosse Frage ist, wohin sollen denn diese Menschen gehen, wenn sie im öffentlichen Raum nicht mehr geduldet werden, es aber keine Alternativen gibt? In die chronisch überfüllte Anlaufstelle? Was ist, wenn die geschlossen ist? Was ist mit Personen, die dort keinen Zutritt haben, weil sie ihre Papiere nicht im Kanton Bern haben? Sollen sie in ein Zuhause spritzen gehen, dass sie häufig gar nicht haben, oder in dem der Konsum verboten ist?
Regula Müller, Drogenkoordinatorin der Stadt Bern, erklärte vor einer Woche (vergleiche BZ vom 09.11.07), dass keinerlei Leute im öffentlichen Raum sollen fixen müssen. Wenn dies das Ziel der Stadt ist, soll sie „verdammt noch mal“ Alternativen schaffen, anstatt die Menschen ziel- und planlos wie Vieh durch die Gegend zu hetzen!
Stattdessen jedoch spricht Edith Olibeth davon, dass bewährte 4 Säulenkonzept (Prävention, Therapie, Überlebenshilfe, Repression) zu überarbeiten und zu verfeinern. Obwohl sie endlich eingesehen hat, dass eine drogenfreie Gesellschaft eine Utopie ist und endlich davon Abschied genommen hat. Mittlerweile wird die Schadensminderung in den Vordergrund gerückt, zumindest offiziell. In der Realität wird weiterhin einseitig auf Repression gesetzt. Während in der Öffentlichkeit von einem 4 Säulenmodell gesprochen wird, wird in Wahrheit bloss die Repression ausgebaut, während die anderen 3 Säulen laufend weggekürzt und zusammengestrichen werden. Abschaffung der städtischen Notbetten, Streichung der Entzugsmöglichkeiten wie Break, etc. sind einige der Beispiele dafür. Tatkräftig unterstützt wird unsere heuchlerische und lügnerische Stadtregierung dabei von einem Grossteil der so genannt freien Medien, die mit ihren Schmutzkampagnen Öl ins Feuer giessen und die Öffentlichkeit, wenn nicht direkt falsch informieren, doch zumindest einseitig prägen. Die Drogenpolitik der Stadt Bern besteht nicht , wie gerne behauptet, aus 4 Säulen, sondern vielmehr aus einer Säule und 3 Streichhölzern und wie solide ein solches Fundament ist kann sich jedeR selbst ausmalen.

Statt kurzfristiger, medial inszenierter, Repressionsorgien, Wegweisung und Gassenhatz fordern wir nach wie vor:
Eine menschliche, niederschwellige und aktzeptierende Drogenpolitik
Mindestens eine weitere Anlaufstelle
Ein 24h Angebot für Drogenabhängige egal welcher Herkunft
Genügend Notschlafstellen für alle Menschen
Ausreichend Entzugsmöglichkeiten
Die Legalisierung aller Drogen
Für eine solidarische Gesellschaft, die ALLE ihre Mitglieder akzeptiert und in der es nicht mehr nötig ist mittels Drogen vor der Realität zu fliehen!
Die Gassenküche der SchülerInnenkoordination Bern (SIKB)