2019,  Demo,  Repression

Silvesterdemo

Inhalt:
1. Aufruf
2. Mobi-Transpi
3. Communiqué
4. Medienbericht


1. Aufruf (Originalquelle: https://www.facebook.com/InfoAGB/photos/a.527339417414419/1493208447494173/?type=3&__tn__=-R)
Unregierbar bleiben – Kein Gesetz hält uns auf!
Das Jahr 2019 neigt sich dem Ende zu – ein Jahr voller Prozesse, Eindrücke und Emotionen.
Viele Kämpfe fanden statt, welche einen wichtigen Anteil an die sozialen Bewegungen in Bern und weltweit leisteten. Der Klimastreik vereinte unterschiedliche Generationen über Monate hinweg für eine ökologische und antikapitalistische Alternative. Der schweizweite Frauen*streik, welcher zeigte, dass queer-feministische Kämpfe immer präsenter werden. Häuser wurden besetzt, um auf Leerstand, Wohnungsnot und fehlende Freiräume aufmerksam zu machen. Unzählige Demos fanden statt, bei welchen verschiedenste Themen aufgegriffen wurden. Die Ideen Rojavas lebten in vielen kreativen Aktionen auf.

Wo sich die sozialen Kämpfe formierten, reagierte der Staat aber auch mit Repression. Andere Projekte mussten gezwungenermassen einen Schlussstrich ziehen. Das Projekt Fabrikool wurde diesen März geräumt. Weitere Versuche neue Räume zu erkämpfen, wie an der Brunnmattstrasse 46a, das Betagtenheim in Zollikofen und an der Bitziusstrasse 13, wurden schnell im Keim erstickt.
Auch das Hausprojekt der Familie Osterhase in Ostermundigen neigte sich im Herbst 2019 dem Ende zu, welches kurz darauf abgerissen wurde.
Anklagen wegen angeblich begangenen Delikten wie Landfriedensbruch, Sachbeschädigung, Hinderung einer Amtshandlung, Hausfriedensbruch und noch viele mehr, sind die Überreste eines ereignisreichen Jahres. Mit dem neuen Polizeigesetz erhält die Justiz noch mehr Macht. Die autoritären Züge des Staates werden immer klarer.

Weltweit sorgen wachsende rechte Strömungen für ein Erstarken von Repression und staatlicher Gewalt. Der Staat legitimiert Gewalt und Überwachung mit dem Schutz seine*r Bürger*innen. Unsere Freiheit stirbt durch die Sicherheit und dient den Herrschenden ihre Position zu sichern. Der Staat will die Kontrolle über persönliche Daten, Einsicht in unsere Privatsphäre und Einfluss auf das Leben der Menschen. Dies betrifft uns alle in irgendeiner Form.

Widerstand gegen solche Bemühungen und weitere Unterdrückungsmechanismen werden deshalb immer dringlicher. Überall auf der Welt stehen Menschen auf, um sich gegen die Unterdrückung durch Patriarchat, Kapital und Staatsgewalt zu wehren. So zum Beispiel in Chile, Frankreich, Griechenland oder auch in Rojava. Die Kraft aus diesen Kämpfen spüren wir seit Monaten bis hier hin.

Deshalb werden wir uns in der Silvesternacht die Strassen nehmen, um an allen von Repression betroffenen oder getöteten zu (ge-)denken. Wie beispielsweise Kilu der am 26.12.18 sein Leben in Polizeigewahrsam verlor und den vielen anderen, welche meist unbekannt blieben. Wir wollen diese Nacht nutzen, um unsere Anliegen auf die Strasse zu tragen und dem Staat zeigen, dass wir uns von dieser Gewalt nicht unterkriegen lassen. Stärker denn je, ist es wichtig, dass wir zusammenstehen und gemeinsam für eine bessere Welt kämpfen, in der wir uns ohne Polizei und Staat organisieren.

Machen wir am 31. Dezember die Nacht zum Tag
22:00 Bahnhofsplatz Bern
Wir bleiben unregierbar!


2. Mobi-Transpi (Originalquelle: https://www.facebook.com/InfoAGB/posts/1501302630018088?__tn__=-R)
Am 31.12 wird für 22 Uhr zur Silvesterdemo am Bahnhofplatz in Bern aufgerufen. Rund um die Demonstration wird es eine autonome Antirepressions-Struktur geben. Diese ist unter folgender Nummer zu erreichen: 077 937 87 34

Bis zum aktuellen Zeitpunkt gab es keine eindeutigen Aussagen, dass eine Demonstration seitens der Stadt nicht toleriert wird. Ein Grossaufgebot an Silvester zu stellen, ist entsprechend schwierig, da die Cops im ganzen Kanton unterwegs sein müssen. Klar ist jedoch, dass eine „sichtbare Präsenz“ angekündigt ist, was an Silvester in der Stadt sowieso schon seit Jahren der Fall ist.

Während der Demo ist uns der Schutz und das Wohlbefinden aller Teilnehmenden wichtig. Gebt also aufeinander acht, wenn ihr beispielsweise übergriffiges Verhalten oder unvorsichtigen Umgang mit Feuerwerk bemerkt. Gemeinsam wollen wir einen solidarischen Abend verbringen und unsere Route laufen können.

Falls ihr Personenkontrollen, Festnahmen oder ähnliches beobachtet so meldet dies der Antirep-Struktur. Wenn ihr faschistische oder sexistische Übergriffe beobachtet, so könnt ihr dies beim Lautsprecher melden. Für Tipps zum Thema Antirepression verweisen wir auf den Infoflyer von AntiRep-Bern: https://www.antirep-bern.ch/?page_id=57


3. Communiqué (Originalquelle: https://www.facebook.com/InfoAGB/posts/1502205296594488?__tn__=-R)
In der Silvesternacht vom 31. Dezember 2019 gingen in Bern ca. 200 Menschen, unter dem Motto „Unregierbar bleiben – Kein Gesetz hält uns auf!“ auf die Strasse. Es war ein erster Versuch in Bern eine Silvesterdemo zu organisieren. Wir wollten konsequent und von Beginn des neuen Jahres klar machen, dass uns ein neues Polizeigesetz nicht einschüchtern kann. Bezüglich der Demo möchten wir ein selbstkritisches Fazit ziehen. So wurde teilweise fahrlässig mit Feuerwerk umgeangen. Auch wollten wir ein buntes und vielfältiges Auftreten, was wir mit bunten Masken auch versucht haben.

Wir zogen mit einer feierlichen und kämpferischen Stimmung durch Bern. Zahlreiche Aktionen setzten zudem weitere Akzente zur Demo. So wurde auf dem Bundesplatz ein Jahresrückblick gezeigt. Ausserdem wurden zahlreiche Wegweiser zum Knast aufgestellt. Diese waren mit Infotexten zu verschiedenen repressiven Ereignissen ergänzt. Auf dem Waisenhausplatz, wo wir auch das neue Jahr begannen, machten wir einen längeren Stopp. Dort gedachten wir an „Kilu“, der auf dem Waisenhauspolizeiposten sein Leben verlor. Auch machten wir auf die unbekannten Toten durch das Knastsystem aufmerksam.

Zudem erinnerten wir an die zahlreichen Kämpfe für mehr Freiräume. So verschwanden dieses Jahr Projekte wie Fabrikool, Brunnmattstrasse, Zollikofen, Bitziusstrasse oder der Familie Osterhase / Villa Wahnsinn. Auch weitere Projekte stehen zunehmend unter Druck wie die regelmässigen Razzien, Bussen und Verschärfungen bei der Reitschule zeigen. 2020 wollen wir aus dieser Defensive herauskommen und neue Räume erkämpfen.

Weltweit zeigt sich an verschiedene Orten eine Zunahme an Polizeigewalt. In Chile starben seit dem Beginn der Proteste fast 40 Menschen. In Griechenland findet eine regelrechte Jagd auf Anarchist*innen statt. In Frankreich schafft es die Polizei trotz massiver Gewaltanwendung nicht, die Proteste niederzuschlagen. Wir senden solidarische Grüsse in alle Ecken der Welt, wo die Menschen sich auflehnen gegen die Herrschenden. Den Mut und die Entschlossenheit dieser Kämpfe nehmen wir uns als Beispiel. Face the fear – fight state and police.


4. Medienbericht (Originalquelle: https://www.derbund.ch/bern/silvesterdemo-blieb-ohne-zwischenfaelle/story/14513412)
Rund 200 Linksaktivisten haben in der Silvesternacht in der Stadt Bern demonstriert. Es blieb friedlich, jedoch wurden kämpferische Ansagen gemacht.

In der Silvesternacht zogen rund 200 Personen aus dem linksautonomen Umfeld durch die Stadt Bern. Unter dem Motto «Unregierbar bleiben – kein Gesetz hält uns auf» wollte der Demonstrationszug auf verschiedene Anliegen aufmerksam machen. Die Berner Kantonspolizei hat ihr Dispositiv aufgrund dieser Protestaktion verstärkt und begleitete diese.

Laut der Polizei kam es dabei zu keinen grösseren Zwischenfällen. Kurz nach 1 Uhr schreibt sie auf Twitter: «Die unbewilligte Demo hat sich nach Mitternacht bei der Schützenmatte aufgelöst.» Der Umzug, der durch Teile der Altstadt führte, habe sich auf den Verkehr ausgewirkt. Zudem seien Pyros und Knallkörper gezündet worden.

Fortsetzung folgt?
In derselben Nacht wurde auch von den Organisatoren ein Statement veröffentlicht. Auf der Facebookseite der Anarchistischen Gruppe Bern wurde ein «selbstkritisches Fazit» gezogen. So heisst es im Schreiben, dass teilweise fahrlässig mit Feuerwerk umgegangen worden sei. Es lässt sich vermuten, dass es nicht die letzte Protestaktionen in einer Neujahrsnacht gewesen sein dürfte. Die Veranstalter schreiben: «Es war ein erster Versuch in Bern eine Silvesterdemo zu organisieren.»

Die Stimmung der Demonstrationsteilnehmenden wird von den Veranstaltern als «feierlich und kämpferisch» beschrieben. In dieser Gefühlslage marschierte der Demonstrationszug vom Bubenbergplatz durch die Bundesgasse auf den Bundesplatz. Das Bundeshaus dabei von der Polizei abgeschirmt. Weiter ging es vom Casinoplatz durch die Markt- und Spitalgasse und via Bollwerk in die Aarbergergasse. Vom Waisenhausplatz liefen die Protestierenden dann zum Vorplatz der Reitschule, wo sich die Demonstration auflöste.

«Lassen uns nicht einschüchtern»
Die Demonstrierenden protestierten gegen mehrere Dinge. So nennen die Veranstalter zum Beispiel das neue Polizeigesetz, das zum Jahreswechsel in Kraft getreten ist. «Wir wollen klarmachen, dass uns dieses nicht einschüchtern kann», heisst es in der Mitteilung. Zudem wurde auf dem Waisenhausplatz dem 20-jährigen Berner gedacht, der vor einem Jahr auf einer Polizeiwache verstorben ist.

Weiter beklagen die Veranstalter das Verschwinden von Freiräumen und nennen Fabrikool in der Länggasse oder aber auch Zwischennutzung der Familie Osterhase in Ostermundigen als Beispiele. Im neuen Jahr solle sich das jedoch ändern. «2020 wollen wir aus dieser Defensive herauskommen und neue Räume erkämpfen.»