2004,  Demo,  Gender,  Repression

SchülerInnenstreik

Inhalt:
1. Aufruf
2. Medienbericht
3. Bilder
4. Communiqué
5. Repression nach Streik

1. Aufruf (Originalquelle: http://ch.indymedia.org/de/2004/03/20149.shtml)
Das Netzwerk Pandora ruft zum Anlass des europaweiten Aktionstags gegen Sozial- und Bildungsabbau vom 3. April auf zum: SchülerInnen und StudentInnen- Streik!
(LehrerInnen sind natürlich auch aufgerufen mitzustreiken)
1. April 12.00 Waisenhausplatz (kein Aprilscherz) Route ab jeder Schule
Flyertext:
Unser Streik ist wichtiger denn je!
• Wir sind gegen die privatwirtschaftlich-orientierte Politik „unserer Regierung“, deren Reformprogramm unter anderem die Streichung oder Kürzung von Ausbildungsgängen (z.B. Streichung des letzten Gymerjahres), die Vergrösserung der Klassen und das Sparen bei der Schuleinrichtung beinhaltet.
• Wir wehren uns gegen jede Liberalisierung der Bildungseinrichtungen. Die Bildung darf kein neuer Markt für gewinnorientierte, multinationale Konzerne werden. Somit stünde nicht mehr die Bildung als solche im Vordergrund, sondern die Anpassung an gegebene wirtschaftliche und gesellschaftliche Verhältnisse.
• Wir fordern die Förderung aller Bildungswege und Unterstützung von finanziell und sozial Benachteiligten.
• Wir verlangen Mitspracherechte für die SchülerInnen. Uns reichen Alibi-Projekte, wie beispielsweise die heutigen SchülerrInnenräte nicht. Wir wollen den Schulalltag zusammen mit den LehrerInnen selbst gestalten.
Organisiert von:
Netzwerk Pandora: Jugend gegen Krieg, SchülerInnen aktiv gegen das WEF
AUS (Aktion ungehorsamer StudentInnen)
Unterstützt von:
LEBE, Sub, SchülerInnenorganisation MNG Neufeld, SchülerInnenrat LG Kirchenfeld, FAU, Claaac, OSL, Gewerkschaftsjugend Bern (unvollständige Liste)
Bildung ist ein Grundrecht!


2. Aufruf Aktion ungehorsamer StudentInnen (Originalquelle: http://ch.indymedia.org/de/2004/03/20648.shtml)
Die Lage der Bildungspolitik
Die Bildung wird mehr und mehr nach rein ökonomischen Kriterien gestaltet. So wird sie immer stärker auf den Arbeitsmarkt ausgerichtet, etwa mit der Bologna-Deklaration, die ohne die Zustimmung der Studierenden durchgesetzt wird.
Die Ökonomisierung macht sich beispielsweise in der Sprache bemerkbar, wenn Studierende als „human ressources“ und als „Konsumenten“, die für die Ware Bildung zu bezahlen haben, bezeichnet werden. Dagegen regt sich Widerstand: Bildung ist keine Ware, Bildung und Wissen sind Allgemeingüter. Auch Lehrer und Professoren demonstrierten gegen Gehaltskürzungen und schlechte Arbeitsbedingungen.
Im November letzten Jahres gingen allein in Hannover 18000 Studierende auf die Strasse, um gegen die Sparmassnahmen und den damit verbundenen Abbau von wirtschaftlich nicht lukrativen Studiengängen zu protestieren. In England kam es zu vielen Protesten gegen die Einführung von Studiengebühren, unter anderem zu einer Grossdemonstration in London, worauf die Abstimmung über die Studiengebühren auf Januar verlegt wurde.
Während in Europa die Lage prekär ist, ist sie in den USA katastrophal, beispielsweise arbeiten öffentliche Schulen mit zwanzigjährigem Schulmaterial in verfallenen Schulzimmern.

Damit es in Europa nicht soweit kommt, finden zwischen dem 1. und dem 3. April europaweite Protestaktionen gegen Bildungsabbau statt.
Das Bologna-Diktat
Die Bologna-Deklaration wurde 1999 anlässlich einer BildungsministerInnen-Konferenz verfasst. Ihr Ziel ist eine Vereinheitlichung und Neustrukturierung um die Konkurrenzfähigkeit des europäischen Hochschulraumes gegenüber dem angelsächsischen System zu gewährleisten.
Konkret soll das Zweistufenmodell Bachelor/Master eingeführt werden. Der Bachelor-Abschluss „attestiert eine für den europäischen Arbeitsmarkt relevante Qualifikationsebene.“ (Zitat Bologna-Deklaration) „Der zweite Zyklus sollte […] mit dem Master und/oder der Promotion abschliessen“, so die schwammige Formulierung in der Bologna-Deklaration.

Die Einführung dieses Systems lässt viele Fragen offen:
-werden die Mehrkosten der Bologna-Reform nicht auf die Studierenden abgewälzt?
-was wird gegen den voraussichtlichen Rückgang des Frauenanteils mit dem Übertritt zum Master unternommen?
-schränkt die Bologna-Reform die Mobilität innerhalb des Bachelors nicht ein?
-werden mit der Straffung des Studien(stunden) planes mehr Stipendien vergeben oder stehen wir am Ende des Studiums
mit mehreren zehntausend Franken Schulden da?
-wird unsere einzige Ressource, die Bildung, nicht durch die Einmischung der Wirtschaft verschlechtert?
-werden vor allem die wirtschaftlich nicht interessanten Studiengänge darunter leiden?

Wir wollen nicht an einer Universität mit unglaublich schlechten Betreuungsverhältnissen studieren. Auch stören uns die überfüllten Hörsäle nicht nur aus klaustrophobischen Gründen. Wir wollen eine Universität, die wir mitgestalten können, und an der jedem lernbereiten Menschen Raum zur freien Entfaltung und Entwicklung geboten wird.
Deshalb fordern wir:
– bessere Betreuungsverhältnisse!
– Abschaffung aller Ausbildungsgebühren!
– Schluss mit den patriarchalen Unistrukturen!
– kein Zweiklassenmodell Bachelor-Master!
– mehr Mitbestimmungsrecht für StudentInnen!
Um unseren Forderungen mehr Gehör zu verschaffen gehen wir anlässlich des europaweiten Protesttages gegen
Sozial- und Bildungsabbau auf die Strasse.
HerAuS zu einer lautstarken Demo!
Donnerstag, 1. April 2004
11.30 Uhr Platanenhof Unitobler Bern
(dies ist kein Aprilscherz!)


3. Bilder (Originalquelle: http://ch.indymedia.org/de/2004/04/20847.shtml, http://ch.indymedia.org/de/2004/04/20854.shtml, http://ch.indymedia.org/de/2004/04/20860.shtml & http://ch.indymedia.org/de/2004/04/20869.shtml)


4. Communiqué (Originalquelle: http://ch.indymedia.org/de/2004/04/20871.shtml)

Medienmitteilung zum SchülerInnen und StudentInnestreiks anlässlich des europaweiten Aktionstages gegen Bildung- und Sozialabbau in Bern.
Für heute Donnerstag 1. April um 12.00 Uhr haben das „Netzwerk Pandora“ und die „AuS“ (Aktion ungehorsamer Studierender) zu einem Proteststreik gegen Bildungsabbau aufgerufen. Über 3000 Auszubildende versammelten sich auf dem Waisenhausplatz, wo die gemeinsame Kundgebung begann. Die Demonstration führte durch die Berner Innenstadt am Rathaus vorbei und endete auf der Grossen Schanze.

Nach zehn Uhr morgens begann in den Schulhäusern Ausbildungszentrum NMS, Campus Muristalden, Gymnasium Köniz und Lerbermatt der Streiktag. Von diesen Schulhäusern aus bewegten sich die Demonstrationszüge mit verschiedenen „Besuchen“ auf der Strecke liegender Bildungszentren zum Besammlungsort in der Innenstadt. Der Zug aus der NMS machte eine Schlaufe via Gymnasium Neufeld und traf bei der Uni Tobler auf die StudentInnen. Nach einem kurzen Konzert auf dem Waisenhausplatz startete die Hauptkundgebung Richtung Rathaus und zurück zum Besammlungsort. Ab der Aarbergergasse begaben wir uns symbolisch in einer langen Zweierreihe via Passarelle auf die Grosse Schanze. Dank dieser Zweierreihe konnten wir die TeilnehmerInnen relativ gut zählen und empfinden die Einschätzung der Polizei (1200 DemonstrantInnen) als Marginalisierung unseres Widerstandes und schlicht und einfach eine Frechheit.
Ab 14.30 Uhr fand vor dem Universitätsgebäude ein Abschlusskonzert statt, womit der Streiktag ein lautstarkes und selbstdiszipliniertes Ende hätte finden sollen. Jedoch kam es trotz unserem verantwortungsbewussten Verhalten zu Schikanen und Übergriffen seitens der Polizei. Rund um das Uni Hauptgebäude wurden etliche Personen polizeilich kontrolliert, wobei eine Person unverständlicherweise brutal verhaftet wurde. Wird staatliche Repression zum Begleiter jeglicher Kundgebungen? Sollen damit junge DemonstrantInnen eingeschüchtert und eine Bewegung kriminalisiert werden?
Wir werten den heutigen Streik als grossen Erfolg. Unser Widerstand steht erst am Anfang und wir werden auch in Zukunft für eine solidarische Gesellschaft weiterkämpfen!
Netzwerk Pandora, AuS


5. Repression nach Streik (Originalquelle: http://ch.indymedia.org/de/2004/04/21047.shtml)
Während nach offiziellem Demoende auf der „Grossen Schanze“ noch die Band spielt, beginnen PolizistInnen mit willkürlichen Personenkontrollen: im und ums Bahnhofgebiet sind Polizeikräfte stationiert, die die nachhausekehrenden Schüler- und StudentInnen kontrollieren. Dabei kommt es auch zu mindestens einer vorübergehenden Verhaftung.
Offenbar versucht die Polizei junge Menschen durch unverhältnismässige Aktionen einzuschüchtern und von eigener Meinungsäusserung abzuhalten.
Netzwerk Pandora hat die Verhaftung eines Organisators der Demo fotografiert. Unser Freund wurde zunächst aufgefordert sich auszuweisen, was er auch tat. Danach wurde er unter der Begründung „seine Erscheinung passe auf die Beschreibung einer Person, die während der Demo Steine auf einen Zug geworfen haben soll…“ (Steine auf Züge gehört ins Reich der Bullenfantasien…) verhaftet. Und das, wie wir es uns gewohnt sind nicht gerade zimperlich….
Wehren wir uns gegen die Repression! Alle Menschen, die durch Polizeikontrollen oder -belästigungen betroffen sind, sollen sich unter netzwerkpandora@freemails.ch melden.
Gegen die Kriminalisierung der sozialen Bewegungen!
Organisieren wir eine starke Bewegung zur Selbstverwaltung der Schulen und gegen Bildungsabbau!
Gegen Staat und Repression hilft uns nur die direkte Aktion!