2016,  Antikapitalismus,  Antinationalismus,  Arbeitskampf,  Demo,  Repression

Solidemo Streikbewegung/Nuit Debut Frankreich

Inhalt:
1. Aufruf
2. Communiqué


1. Aufruf (Originalquelle: http://ch.indymedia.org/de/2016/06/97606.shtml)
Den EM Start in Frankreich nehmen wir zum Anlass, um unsere Solidarität mit den Kämpfenden auszudrücken.
Seit Monaten gehen in zahlreichen französischen Städten hunderttausende Menschen auf die Strasse, um gegen die neue Arbeitsrechtsreform zu protestieren.
Aus den Protesten entwickelte sich die antikapitalisitsche Jugendbewegung „Nuit Debout!“. Es gab bereits mehrere Generalstreiks in ganz Frankreich. Blockaden, Demos, Sabotageaktionen, Protestkundgebungen usw. wurden abgehalten und weite Teile der Gesellschaft beteiligen sich an diesen Widerstandsaktionen gegen die sozialistische Regierung Hollandes. Die breit abgestützen Massenmobilisierungen wurden und werden mit einer immer krasser werdenden Polizeigewalt niedergeschlagen. Es gibt viele Verhaftete und Schwerverletzte. Lassen wir die Kämpfenden und Unterdrückten nicht im Stich, zeigen wir ihnen unsere Solidarität.
Lassen wir unsere Solidarität praktisch werden. Nutzen wir die EM und die Tour de France in Bern dazu, die Stimme der Arbeiter*innen, Schüler*innen, Migrant*innen und Student*innen auch in Bern hörbar zu machen!

Unterschiedliche Aktionen sollen vom 10.6. bis 18.7. auf die Kämpfe aufmerksam machen.
10.6.- 18Uhr – Französische Botschaft Bern – Schlosshalde Station – Auftaktdemo & „Kick off“ zur Kampagne!
14.6. – Auf nach Paris – Inter/Antinationale Solidarität ist gefragt!
18.7. – sportlich, kreativer Aktionstag anlässlich der Tour de France-Durchfahrt in Bern!!



2. Communiqué (Originalquelle: http://ch.indymedia.org/de/2016/06/97608.shtml)
Zeitlich passend zum EM Auftakt haben wir heute die Kampagne „Solidarité avec les camarades en lutte“ mit einer entschlossenen Demo in Bern gestartet.
Die Kundgebung startete bei der französischen Botschaft, gut 70 Personen solidarisierten sich vor der Botschaft und liefen anschliessend in die Berner Innenstadt. Dabei konnten über 700 Flyer (Flyertext siehe letzter Post) an Passant_innen und Interessierte verteilt werden. Parolen und Transparente machten klar auf welcher Seite wir stehen und an wen unsere Solidarität gerichtet ist. Wir lehen den Nationalismus, welcher die EM Euphorie mit sich bringt ab und solidarisieren uns lieber mit den Streikenden und Protestierenden.
Unsere Kampagne wird in den nächsten sechs Wochen noch mehrere Aktionen durchführen und mit der Abschlussaktion am Tag der „Tour de France“ Durchfahrt in Bern enden. Ziel der Kampagne ist es, die Prestigeevents des französischen Nationalismus zu nutzen und aufzuzeigen, dass dort momentan grosse und verschiedene Bewegungen auf die Strasse gehen.
Weitere Aktionen werden folgen und zum Vormerken: 18.7. Tour de France durchfahrt in Bern!

Inhalt des Flyers:
In Frankreich gibt es zur Zeit einige soziale „Brandherde“. Schon im April setzte die Nuit-Debout-Bewegung (etwa „die Aufrechten der Nacht“) die Protest-Dynamik aus der Schüler_innen und Jugendbewegung fort.
Im Mai kamen die gewerkschaftlich organisierten Aktionen hinzu. In unserem Nachbarland streiken Busfahrer_innen, Raffineriearbeiter_innen und die Beschäftigten von Auto- und Atomkraftwerken. Mitarbeiter_innen von Stromkonzernen liefern in „Robin-Hood-“manier tagsüber Strom zum Nachttarif, See- und Flughäfen werden blockiert, die Piloten haben sich ebenfalls für eine Arbeitsniederlegung ausgesprochen..
Trotz Ausnahmezustand und unbeeindruckt von islamistischem Terror samt rechtspopulistischer StimmungsmacheRechtsruck und islamistischem Terror ist. Aber anstatt sich e, von Medienhetze und Kriminalisierungsversuchen gehen in Frankreich wöchentlich hunderttausende auf die Strasse um das geplante Arbeitsmarktgesetz der „sozialistischen“ Regierung unter Hollande zu bekämpfen.
Dabei ergänzen sich die Aktionen den streikenden Arbeiter_innen mit Demos und Besetzungen von Schüler- und Student_innen, Kids aus den Banlieus und Refugees.
Der französische Staat reagiert mit ungeheurer Härte auf diese Proteste. Das ist soweit nicht verwunderlich, denn es steht viel mehr auf auf dem Spiel als eine verpatzte EM: Frankreich hat seit der Finanzkrise Mühe, seine weltpolitische Führungsrolle innerhalb Europas zu halten. Die Arbeitsmarktreform ist denn auch nichts anderes als der Versuch mittels neoliberaler Standortpolitik Kapitalwachstum anzuleiern und die staatliche Kreditmacht zu sichern. Gerade in der Konkurrenz zu Deutschland.
Verwunderlich scheint aber – zumindest aus der Perspektive derer die sich schweizer Verhältnisse gewohnt sind – dass grosse Teile der französischen Bevölkerung überhaupt kein Einsehen für die staatlichen Kalkulationen ihrer Regierung haben.
Offensichtlich wissen die Arbeiter_innen und Jugendlichen im Land des „Boss-Napping“ ganz genau, wer den Preis für eine erfolgreiche Nation zahlen muss. Und anders als die „Werktätigen“ hierzulande, die Arbeitszeiterhöhungen bei gleichem Lohn meist ohne zu murren hinnehmen, wenn es nur den Konzernen oder den Wirtschaftsstandort Schweiz dient, setzen sich die Betroffenen in Frankreich massiv zur Wehr!
Und das bisher erfolgreich. Die Streiks und Blockaden zeigen bereits jetzt Wirkung. Dabei dürfte allen interessieren Beobachter_innen, genauso wie den Beteiligten selber klar sein, was passiert, wenn die Arbeiter_innen auf den Streikposten mit den Jugendlichen von Nuit-Debout sich weder spalten noch brechen oder von leeren Versprechungen beruhigen lassen und ihre Aktionen zum Generalstreik ausweiten.
Die Kämpfe der französischen Genoss_innen gegen die neoliberalen Reformen werden brutale Repression zur Folge haben – der Ausnahmezustand, in dem ein demokratisches Land mittels eines demokratischen Verfassungsartikels die Aufhebung demokratischer Grundrechte verfügt, ist schon ausgerufen. Andererseits könnten die kämpfenden Genoss_innen, wenn sie standhaft bleiben, eine neue Phase des Klassenkampfes in Europa eröffnen.
Gerade deshalb wird es allerhöchste Zeit, die internationale Solidarität in all ihren Formen wirken zu lassen.
Denn „wer im Stich lässt Seinesgleichen, lässt ja nur sich selbst im Stich!“