2012,  Antikapitalismus,  Antirassismus,  Demo,  Gender,  Repression,  Tierbefreiung,  WEF

Anti-WEF Demo 2.0

Inhalt:
1. Aufruf
2. Communiqué
3. Medienbericht

1. Aufruf (Originalquelle: http://ch.indymedia.org/de/2012/01/85158.shtml)
Gegen Kapitalismus und seine Gewalt!
Nein, wir lassen uns nicht einschüchtern, weder von den Polizeihundertschaften noch von den Politiker_innen, die deren Angriff gegen uns befohlen haben. Wir werden wieder und wieder auf die Strasse gehen, bis die Gründe für Umweltzerstörung, Ausbeutung, Hunger und Unterdrückung beseitigt sind! Nicht weil wir uns gerne den polizeilichen Demütigungen und Schikanen aussetzen, sondern weil wir die alltäglichen Zumutungen und die Zerstörung des Planeten und die Ausbeutung seiner Bewohner_innen satt haben und nicht mehr schweigend hinnehmen.
Wir kennen ihre Machenschaften. Es ist nicht das erste Mal, dass sie uns mit einem riesigen Polizeiaufgebot daran gehindert haben, Kritik zu äussern. Dass sie uns gefesselt, weggeschleift und weggesperrt haben. Dass sie uns bedroht und geschlagen haben. Dass sie uns den Gang auf die Toilette verweigert haben. Dass sie uns befohlen haben, die Kleider auszuziehen. Dass sie uns mit Tränengas eingesprüht haben. Dass sie die Stadt polizeilich besetzt haben. Dass sie unsere Transparente, Flugblätter und Broschüren beschlagnahmt haben.
Wir wissen, warum sie es getan haben. Nicht wegen den angeblichen „Gewaltdrohungen“ haben sie uns am Samstag geschlagen, verhaftet, gefesselt und eingesperrt. Mit Gewalt haben diese Herren und Damen nämlich kein Problem. Im Gegenteil: Gewalt üben sie selber aus um unsere Bewegung, die radikale Kritik an diesen Verhältnissen übt, zu kriminalisieren und zu schwächen. Die angebliche „Gewaltdrohung“ war, wie schon oft, ein Vorwand. Die Repression gegen unliebsame Kritikäusserung wird in Bern schon länger systematisch vorangetrieben: Das Anti-AKW-Camp wurde geräumt, Demonstrierende einer Solidaritätsdemo samt Tram „gekidnappt“, die Anti-Repressionsdemo angegriffen, die SVP wurde mit schier unvorstellbaren Ressourcen beschützt und die Berner Bevölkerung dabei schikaniert… Dass Polizei und Politik jedes Mittel recht ist, um ihre Massnahmen zu rechtfertigen, zeigen die Lügengeschichten rund um die prügelnden Zivilfahnder in der Reitschule. Warum sie das tun ist klar: Sie verteidigen das herrschende System dogmatisch, kompromisslos!
Wir wissen, warum wir es tun. Weil wir nicht schweigen wollen, wenn sich Bonzen_innen und Politiker_innen mit Kulturheinis und sonstigen Berühmtheiten umgeben und sich als die Retter_innen inszenieren, die mit „neuen Modellen die Welt verbessern“ wollen, während sie in Wahrheit die Agenten_innen und Organisatoren_innen der herrschenden Verhältnisse sind. Die Brandstifter_innen präsenteiern sich als Feuerwehr, die Ausbeuter_innen als Wohltäter_innen, die Unterdrücker_innen als Befreier_innen. Sie sprechen in ihrer noblen Schwatzbude darüber, wie sie die Probleme lösen könnten, die sie selber täglich von neuem reproduzieren. Sie werden nicht müde zu wiederholen, wie schwer sie an ihrer Verantwortung tragen, während sie uns die Löhne kürzen, die Mieten erhöhen, die Jobs kündigen, die Sozialleistungen zusammenstreichen…
Wir scheissen auf das WEF, weil es nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems ist. Weil sich dort die Eliten der kapitalistischen Welt treffen und austauschen und weil wir wissen, dass wir von diesen nichts Gutes zu erwarten haben.
Wir rufen dich auf, gemeinsam mit uns zu protestieren, wenn du nicht schweigen willst, während sich Mörder_innen, Ausbeuter_innen und Unterdrücker_innen im verschneiten Davos zur ihrer Selbstbeweihräucherung treffen. Wenn du genug hast, vom Druck auf der Baustelle, von den Arbeitszeiterhöhungen in der Fabrik, vom Mobbing im Büro, vom Stress im Spital, von den Polizeikontrollen und Schikanen, von der Hetze in den Medien, vom Leistungsdruck in der Schule und an der Uni, von der Umweltzerstörung, von der alltäglichen Konkurrenz, von Burnout, Verdrängung, Welthunger, Ausgrenzung, Rassismus, Sexismus, Krieg und Krise. Wir haben nämlich längst genug davon!
Wir sehen uns am 04.02.2012 um 15.00 bei der Heiliggeistkirche in Bern.
„Wollen wir es schnell erreichen,
brauchen wir noch dich und dich.
Wer im Stich lässt seinesgleichen,
lässt ja nur sich selbst im Stich.“
(Berthold Brecht)



2. Communiqué (Originalquelle: http://ch.indymedia.org/de/2012/02/85267.shtml)
Heute, zwei Wochen nach der gewaltsam von der Polizei verhinderten Anti-WEF Kundgebung „Stop reshaping capitalism – abort it“ demonstrierten über 150 Personen bei eisiger Kälte. Trotz der eingekesselten Demo in Bern, einer verhinderten Kundgebung in Basel sowie nach massenhaften Wegweisungen in und um Davos am letzten Samstag, liessen wir uns nicht einschüchtern und zogen lautstark durch die Stadt um gegen Kapitalismus und seine Gewalt zu protestieren.
Bei mehreren Reden wurde erwähnt, dass nicht das WEF das Problem ist, sondern die Umstände, die ein solches Treffen hervorrufen, und dass Repression unseren Kampf gegen die Ausbeutung und Unterdrückung von Mensch und Tier nicht aufhalten kann.
AntiWEF-Bündnis Bern


3. Medienbericht (Originalquelle: http://www.derbund.ch/bern/nachrichten/Friedliche-Wiederholungsdemo/story/31684116)
Alles ist anders als vor zwei Wochen: Die Polizei hält sich im Hintergrund, hundert Anti-WEF-Aktivisten marschieren durch die Innenstadt, und bloss eine Person wird verhaftet.
Die Geschichte der zweiten Anti-WEF-Kundgebung in Bern ist rasch erzählt: Am Samstag, pünktlich um 15 Uhr, erreicht eine Schar von fünfzig Demonstrierenden die Heiliggeistkirche. Sie kommen von der Reitschule her, ihre Fahnen und ihre Kleidung sind schwarz – mit einigen roten Tupfern. Die Mehrheit ist vermummt, das gibt warm. Zu ihnen gesellen sich bei der Heiliggeistkirche, dem Besammlungsort, weitere mehrheitlich junge Protestierende, womit schliesslich gut hundert Personen durch die Berner Innenstadt marschieren: durch Spital- und Marktgasse zum Zytglogge und von dort via Amthausgasse und über den Bundesplatz zurück zum Bahnhof.

Ein linksautonomer Demonstrant erklärt bei einer Rede während der Kundgebung, dass sie sich durch «Repression» nicht vom Demonstrieren abhalten liessen. Er spricht auf die Kundgebung vom 21. Januar an, die von der Polizei im Keim erstickt wurde. Weiter kritisieren die Aktivisten die «grossmäulige Schaumschlägerei» am Weltwirtschaftsforum in Davos und vergleichen das herrschende Wirtschaftssystem mit Fäkalien.
Nach 45 Minuten ist der Spuk vorbei: keine Sachbeschädigungen, kaum Verkehrsbehinderungen und eine kaum sichtbare Polizei. Das wars.

Anonymes E-Mail
Im Vergleich zur Anti-WEF-Kundgebung vor zwei Wochen war damit fast alles anders: Die Polizei agierte nun defensiv und brachte bloss eine Person für eine nähere Kontrolle auf die Wache. Vor zwei Wochen wurden über 170 Personen verhaftet; und die eigentliche Demonstration fand damals gar nicht erst statt, da die Aktivisten bereits beim Bollwerk eingekesselt wurden.
Aufgrund «anderer Vorzeichen» habe die Polizei die unbewilligte Demonstration dieses Mal durch die Innenstadt ziehen lassen, sagt der Berner Sicherheitsdirektor Reto Nause auf Anfrage (vgl. Interview rechts). Die Organisatoren – der Revolutionäre Aufbau und das Berner Anti-WEF-Bündnis – hätten in einem anonymen E-Mail einen friedlichen Umzug in Aussicht gestellt.