2018,  Freiraum,  Repression

Räumung & Auseinandersetzung Schützenmatte

Inhalt:
1. Medienmitteilung Reitschule
2. Zeugenbericht
3. Bericht Revolutionäre Jugend Gruppe Bern
4. Medienbericht
5. Medienbericht Smiley auf Munition
6. Medienmitteilung Kantonspolizei


1. Medienmitteilung Reitschule (Originalquelle: https://www.facebook.com/Reitschule/photos/a.10150988868945660/10156304183720660/ & https://www.facebook.com/Reitschule/photos/a.10150988868945660/10156304556355660/)
Unsere Medienmitteilung zu gestern Nacht.
Übrigens: Uns haben schon mehrere Videos mit neuen krassen Bildern erreicht. Danke für eure Hilfe!
Die Reitschule Bern ist empört über den nächtlichen gewalttätigen Einsatz der Polizei. Wir verurteilen den unverhältnismässigen und gefährlichen Einsatz.
Gegenüber der Mediengruppe bestätigen Augenzeug*innen unabhängig voneinander, dass Anwesende die Polizei vor Mitternacht verbal bestimmt zum Gehen aufforderten. Binnen Minuten war die Kantonspolizei mit einem halben dutzend Kastenwagen und mindestens 30 Polizisten vor Ort. Die Polizei schoss Gummigeschosse auf Kopfhöhe ab. „Die schossen auf alles, was sich irgendwie bewegte“, sagte ein schockierter Augenzeuge der Mediengruppe. Die Polizei eskalierte die Situation mit physischer Gewalt und verletzte dutzende Menschen. Es kamen Gummigeschosse, Pfefferspray und Tränengas zum Einsatz. Mindestens eine Person liegt noch im Spital: Gummigeschosse der Polizei trafen sie direkt in den Genitalbereich. Die Polizei verhaftete mehrere Besucher*innen.

Polizei: Verdacht auf geplante Eskalation
Pikanterweise fiel Besuchenden und Mitarbeitenden von Reitschule und NeustadtLab deutlich vor Mitternacht auf, dass in der Hodlerstrasse mehrere schwere Kastenwagen parkiert waren. Diese kommen normalerweise bei Grossveranstaltungen wie Demonstrationen zum Einsatz. Das legt den Verdacht nahe, dass die Polizei eine Intervention bei der Reitschule geplant hat und eine Eskalation provozieren wollte. Ein langjähriger Mitarbeiter der Reitschule, der den gesamten Abend vor Ort war, sagte: „Wenn es so etwas wie Drei-D-Politik* gibt, dann haben wir heute das Gegenteil erfahren. Mir fehlen die Worte für das Verhalten der Polizei.“ Sie finden seinen ausführlichen Bericht als Anhang dieser E-Mail.
Mit grosser Irritation nahmen wir ausserdem davon Kenntnis, dass die Kantonspolizei einige der eingesetzten Gummischrotgeschosse mit Smileys und anderen Beschriftungen versah. Gemäss bestätigten Augenzeugenberichten wurde das im Anhang abgebildete Geschoss in dieser Form von einem Polizisten / einer Polizistin abgefeuert. Die Polizei scheint sich über die Leute, auf die sie schiesst, lustig zu machen und untermauert damit den Verdacht einer geplanten Eskalation.

Die Reitschule ist um eine faktentreue Wiedergabe der gestrigen Ereignisse bemüht. Darum starteten wir über die sozialen Medien einen Aufruf, dass Betroffene ihre Video-Aufnahmen und Zeugenberichte einsenden. Wir werden so bald wie möglich weitere Informationen veröffentlichen.
Die Reitschule wünscht allen Verletzten gute Genesung und dankt den Mitarbeitenden der Reitschule Bern sowie des NeustadtLabs für die professionelle Arbeit und Erste-Hilfe-Leistungen. Der Betrieb konnte aufrecht erhalten, die Ruhe bewahrt werden.
Mediengruppe RSB
* Drei-D-Politik steht bei der Polizei für Dialog, Deeskalation und Durchgreifen.

Unten eine zweite Medienmitteilung, die wir soeben verschickt haben.
***
Werte Medienschaffende
In unserer vorherigen Mitteilung berichteten wir darüber, wie in der Nacht auf heute Sonntag von der Kantonspolizei Gummigeschosse verschossen wurden, die mit Smileys und anderen Botschaften versehen wurden. Dies ist durch mehrere Augenzeugenberichte bestätigt.

In der Onlineausgabe des Blick erwiderte KaPo-Sprecherin Jolanda Egger darauf:
«Ein solches Vorgehen verstösst gegen unsere Richtlinien. Deshalb können wir uns nicht vorstellen, dass die Beamten so gehandelt haben.»
Wir sind befremdet von der Tatsache, dass die Kantonspolizei ein Fehlverhalten ihrer Polizist*innen kategorisch ausschliesst. Polizist*innen sind auch nur Menschen, und diese halten sich nicht immer an die Regeln.

Uns erreichte diverses Bild- und Videomaterial, das den gestrigen Einsatz dokumentiert. Darunter befinden sich zwei Beispiele von direktem Regelverstoss durch die Kantonspolizei.
Das erste Beispiel ist ein Video, auf welchem ein Polizist sein Gummischrotgewehr auf Kopfhöhe in Richtung Reitschule abfeuert. Wegen der hohen Verletzungsgefahr bei Kopftreffern ist dies der Polizei eigentlich verboten.
Das zweite Beispiel ist ein Bild eines solchen Kopftreffers, das uns ein Gast zugesendet hat. Nach eigenen Angaben wurde er von über 10 Geschossen getroffen, wovon 2 seinen Kopf und 3 beinahe seinen Intimbereicht trafen. Einer dieser Kopftreffer hinterliess eine klar sichtbare Verletzung unweit des Auges.

Die Reitschule kritisiert dieses rechtswidrige Vorgehen der Kantonspolizei scharf. Durch Schüsse auf Kopfhöhe werden schwere Augenverletzungen, auch von Unbeteiligten in Kauf genommen. Dass die Polizei ein mögliches Fehlverhalten nicht einmal in Betracht zieht, geschweige denn untersuchen will, zeugt von einem eklatanten Mangel in der Kontrolle des Verhaltens einzelner Polizist*innen.
Wir fordern die Polizei auf, sich diesen Vorwürfen zu stellen.
Mit freundlichen Grüssen,
Mediengruppe Reitschule Bern


2. Zeugenbericht (Originalquelle: https://www.facebook.com/Reitschule/posts/10156305038445660)
«Der sinnloseste Grosseinsatz der letzten Jahre»
Mit grösster Betroffenheit über die Bodenlosigkeit des gestrigen Einsatzes der Polizei im Perimeter Reitschule / Schützenmatte, sehe ich mich gezwungen, meine Sicht der Undinge mitzuteilen.

Zur Sachlage
Ab ca. 19.00 Uhr patrouillierten zwei Kantonspolizisten in Leuchtwesten während Stunden über die Schützenmatte. Hierfür gab es keinen ersichtlichen Grund.
Daraus folgten, logischerweise, erste Gespräche mit Gästen des NeustadtLabs und der Reitschule.
Potentiell unterprivilegierte Grüppchen verzogen sich, aus der Angst, personenkontrolliert zu werden, Richtung Innenhof und Durchgang der Reitschule.
Um etwas nach 23.00 Uhr rückte für die Polizei Verstärkung in Uniform und Zivil an. Auf Nachfrage bezüglich Intention des Aufmarsches antwortet die Polizei mit der Ansage, dass sich mehrere Personen einer Personenkontrolle entzogen hätten und man die Situation darum observieren müsse.
Mittlerweile ist Mitternacht. Die Stimmung langsam aber sicher gereizt, erste Auseinandersetzungen bahnen sich an – Machtgehabe und ein martialisch auftretendes Mob-Gren-Corps nach einigen Scharmützeln, erste Flaschen fliegen – Konsternation, Wut, Fragezeichen.
Der Rest ist eine wohlbekannte und immergleiche Geschichte: Gummischrot auf Kopfhöhe, Pfefferspray-Attacken nach Zufallsprinzip sichtlich überforderte Polizisten und Polizistinnen und übertrieben harte Verhaftungen. Kurz gesagt, das Eskalations-Einmaleins der Polizei, wenn sie sich zur Reitschule begibt.

Zur meiner Einschätzung
Die Polizei will die Schützenmatte ideell nicht der Reitschule überlassen, dass sie darum am NeustadtLab Präsenz markiert, hat sehr viel mit Aufwertung in ihrem ausgrenzenden Sinn zu tun. «Präventive Präsenz»: Das subjektive Sicherheitsgefühl ist im bürgerlichen Diskurs sehr nahe an die Sichtbarkeit einer Uniform gekoppelt. Der Selbstwert der Polizei generiert sich aus genau dieser repräsentativen Funktion.
In der Reitschule und auf dem Vorplatz ist manches anders, ob man das gut oder schlecht findet spielt keine Rolle, diesen Fakt gilt es zu akzeptieren. Polizei bedeutet hier immer Unruhe, bedeutet Gefahr, bedeutet Angst. Angst bedeutet das Gegenteil von dem was alle auf diesem Perimeter wollen. Verhältnismässigkeit, Stützpfeiler eines gangbaren Miteinanders, bedeutet dies zu berücksichtigen. Dass die Polizei bei schweren Delikten einschreiten muss, ist nachvollziehbar. Das wird seitens Reitschule berücksichtigt und auch so kommuniziert. Wir sprechen hier von Waffeneinsatz, schweren Übergriffen auf Körper und Würde – wir sprechen von Ausnahmefällen.
Gestern war kein Ausnahmefall, sondern Normalität mit allem was dazugehört auf dem Vorplatz.

Das seitens Polizei teilweise noch immer von «Deeskalation» die Rede ist, ist klingt in meinen Ohren wie blanker Hohn. Der komplette Einsatz gestern glich einem Domino, genau zu berechnen und genau vorherzusagen in seiner Dynamik. Vorprogrammierte, sehr teure Eskalation.
Der Grund: Die Polizei will um jeden Preis ihre Exekutivgewalt wahren, stur, stoisch und zu jedem Preis. Die Verhältnismässigkeit ist dabei höchstens noch per Fernglas auszumachen. Dass «ihre Arbeit» in «unserem» Perimeter nicht so wie sonst überall passieren kann, scheint die Polizei in ihrem Selbstverständnis dermassen zu unterminieren, dass es sie offensichtlich gar zum sinnlosesten Grosseinsatz der letzten Jahre provozierte.

Und übrigens: Ein Sechzigschaft lupenreiner Neo-Faschisten mit höchstem Gewaltpotenzial und instant belegten Übergriffen spazierte dafür vor zwei Wochen am helllichten Tag durch die Innenstadt und wurde von der Polizei durch unsere Quartiere eskortiert. Und trotzdem scheint sich die Polizei immer wieder zu fragen, warum niemand mit Blumen auf dem Vorplatz auf sie wartet – uns bleibt die Spucke weg.
Ein langjähriger Mitarbeiter der Reitschule, Sonntag, 2. September 2018.


3. Bericht Revolutionäre Jugend Gruppe Bern (Originalquelle: https://revolutionär.ch/?p=3769)
Keine Polizei ist auch eine Lösung!
In der Nacht von vergangenem Samstag auf Sonntag kam es wieder einmal zu Provokationen und Gewaltausbrüchen auf Seiten der Polizei Bern.
Vergangene Nacht kam es in Bern erneut zu einer Gewalteskalation durch die Polizei.
Gestern Abend patroullierten die Bullen konstant auf dem Gebiet Schützenmatte und Vorplatz. Das dies keine gute Idee ist, wussten sie scheinbar selber, so waren bereits Bullen in Vollmontur über Stunden im Bollwerk am warten. Das Ziel der Bullen war ganz klar, eine Provokation soll zur Eskalation führen.
Zahlreiche Jugendliche formierten sich um ca. 23Uhr und konnten die patroullierenden Bullen vom Platz weisen. Geschlossen und mit Sprechchören wurde den Bullen klar gemacht, dass sie hier nicht erwünscht sind.
Als Reaktion darauf zogen kurze Zeit später schiesswütige Bullen in Vollmontur auf. Unverzüglich wurde auf die ausgelassen feiernde Menge auf dem Vorplatz geschossen. Die Menge reagierte mit dem was zur Hand war. So kam eine Antwort auf die Polizeiaggressivität mittels Flaschen und Steinen. Stundenlanges belagern, abschiessen von Unbeteiligten, zahlreichen verletzten Reitschulbesucher*innen, einige leicht verletzte Bullen und Tränengaseinsatz zogen sich durch die Nacht.
Für uns ist klar, die Bullen setzten die Gewalt ein um eine Eskalation zu erzielen. Denn ihnen wie uns ist auch klar, dass die Schützenmatte ein umkämpfter Ort ist, dies wird sich auch durch geplante Belebungen nicht ändern. Die neue Stufe der Polizeigewalt, welche auch Unbeteiligte mit Gummigeschossen anvisiert und abschiesst braucht unsere kollektive Antwort!
Allen von der Staatsgewalt Betroffenen wünschen wir gute Genesung und viel Mut!
Autonome Räume erkämpfen & verteidigen!


4. Medienbericht (Originalquelle: https://www.derbund.ch/bern/stadt/gummischrot-und-partyklaenge/story/28099719, https://www.derbund.ch/bern/stadt/polizei-verteidigt-sich/story/12081351 & https://www.bernerzeitung.ch/region/bern/trotz-belebung-der-schuetzenmatte-kam-es-zu-krawallen/story/22047508)
-DerBund: Gummischrot und Partyklänge
Samstagnacht bekämpften sich auf der Schützenmatte Polizei und Anwesende. Reto Nause spricht von einem «gezielten Angriff», die Reitschule von einer «geplanten Eskalation».
Es sollte ein Samstagabend werden, wie ihn Bern diesen Sommer einige gesehen hatte. Zwar zeigte das Thermometer bereits herbstliche Temperaturen an, da sich die Regenwolken aber im Verlaufe des Nachmittages verzogen, fanden doch Hunderte ihren Weg auf die Berner Schützenmatte. Dort geht zurzeit das Neustadt-lab über die Bühne und es finden somit viele Konzerte, Theater und Partys statt. Auch auf dem benachbarten Vorplatz der Reitschule war was los.

Doch dann kurz vor Mitternacht gerät die feucht-fröhliche Nacht aus ihrer Bahn. Wie verschiedene Augenzeugen vor Ort berichten, kommt es zu einem Konflikt zwischen Polizisten, die auf der Schützenmatte in Leuchtwesten patrouillierten, und Personen auf dem Vorplatz der Reitschule. Was genau passierte, darüber gehen die Ansichten auseinander. Einige sprechen davon, dass die Polizisten «lautstark zum weggehen aufgefordert wurden». Andere reden von «davonjagen». Die Kantonspolizei Bern schreibt in einer Mitteilung von «präventiver Präsenz» im Bereich der Schützenmatte. Eine Demo oder dergleichen war nicht angekündigt. Dabei seien die Einsatzkräfte mit Wasserballons attackiert worden.

Klar ist: Darauf rücken Polizisten in Vollmontur an, räumen einen Teil der Schützenmatte und postieren sich unter der Eisenbahnbrücke. Doch die Situation beruhigt sich nicht. Im Gegenteil. Einzelne Anwesende sind auf Krawall aus, provozieren die Beamtinnen und Beamten. Plötzlich fliegen Flaschen – die Kantonspolizei Bern schreibt in einer Mitteilung sogar von Eisenstangen und Feuerwerkskörpern. Die Polizei feuert mit Gummischrot zurück, setzt Pfefferspray ein und verjagt die Angreiferinnen und Angreifer, die sich darauf vermummen, sich sammeln und wiederum die Polizei attackieren. Als einige der Angreifenden versuchen, mit Absperrgittern eine grössere Barrikade zu errichten, setzen die Polizistinnen und Polizisten wieder Gummischrot und Reizstoffe ein.

Neustadtlab-Zwischennutzung bleibt sonst friedlich
Krawallmacher, die sich auf dem Vorplatz der Reitschule mit der Polizei ein Katz-Maus-Spiel liefern, gibt es immer wieder. Zum letzten solchen Vorfall kam es im vergangenen Winter. Speziell ist der Zeitpunkt: Noch nie rückte die Polizei während des nun bereits zum vierten Mal stattfindenden Neustadt-lab mit einem derart grossen Aufgebot an. Die Zwischennutzung wurde jeweils gelobt, weil sie die Konflikte um den Perimeter Schützenmatte entschärfte.
Auch um zwei Uhr, also einige Scharmützel später, befinden sich noch immer einige hundert Menschen auf der Schützenmatte und dem Vorplatz. Die grosse Mehrheit der anwesenden Menschen sucht nicht den Konflikt. Dennoch präsentiert sich die Situation für die Polizei unübersichtlich, in den Bars und auf den Freiluft-Tanzflächen geht der Ausgang nämlich weiter.

Mehrere Verletzte, darunter auch Polizisten
Der Platz bietet eine absurde Szenerie: Während auf dem Vorplatz und auch auf Teilen der Schützenmatte getanzt wird, verarztet die Sanitätspolizei nur 50 Meter weiter die, die vom Gummischrot Platzwunden davongetragen haben. «Komm wir gehen wieder feiern», sagt ein Jugendlicher, nachdem er einige Minuten von hinten die Polizeireihe beobachtet hat. Nur: Feiern gehen heisst, um die Polizei herum auf den Vorplatz zurücklaufen, wo sich auch die Flaschenwerfer aufhalten und in deren Richtung immer wieder eine Salve Gummischrot abgefeuert wird.

Um vier Uhr, also weitere Scharmützel später, beruhigte sich die Situation. Bei den Auseinandersetzungen sind laut Polizei Angreifer angehalten worden – «die Abklärungen dazu sind im Gange». Doch schon jetzt ist klar: «Mehrere Polizisten wurden beim Einsatz verletzt», sagt Polizeisprecher Gnägi.
Aber nicht nur Polizisten sollen verletzt worden sein, sondern auch Personen der Gegenseite, wie die die Revolutionäre Jugend Gruppe Bern (RJG) auf Facebook schreibt. In ihrem Statement sprechen sie davon, dass die Polizei gezielt Gewalt eingesetzt habe, «um eine Eskalation zu erzielen.» Die Gruppe sieht den Platz scheinbar als Schlachtfeld an. «Denn ihnen wie uns ist auch klar, dass die Schützenmatte ein umkämpfter Ort ist, dies wird sich auch durch geplante Belebungen nicht ändern.»

Nause: «Zentraler Punkt der Kriminalität»
Der Stadtberner Sicherheitsdirektor Reto Nause (CVP) beurteilt den Vorfall als «gezielten und bewussten Angriff auf die Polizei vor Ort». Nach seinen Kenntnissen seien drei Polizisten verletzt und sieben bis acht Personen angehalten worden. Aber weshalb war die Polizei auf der wegen dem Stadtlabor stark besuchten Schützenmatte überhaupt derart präsent? «Die Schützenmatte ist der zentrale Punkt der Kriminalität in der Stadt Bern», so Nause. Deshalb sei eine erhöhte Polizeipräsenz nur logisch und sinnvoll. Zudem fordert er eine Stellungnahme der Reitschule. «Haben die Verantwortlichen Kenntnisse gehabt oder welche Massnahmen hat der Sicherheitsdienst der Reitschule getroffen, um eine Eskalation zu verhindern?»

Reitschule nimmt Stellung
Nun meldet sich auch die Mediengruppe der Reitschule zu Wort. In einer Mitteilung spricht sie von einem «unverhältnismässigen und gefährlichen Einsatz» und einer «geplanten Eskalation». Eine Person läge noch im Spital, da sie durch Gummischrot auf Höhe des Genitalbereichs getroffen worden sei.
Die Reitschule hat via soziale Medien einen Aufruf gestartet, bei dem Augenzeugen ihre Video-Aufnahmen und Berichte einsenden können.

-DerBund: Polizei verteidigt sich – Reitschule sammelt Beweise
Der umstrittene Polizeieinsatz vom Wochenende wird Thema beim Berner Regierungsrat. Die Reitschule «dokumentiert» weitere Fälle von Kopfverletzungen.
Einen Tag nach den Ausschreitungen auf der Schützenmatte nimmt die Polizei Stellung zu den Vorwürfen an ihre Adresse. In der Nacht von Samstag auf Sonntag griffen Jugendliche auf dem Vorplatz eine Fusspatrouille der Polizei mit Wasserballonen an. Die Situation eskalierte im Lauf der Nacht.

Angriffe trotz Rückzug
Die Polizei habe versucht, die Fusspatrouillen über das Kontakttelefon zur Reitschule anzukündigen, schildert Sprecherin Jolanda Egger die Ereignisse. Der Anruf sei aber nicht beantwortet worden. Als die Polizisten mit Wasserballons beworfen worden seien, hätten sie sich auf dem Gelände zurückgezogen, um Distanz zu schaffen. Als die Patrouillen trotz Rückzug mit harten Wurfgegenständen wie Flaschen und Steinen angegriffen worden seien, hätten sie Verstärkung angefordert.
Kritiker werfen der Polizei vor, sie habe Unbeteiligte nicht via Megafon vom Gummischroteinsatz gewarnt. Egger entgegnet dem Vorwurf, die Polizei sei vom Dach der Reitschule aus attackiert worden und habe zur eigenen Sicherheit rasch handeln müssen. Der Einsatz werde nun intern analysiert. Dabei werde auch die externe Kritik wie zum Beispiel das Auftauchen von Gummigeschossen mit aufgemalten Smileys berücksichtigt. Zwei beim Einsatz verletzte Polizisten konnten das Spital unterdessen wieder verlassen.

GLP-Grossrat stellt Fragen
Die Vorfälle auf der Schützenmatte in der Nacht von Samstag auf Sonntag werden auch im Kanton zu reden geben. Der GLP-Grossrat Thomas Brönnimann hat eine Anfrage an den Regierungsrat gestellt. Darin will er aufgrund der Berichterstattung im «Bund» wissen, ob der Regierungsrat den Einsatz als verhältnismässig erachtet und welche Ziele die Kantonspolizei damit verfolgte.
Er wolle keine Partei ergreifen, sagt Brönnimann auf Anfrage. Doch als Mitglied der Sicherheitskommission sei es seine Aufgabe, kritische Fragen zu stellen. «Ich mache mir Sorgen, wenn ich weiss, dass dort gedealt wird, wo meine Kinder verkehren», sagt er. Er mache sich aber auch Sorgen, wenn die Polizei ohne offensichtlichen Anlass wie eine Demonstration mit einem Grossaufgebot auftauche und Gummischrot schiesse. «Als neutraler Beobachter beschleicht mich das Gefühl, dass hier etwas eskaliert und aus dem Ruder läuft», sagt er.

Reitschule dokumentiert Gewalt
Die Juso der Stadt Bern verurteilten den Polizeieinsatz via Medienmitteilung. Sie sprachen dabei von «Machtdemonstration», «Provokation» und «Willkür» seitens der Polizei.
Auch die Reitschule meldete sich in der Nacht auf Dienstag noch einmal zu den Vorfällen und zeigt sich «immer noch entsetzt», dass die Polizei eigenes Fehlverhalten kategorisch ausschliesse. Die Kulturbertreiberin verweist auf ihr zugesandtes Video- und Bildmarterial, das verletzte Menschen zeigt – darunter auch solche, die am Kopf getroffen worden sind, etwa direkt ins Auge. Eine andere Person sei im Genitalbereich von einem Gummigeschoss getroffen worden. Die Reitschule spricht von 14 bisher bekannte Verletzungen und Übergriffe von der Nacht auf Sonntag durch die Polizei, die sie «dokumentiert» habe.

-Bernerzeitung: Trotz Belebung der Schützenmatte kam es zu Krawallen
Eine belebte Schützenmatte sorgt für Beruhigung im Umfeld der Reitschule. So die Idee. In der Nacht auf Sonntag kam es dennoch zu Scharmützeln.
Kinder bemalen den Boden mit Kreide. Männer und Frauen schlendern durch den Flohmarkt auf der Schützenmatte. Am Sonntag deutete nichts mehr darauf hin, was noch einige Stunden vorher auf dem Vorplatz der Reitschule vor sich gegangen war: Wieder einmal kam es zwischen einer Gruppe von jungen Leuten und der Polizei zu Scharmützeln. Flaschen und Steine flogen gegen die Einsatzkräfte.

Diese wiederum setzten Gummischrot und Pfefferspray ein. Das Fazit: drei verletzte Polizisten, mehrere Personen, die vor Ort von der Ambulanz versorgt werden mussten, sowie acht Festnahmen. Berns Sicherheitsdirektor Reto Nause (CVP) verurteilt die Gewalt aufs Schärfste: «Das war eine gezielte Aktion gegen die Polizei.»
«Mit Blick auf Bern und die Schweiz erkennt man, dass es besonders im Ausgang zu Auseinandersetzungen kommt», sagt Nause weiter. Die Anzahl Vorfälle nehme zwar nicht zu, jedoch seien die einzelnen Fälle gravierender als früher. Die Stadt Bern legt ein Augenmerk auf die öffentlichen Sicherheit und Tätlichkeiten im Ausgang. An den Wochenenden würden nun mehr Pa­trouillen der Polizei eingesetzt. Sie sollen an Hotspots wie der Aarbergergasse oder der Schützenmatte Präsenz markieren und damit Übergriffe und Tätlichkeiten verhindern.

Unruhe trotz Belebung
Für mehr Sicherheit sollte auch das Neustadt-Lab – die Belebung der Schützenmatte durch Gastroangebote und kulturelle Veranstaltungen – sorgen.
Juerg Luedi, Projektleiter des Neustadt-Labs 2018, überrascht die Eskalation auf dem Vorplatz der Reitschule. Er war vorher am Abend noch vor Ort: «Bis um Mitternacht war alles friedlich.» Zu dieser Zeit habe das Neustadt-Lab seinen Betrieb eingestellt. «Wir hatten kein grosses Programm am Samstag. Der Kinoabend wurde wegen des schlechten Wetters abgesagt.»
Das Neustadt-Lab verfügt über einen eigenen Sicherheitsdienst, der am Wochenende regelmässig patrouilliert. Dieser habe sich am Samstag nicht eingemischt. «Es war eine Auseinandersetzung zwischen der Polizei und deren Gegenspieler. Mit dem Neustadt-Lab hatte dies nichts zu tun.»

Politik ist gefragt
Erfüllt die belebte Schützenmatte also gar nicht ihren Zweck? «Wenn sich gewaltbereite und vermummte Personen zusammenrotten, bringt die Belebung nichts», sagt Reto Nause. Damit will er das Konzept der Belebung aber nicht grundsätzlich infrage stellen: «An anderen Orten, wie beispielsweise der Grossen Schanze, hat sich die Situation verbessert.»
Auf der Schützenmatte habe man es jedoch mit einem anderen Phänomen zu tun. «Die Täter suchen gezielt den Konflikt mit der Polizei.» Die Sprayereien an und in der Reitschule zeigten, dass Linksautonome einen rechtsfreien Raum errichten wollen – und dabei die Polizei fernhalten wollen. «Bern ist die Hauptstadt der Schweiz. Einen rechtsfreien Raum können wir nicht tolerieren.» Politik und Rechtsstaat seien nun gefragt.

Reitschule verurteilt Einsatz
Die Mediengruppe der Reitschule verurteilt den Polizeieinsatz. Schon deutlich vor Mitternacht sei Mitarbeitenden aufgefallen, dass in der Hodlerstrasse mehrere Kastenwagen parkiert gewesen seien. Deshalb hegen die Reitschüler den Verdacht, die Intervention sei geplant und die Eskalation gewollt gewesen.
Die Polizei habe zudem einige der Gummigeschosse mit Smileys und anderen Beschriftungen versehen: «Die Polizei scheint sich über die Leute, auf die sie schiesst, lustig zu machen und untermauert damit den Verdacht der geplanten Eskalation», heisst es im Communiqué.

Die Gewalt sei von einer Gruppe ausgegangen, die aus der Reitschule kam, heisst es im Gegensatz dazu im Communiqué der Polizei. Erst sei eine Patrouille mit Wasserballons beworfen worden. Kurze Zeit später hätten sich rund zwei Dutzend Personen vor der Reitschule versammelt. Die Polizisten forderten Verstärkung an, woraufhin sie mit Flaschen, Feuerwerkskörpern und Steinen beworfen wurden.
Die Linksautonomen seien während des Tumults in der Reitschule ein- und ausgegangen, sagt Reto Nause. Zudem habe es wohl Angriffe gegen die Polizei vom Dach aus gegeben. Es müsse deshalb die Frage gestellt werden, wie sich die Betreiber und deren Sicherheitsdienst verhalten hätten. Nause hält es deshalb für angezeigt, dass die Justiz eine Untersuchung einleitet.


5. Medienbericht Smiley auf Munition (Originalquelle: https://www.watson.ch/schweiz/bern/350475397-gummischrot-mit-smileys-die-krawalle-in-bern-im-ueberblick & https://www.watson.ch/schweiz/bern/687124718-nun-ist-klar-von-wem-das-smiley-kam?)
-watson: «Gummischrot mit Smileys» – die Krawalle in Bern im Überblick
Auf dem Vorplatz der Reitschule in Bern kam es am Samstagabend zu Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und Besuchern des autonomen Kulturzentrums. Ein Überblick zu den Geschehnissen.

Am Samstagabend sei gegen 23.30 Uhr eine Polizeipatrouille durch eine Gruppe von der Reitschule her mit Wasserballonen beworfen und bedrängt worden, schreibt die Polizei. In der Gruppe hätten sich auch vermummte Personen befunden. Die Polizei habe sich daraufhin in Wurfdistanz zurückgezogen, und die Gruppe sei vorübergehend ins Innere der Reitschule zurückgegangen.

Polizei forderte Verstärkung an
Kurz nach Mitternacht hätten sich dann erneut von der Reitschule her rund zwei Dutzend Personen und wiederum zahlreiche Vermummte versammelt, schreibt die Polizei weiter. Aus der Menge heraus seien die Beamten von diesen gezielt mit mehreren Flaschen beworfen worden.
Als weitere Einsatzkräfte der Polizei vor Ort eintrafen, wurden diese laut Polizeiangaben ebenfalls mit Steinen, Flaschen, Eisenstangen und Feuerwerkskörpern angegriffen. Die Polizei setzte ihrerseits Gummischrot und Reizstoff ein.

Bilanz
Drei Polizisten wurden verletzt, zwei davon mussten in Spitalpflege gebracht werden. Ein Ambulanzteam betreute nach Polizeiangaben vor Ort mehrere Personen, die aufgrund des Reizstoffeinsatzes Beschwerden hatten.
Acht Personen wurden schliesslich von der Polizei angehalten. Die Angehaltenen wurden für weitere Abklärungen auf eine Polizeiwache gebracht. Sie werden sich nach Polizeiangaben alle vor der Justiz verantworten müssen.

Kritik am Polizeieinsatz
Am Sonntagabend meldete sich auch die Mediengruppe der Berner Reitschule zu Wort. Sie sprach in einer Mitteilung von «polizeilichem Fehlverhalten» und dokumentierte diese Aussage mit einem Foto eines offenbar von der Polizei verletzten Mannes sowie einem Video, das Polizisten zeigen soll, die Gummischrotschüsse auf Kopfhöhe abgegeben haben.
Dies seien «direkte Regelverstösse durch die Kantonspolizei», schreiben die Betreiber der Reitschule. Es gebe einen «eklatanten Mangel in der Kontrolle des Verhaltens einzelner Polizisten». Die Mediengruppe fordert eine Stellungnahme der Polizei zu den Vorwürfen.

Smileys auf Gummischrot
Gemäss Augenzeugen soll die Kantonspolizei einige der eingesetzten Gummischrotgeschosse mit Smileys und anderen Beschriftungen versehen habe. Die Reitschule schrieb dazu in der Medienmitteilung: «Die Polizei scheint sich über die Leute, auf die sie schiesst, lustig zu machen und untermauert damit den Verdacht einer geplanten Eskalation.»
Gegenüber dem Blick erwiderte KaPo-Sprecherin Jolanda Egger darauf: «Ein solches Vorgehen verstösst gegen unsere Richtlinien. Deshalb können wir uns nicht vorstellen, dass die Beamten so gehandelt haben.» (sda/vom)

-watson: Das Smiley auf dem Gummigeschoss kam doch von einem Polizisten
Das Gummischrot-Smiley sorgte weit über Bern hinaus für Aufsehen. Anfangs Monat kam es rund um die Berner Reitschule zu einer Auseinandersetzung, bei der die Polizei Gummischrot einsetzte. Wenig später veröffentlichte die Reitschule auf Social Media ein Foto eines Gummi-Geschosses, auf dem ein Smiley versehen war. «Dies untermauert, dass die Eskalation geplant war», schrieb die Mediengruppe der Reitschule damals.
Die Polizei wies die Schuld jedoch von sich. «Das Smiley auf einem der Gummigeschosse kann sich im Polizeiverband niemand erklären», sagte Adrian Wüthrich, Präsident des Kantonalberner Polizeiverbandes.

Kapo-Sprecherin Jolanda-Egger meinte gegenüber watson: «Ein solcher Umgang widerspricht fundamental unseren Grundsätzen und würde nicht toleriert.»
Mitarbeiter stellt sich
Doch wie sich nun herausgestellt hat, wurde das Smiley tatsächlich von einem Polizisten aufgemalt. Der Mitarbeiter habe sich im Verlauf der letzten Woche bei den Vorgesetzten gemeldet. Die Person habe das Smiley vor vier Wochen bei einer Sportveranstaltung aufgemalt, so Kapo-Sprecherin Ramona Mock gegenüber «Tele Bärn». Der Polizist habe seinen Fehler eingesehen. «Wir haben das Gespräch mit der Person gesucht und sie für die Thematik sensibilisiert. Personalrechtliche Konsequenzen wird der Fall keine nach sich ziehen.» (cma)


6. Medienmitteilung Kantonspolizei (Originalquelle: https://www.police.be.ch/police/de/index/medien/medien.meldungNeu.html/police/de/meldungen/police/news/2018/09/20180902_1423_bern_mitteleinsatzundanhaltungennachangriffenaufpolizisten)
Bern: Mitteleinsatz und Anhaltungen nach Angriffen auf Polizisten
Im Bereich der Schützenmatte ist es in der Nacht auf Sonntag zu Angriffen gegen Einsatzkräfte der Kantonspolizei Bern gekommen. Die Polizisten wurden mehrfach mit gefährlichen Gegenständen, darunter Flaschen, Steinen und Eisenstangen, beworfen. Es mussten mehrmals Mittel eingesetzt werden. Drei Polizisten wurden verletzt. Acht Personen wurden angehalten.

Am Samstagabend, 1. September 2018, war eine Patrouille der Kantonspolizei Bern im Rahmen präventiver Präsenz im Bereich Schützenmatte unterwegs.
Gegen 2330 Uhr wurde die anwesende Patrouille durch eine Gruppe Personen, in der sich auch Vermummte befanden, von der Reitschule her mit Wasserballonen beworfen und bedrängt. In der Folge zog sich die Patrouille aus der Wurfdistanz zurück, um die weitere Entwicklung zu beobachten. Dabei wurde festgestellt, wie sich die Gruppe vorübergehend ins Innere der Reitschule zurückzog. Kurz nach Mitternacht versammelten sich erneut von der Reitschule her rund zwei Dutzend Personen, darunter auch wiederum zahlreiche Vermummte. Dabei konnten die Polizisten in der Gruppe auch Personen ausmachen, die Stöcke und Flaschen bei sich trugen. Aus der Menge heraus wurden schliesslich gezielt mehrere Flaschen gegen die Einsatzkräfte geworfen. Umgehend forderten die Polizisten daraufhin Unterstützung an.

Als weitere Einsatzkräfte vor Ort eintrafen, wurden diese ebenfalls sofort mit Steinen, Flaschen, Eisenstangen und Feuerwerkskörpern – teils auch vom Dach der Reitschule und aus dem Schutz errichteter Deckungen – angegriffen. Zum Eigenschutz und um die Angreifer zurückzudrängen, mussten Gummischrot und Reizstoff eingesetzt werden. Als einige der Angreifer versuchten, mit Absperrgittern eine grössere Barrikade zu errichten, wurde dies durch die Einsatzkräfte mit erneutem Mitteleinsatz unterbunden. Drei Polizisten wurden verletzt, zwei davon mussten in Spitalpflege gebracht werden. Ein Ambulanzteam betreute vor Ort mehrere Personen, die aufgrund des Reizstoffeinsatzes Beschwerden hatten.
Im Rahmen des Einsatzes wurden acht Personen angehalten, darunter drei, die gemäss Beobachtungen Gegenstände gegen die Einsatzkräfte geworfen hatten. Die Angehaltenen wurden für weitere Abklärungen auf eine Polizeiwache gebracht. Sie werden sich allesamt vor der Justiz verantworten müssen.