2000,  Antikapitalismus,  Arbeitskampf,  Repression,  Video

Arbeitsstreik Anstalt Thorberg

Inhalt:
1. Medienmitteilung Streik Kanton Bern
2. Medienmitteilung Beendigung Streik Kanton Bern
3. Medienbericht


1. Medienmitteilung Streik Kanton Bern (Originalquelle: https://www.be.ch/portal/de/index/mediencenter/medienmitteilungen/suche.archiv.meldungNeu.html/portal/de/meldungen/archiv/2000/03/20000314_mm_3272.html)
Arbeitsstreik in den Anstalten Thorberg: Weitere Insassen zum Mitmachen gezwungen
13. März 2000 – Medienmitteilung
aid. Die Streikenden in den Anstalten Thorberg haben neun weitere Insassen zum Mitmachen gezwungen. Die Mehrheit der Insassen geht nach wie vor ihrer täglichen Arbeit nach. Die Direktion der Anstalten setzt weiterhin auf ?milde? Massnahmen gegen den Streik.

Mit massiven Drohungen ist es den Streikenden in den Anstalten Thorberg gelungen, weitere neun Insassen zum Mitmachen zu bewegen. Bei den neuen Streikteilnehmern handelt es sich um einen Teil der Küchenmannschaft. Die Direktion hat arbeitswillige Insassen in die Küche verlegt, um die Versorgung zu garantieren. Zusätzlich wurden zwei Insassen neu in den Anstalten aufgenommen, die in die entstandenen Lücken gesprungen sind. Die anstehenden Aufträge können fristgerecht erfüllt werden.

Trotz dieses Vorfalls hat die Direktion die bereits letzte Woche getroffenen Massnahmen nicht verschärft. Die Streikenden sind in Einzelhaft, haben aber die Möglichkeit zum Spazierengehen und den Empfang von Besuchen.

Die Direktion legt Wert auf die Feststellung, dass die Aktion von einigen wenigen Rädelsführern ausgeht, die noch nicht alle identifiziert werden konnten. Diese setzen ihre Landsleute und Mitinsassen aus anderen Nationen mit Drohungen unter Druck und zwingen sie, sich am Streik zu beteiligen. Die Mehrheit der Insassen – rund 100 Personen – geht ihrer täglichen Arbeit nach.

Die Gewaltanwendung und -androhung hat in den letzten fünf Jahren in den Anstalten Thorberg zugenommen. 1995 wurden gegen 24 Personen Disziplinarverfahren wegen Drohungen und Angriffe auf die körperliche Integrität gegenüber Personal und Miteingewiesene durchgeführt. 1999 waren es bereits 62 Verfahren. Die Gesamtzahl der Disziplinarverfahren (wegen Flucht und Fluchtversuch, Schmuggel und Besitz verbotener Gegenstände wie Waffen, Drogen, Alkohol sowie Diebstahl, Sachbeschädigung, Widersetzlichkeit gegen das Personal) ist im selben Zeitraum von 72 auf 127 gestiegen.


2. Medienmitteilung Beendigung Streik Kanton Bern (Originalquelle: https://www.be.ch/portal/de/index/mediencenter/medienmitteilungen/suche.archiv.meldungNeu.html/portal/de/meldungen/archiv/2000/04/20000411_mm_3312.html)
Arbeitsstreik in den Anstalten Thorberg / BE: Neunzig Prozent der Streikenden signalisieren Arbeitsbereitschaft

10. April 2000 – Medienmitteilung
aid. Der Arbeitsstreik in den Anstalten Thorberg neigt sich seinem Ende entgegen. Die gegen die streikenden Insassen der Strafanstalt verhängte Einzelhaft von 30 Tagen ist abgelaufen. In einer persönlichen Befragung durch Thorberg-Direktor Hans Zoss haben rund 90 Prozent der Streikenden ihre Arbeitsbereitschaft signalisiert. Sieben Insassen streiken weiter und werden daher für weitere 30 Tage in Einzelhaft versetzt. Die arbeitswilligen Insassen werden ihre Arbeit gestaffelt wieder aufnehmen; eine erste Gruppe hat heute wieder zu arbeiten begonnen. Die Rädelsführer werden in den nächsten Tagen in andere Gefängnisse und Strafanstalten verlegt.

Am vergangenen Freitag (7. April 2000) haben die streikenden Insassen, die am 7. März 2000 die Arbeit niedergelegt hatten, die für 30 Tage verfügte Einzelhaft überstanden. Einen Tag zuvor hat Direktor Hans Zoss die Streikenden persönlich befragt; rund 90 Prozent haben Arbeitsbereitschaft signalisiert. Die Arbeitswilligen werden in Gruppen von rund 12 – 15 Personen die Arbeit gestaffelt wieder aufnehmen. Die erste Gruppe hat heute Montag (10.04.2000) wieder zu arbeiten begonnen. Die restlichen Insassen werden in den nächsten Tagen beziehungsweise Wochen ihre Arbeit wieder aufnehmen. Bei Wohlverhalten wird so rasch als möglich der Normalbetrieb wieder eingeführt. Bereits während der 30 Tage hatten sich rund ein Dutzend Insassen schriftlich gemeldet, nach Arbeit gefragt und sich gleichzeitig für Ihre Teilnahme am Streik entschuldigt.

Sieben Insassen sind nach wie vor nicht bereit, die Arbeit aufzunehmen. Die Direktion hat beschlossen, diese sieben Insassen für weitere 30 Tage in Einzelhaft zu versetzen. Das Regime ist insofern verschärft worden, als das Fernsehgerät aus ihrer Zelle entfernt wurde. Die ihnen zustehenden Rechte wie Spaziergang und Besuch können sie weiterhin wahrnehmen. Die Rädelsführer werden in den nächsten Tagen in andere Gefängnisse und Strafanstalten verlegt werden. Es handelt sich dabei um zwölf Insassen. Die Direktion der Anstalten Thorberg hat bisher den Forderungen der Insassen nicht nachgegeben und will dies auch in Zukunft nicht tun. Der Grund der Arbeitsaufnahme ist vielmehr darin zu suchen, dass die bei Beginn des Streiks getroffenen Massnahmen ihre Folgen zeitigen.

Momentan befinden sich 173 Insassen auf dem Thorberg. Darunter verbüssen unter anderem 27 Insassen eine Strafe wegen Tötungsdelikten, 19 wegen anderen Delikten gegen Leib und Leben; 87 Insassen sitzen wegen Verstoss gegen das Betäubungsmittelgesetz und 17 verbüssen eine Strafe wegen Vermögensdelikten.


3. Medienbericht (Originalquelle: https://www.srf.ch/play/tv/schweiz-aktuell/video/streik-auf-dem-thorberg?urn=urn:srf:video:e7bd7c98-8f4b-4694-a884-444d749c8319)
Video-Link Tagesschau (ab 4:31)
Seit Montag herrscht im Berner Zuchthaus Thorberg eine explosive Stimmung. Knapp die Hälfte der 150 Gefangenen sind in einen unbefristeten Streik getreten. Sie fordern bessere Haftbedingungen, mehr Sportmöglichkeiten und freiere Paketpost. In einigen Werkstätten ruht die Arbeit ganz. Sabine Allenspach hat mit Thorberg-Direktor Hans Zoss gesprochen.