2018,  Antifaschismus,  Freiraum

Urteil Reitschule-Brandstifter

Inhalt:
1. Medienbericht


1. Medienbericht (Originalquelle: https://www.bernerzeitung.ch/region/bern/reitschulebrandstifter-schuldig-gesprochen/story/30344694)
Reitschule-Brandstifter schuldig gesprochen
BernKeine ominösen Unbekannten haben das Feuer in der Reitschule gelegt, sondern eben doch die Angeklagten: Das befand am Freitag der Richter. Sie wurden wegen Brandstiftung zu bedingten Freiheitsstrafen verurteilt.
Ihre Geschichte der mysteriösen Unbekannten wirke aufgesetzt, er könne sie nicht glauben, sagte ­Gerichtspräsident Martin Müller gestern bei der Urteilsverkündung am Regionalgericht Bern-Mittelland. Das Gericht verurteilte die beiden Täter deshalb zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 24 respektive 23 Monaten bei einer Probezeit von vier Jahren.

Unglaubwürdig: Damit bezog sich Müller auf die Aussagen der Angeklagten, dass nicht sie selbst Ende September 2015 auf der Dachterrasse der Reitschule Feuer gelegt hätten, sondern eine Gruppe ihnen unbekannter Männer. Nur aus Hilfsbereitschaft hätten sie diesen von der Tankstelle Diesel beschafft – ohne zu ahnen, dass der Sprit als Brandbeschleuniger verwendet würde.
Unglaubwürdig sei die Tatsache, dass die Angeklagten sich an nichts erinnern konnten ausser an die dunklen Jacken der ominösen Personen – obwohl sie zuvor mit diesen mehrere Stunden vor der Reitschule verbracht hätten.
Unglaubwürdig auch, dass die Angeklagten nach ihrer Unter­suchungshaft nichts unternommen hätten, um die vermeintlichen Täter zu identifizieren und sich selbst zu entlasten. «Für was gibt es denn Facebook heutzu­tage», fragte Gerichtspräsident Müller. Und letztlich hätten die Unbekannten sich einfach vermummen und den Diesel selbst beschaffen können – wenn es sie denn gegeben hätte, schluss­folgerte Müller.

Schutzbehauptung Filmriss
Schwer wogen für das Gericht hingegen die Aussagen von Zeugen, die Männer hätten erwähnt, die Welt revolutionieren und die Reitschule anzünden zu wollen.
«Das sieht für mich nicht nach Volltrunkenheit, sondern nach Spurenverwischen aus.»Martin Müller Gerichtspräsident

Den geltend gemachten Filmriss aufgrund von Alkohol- und Drogenkonsum wertete das Gericht als Schutzbehauptung. Die Videobilder zeigten, wie einer der Täter, ohne zu torkeln, die Dieselflaschen füllte, danach fein säuberlich Boden und Zapfhahn reinigte. «Das sieht für mich nicht nach Volltrunkenheit, sondern eher nach Spurenverwischen aus», so der Gerichtspräsident.
Das Gericht folgte daher dem Hauptantrag der Staatsanwältin. Demnach kletterten die Täter nach dem Abfüllen der Flaschen über die Feuerleiter an der Rückseite der Reitschule aufs Dach und legten auf der Terrasse vor der Türe der Wohnung Feuer.

Motiv «Vollidiot»
Nach der Brandstiftung wurden Stimmen laut, welche die Täter dem rechts- oder auch dem linksextremen Lager zuordneten. Diesen erteilte Müller eine klare Absage: «Das war keine politisch motivierte Tat.» Als Tatmotiv komme für ihn eigentlich nur etwas infrage, was der eine Angeklagte selbst gesagt habe: «Ihr seid einfach zwei Vollidioten.»
Oder besser: Das seien sie gewesen. Denn in diesem Punkt sieht das Gericht Hoffnung. Es hielt den beiden 25-Jährigen ­zugute, sich während Unter­suchungshaft und Prozess tadellos verhalten zu haben. Zudem würdigte es ihre aktuellen Versuche, ihr Leben in den Griff zu bekommen. Daher auch die im Verhältnis zur Schwere des Delikts relativ milde Strafe.

Als er auf die Geschäftsidee der beiden zu sprechen kam, künftig mit der Aufzucht von CBD-Hanfpflanzen Geld zu verdienen, schlug der Gerichtspräsident einen beinahe väterlichem Ton an. Sie sollten schauen, mit einem etwas «normaleren» Beruf Geld dazuzuverdienen, riet Müller. «Geht doch an einer Tankstelle arbeiten, anstatt in der Nacht Diesel abzufüllen.»