2021,  Antifaschismus

Italienischer Terrorist besuchte Neonazis in Bern

Inhalt:
1. Medienbericht


1. Medienbericht (Originalquelle: https://www.blick.ch/schweiz/die-geheimen-abhoerprotokolle-italo-terrorist-besuchte-neonazis-in-der-schweiz-id16667415.html)
Die geheimen Abhörprotokolle
Italienischer Terrorist besuchte Neonazis in der Schweiz
Vier Rechtsextreme aus Mailand planten Anschläge in Italien. Überwachungsprotokolle zeigen: Kurz vor seiner Verhaftung war der Kopf der Zelle zu Besuch in Bern – bei der Gruppierung Junge Tat.

Sie waren zu allem bereit. Vier Neonazis aus Mailand (I), Politikwissenschaftsstudenten, alle Anfang 20. Ihr Plan: Anschläge auf Linke und Migranten. Ihr Ziel: Der Umsturz, die Errichtung einer faschistischen Diktatur.
Am 16. Juni machte sich die rechtsextreme Zelle auf den Weg, ihr erstes Opfer anzugreifen – einen muslimischen Schwarzen.

Die Ermittler der italienischen Antiterror-Einheit Digos stoppten sie in letzter Minute. Sie verhafteten die jungen Männer im Zentrum von Mailand. Im Rucksack von einem der vier fanden die Beamten Sturmmasken, Schlagstöcke und ein Messer.
Verbindung zu Schweizer Gesinnungskameraden

Was die Nachwuchsterroristen nicht wussten: Die Fahnder hatten sie über Monate hinweg observiert. Dem SonntagsBlick liegen Überwachungsprotokolle der Mailänder Justiz vor. Sie zeigen, wie gefährlich die vier Neonazis waren – und wie sie kurz vor ihrer Verhaftung Verbindungen zu Schweizer Gesinnungskameraden aufbauten.

Zuständig für den Kontakt in die Schweiz war der Kopf der Mailänder Zelle, A. T.*. In verschlüsselten Chats mit seinen Mitstreitern agierte der 20-Jährige unter dem Decknamen «Breivik» – benannt nach dem Rechtsterroristen Anders Breivik, der 2011 beim Anschlag auf der norwegischen Insel Utøya 77 Menschen ermordet hatte.

Am 15. Mai reiste der Nachwuchs-Breivik nach Bern. Dort besuchte er Mitglieder der rechtsextremen Gruppierung Junge Tat, die ihn eingeladen hatten. Sicherheitsbehörden beobachteten das Treffen. Die Neonazis unternahmen gemeinsam eine Wanderung in ein «abgelegenes, bewaldetes Gebiet», später lieferten sie sich eine Schlägerei mit Antifa-Aktivisten.

Begeistert vom Treffen mit den Schweizern
Der Mailänder T. wollte in der Schweiz nicht nur Kontakte zu Gleichgesinnten knüpfen, sondern auch eine Waffe kaufen. Bereits vor seiner Reise nach Bern hatte er einen Deal eingefädelt, der jedoch am Ende scheiterte. Unklar ist, ob der Besitzer der Waffe ein Mitglied der Jungen Tat war.
T. zeigte sich begeistert vom Treffen mit den Schweizern. Zurück in Mailand schwärmte er in einem abgehörten Telefongespräch von den Aktivisten der Gruppe und ihren durch Kampftrainings gestählten Körpern: «Schau sie dir an und dann schau dir die von Casapound oder Forza Nuova an (italienische Neonazi-Gruppierungen; Red.), die dicken Typen mit Leberzirrhose. Das ist eine ganz andere Sache.»

Einzig der öffentliche Auftritt der Jungen Tat in den sozialen Medien war dem Mailänder suspekt. So gebe sich die Gruppe zwar subversiv, operiere dann aber doch «im Schein der Sonne». Das biete den Sicherheitsbehörden unnötige Angriffsflächen.

Fantasien vom globalen Rassenkrieg
Die Rechtsextremen der Jungen Tat setzen auf professionell produzierte Propagandavideos, die sie online über Instagram und Telegram verbreiten. Die Gruppe hat es mit ihren Auftritten geschafft, den Rechtsextremismus wieder für junge Menschen attraktiv erscheinen zu lassen. Tausende verfolgen ihre Kanäle.
Gegen aussen geben sich die Mitglieder der Jungen Tat als hippe Patrioten. Hinter den Kulissen aber fantasieren sie vom globalen Rassenkrieg – und vernetzen sich international. Die Behörden sind bereits wiederholt gegen die Gruppe vorgegangen. In den Kantonen Zürich und Luzern wurden Anhänger vorübergehend festgenommen und Waffen beschlagnahmt.

Die militanten Mailänder beabsichtigten nach dem Treffen in Bern, weiterhin Kontakt zur Jungen Tat zu pflegen. Zwar wollten sie mit ihrer eigenen Zelle, die sie «Avanguardia Rivoluzionaria» (Revolutionäre Vorhut) nannten, vor allem in Italien operieren, aber auch ein internationales Netzwerk aufbauen.

«Vormachtstellung der weissen Rasse» als Ziel
Diese Pläne haben die Antiterrorfahnder einstweilen durchkreuzt. Aus Mailänder Justiz-Dokumenten geht hervor, dass die Ermittler die Vierergruppe als «ernsthafte Bedrohung für die öffentliche Ordnung» einstuften.
Die Dialoge zwischen «Breivik» und seinen Mitstreitern würden zeigen, dass der verhinderte Angriff auf den muslimischen Schwarzen vom 16. Juni nur der Anfang einer ganzen Serie von Anschlägen gegen Migranten, Linke und «die Elite» gewesen wäre.

Sämtliche Aktivitäten der Avanguardia Rivoluzionaria haben laut den Dokumenten dasselbe strategische Ziel: Die Durchsetzung der «Vormachtstellung der weissen Rasse». Und die Eliminierung von Andersdenkenden.
*Name der Redaktion bekannt