2017,  Demo,  Gender

Demo Queerfeministischer Nachtspaziergang

Inhalt:
1. Aufruf
2. Communiqué


1. Aufruf (Originalquelle: https://linksunten.indymedia.org/de/node/205974)
Wir ziehen am 21. April 2017 wild, wütend und selbstbestimmt durch die nächtlichen Strassen Berns. Wir treffen uns um 21 Uhr am Bahnhofsplatz (Bern, CH). Alle FLTIQ* (1) sind willkommen.

Uns nervt…
… als emotional zu gelten
… in möglichst kleine Hosen passen zu müssen
… ungefragt angefasst zu werden
… die Norm von rasierten Beinen, Achseln und Intimbereichen
… ins gesellschaftliche Bild von Frau und Mann passen zu müssen
… als Objekte betrachtet und behandelt zu werden
… als schwach zu gelten
… die Haltung, dass Feminismus nicht mehr notwendig sei
… stark und laut sein zu müssen, um gehört zu werden
… auf unsere Getränke aufpassen zu müssen, weil wir sonst Gefahr laufen, ungewollt Substanzen einzunehmen
… durch Schönheitsbilder die eigene Schönheit anzuzweifeln
… dass unser Leben entweder als Mutter und Hausfrau und/oder in einer Karriere enden soll
… dass wir kochen, putzen und schön aussehen müssen
… dass unsere Sexualität nur zur Freude von CIS-Männern existieren soll
… die Tabuisierung von Selbstbefriedigung
… die Haltung, dass nur patriarchale Machtstrukturen bekämpft werden müssen/sollen

Wir wollen…
… emotional sein, aber nicht müssen
… die Kleider tragen, die uns passen und gefallen, egal wie gross, trendy oder für welches Geschlecht sie gedacht sind
… selbst bestimmen, wann, wo, wie und von wem wir angefasst werden
… unsere Körperbehaarung so tragen, wie’s bequem und für uns schön ist
… unser*e Geschlecht*er selbst bestimmen oder aufbrechen, so wie wir das wollen, unabhängig davon, wie andere uns wahrnehmen und lesen
… als Individuen betrachtet und behandelt werden
… stark und schwach sein können, wann wir wollen und wie wir wollen
… sowohl patriarchale als auch jegliche andere Unterdrückungsmechanismen bekämpfen (2)
… gehört werden, egal wer wir sind, wie wir sind und als wer wir gelten
… ungehemmt feiern können (3)
… uns schön finden, ohne Normen gerecht zu werden
… unser Leben so führen, wie wir wollen und wie es uns glücklich macht
… das tun, was wir gerne machen und was uns erfüllt
… unsere Sexualität so ausleben, wie es uns gefällt (3)
… masturbieren und darüber reden können
… jegliche Unterdrückungen (2) bekämpfen und uns solidarisieren mit allen emanzipatorischen Projekten und Kämpfen

***Dieser Aufrufflyer wurde von einer basisdemokratisch organisierten Gruppe aus FLTIQ*’s geschrieben. Wir sind fast alle weisse CIS-Frauen ohne Migrationshintergrund, Kinder und sind alle relativ jung. Wir versuchen uns diesen Privilegien bewusst zu sein und diese zu dekonstruieren. Wir möchten offen sein für FLTIQ*’s mit anderen Hintergründen und finden es wichtig, dass sich verschiedene emanzipatorische Kämpfe unterstützen***
(1) Frauen*, Lesben*, Transmenschen*, Intermenschen*, Queers*
(2) Unterdrückung aufgrund von Herkunft, Spezie, ökonomische Verwertbarkeit, Aussehen,
Fähigkeiten, Alter etc. durch gesellschaftliche Normen, Werbung, staatliche und nichtstaatliche Repression etc.
(3) Solange wir damit keine Grenze anderer übergehen


2. Communiqué (Originalquelle: https://barrikade.info/Communique-Queer-feministischer-Nachtspaziergang-DE-EN-FR-113)
Wir, FLTIQ*-Menschen sind heute Nacht, 21.April ’17, auf die berner Strasse gegangen um unsere Wut gegenüber den immernoch herrschenden patriarchalen Verhältnissen Ausdruck zu verleihen.
Rund 400 Menschen haben sich auf diesen bunten Umzug durch die Innenstadt begeben, um einzufordern, als Menschen wahrgenommen und respektiert zu werden, unabhängig von (selbstdefinierten) Geschlechtern oder sexueller Orientierungen.
Teilgenommen an dieser Demonstration haben ausschliesslich Menschen die sich als Frauen*, Lesben*, Trans*, Intersex* und Genderqueer* (FLTIQ*) definieren, um einen Raum ausserhalb des cis-Männer dominierten Alltags zu schaffen, möglichst frei von sexistischen heteronormativen Stereotypen, sexuellen und sexistischen Übergriffen, verbaler und physischer Gewalt sowie jeglichen Formen von Homo*phobie und Trans*phobie zu schaffen.
Die Polizei hat sich unserem Kampf mit einem Grossaufgebot in den Weg gestellt. Mit Vollmontur, zwei Wasserwerfern und mehreren Gitterwagen und einer grossen Anzahl Polizist*innen wurde die Demo über die ganze Route hinweg begleitet. Der Bundesplatz wurde schon im Vorfeld abgeriegelt und alle Zugangswege blokiert. Einmal mehr haben wir gespürt, wie der Staat mit seinem Gewaltmonopol die bestehenden Verhältnisse zu schützen und aufrecht zu erhalten versucht. Wir lassen uns aber weder vom Staat noch von sonstwem in unserem Kapf gegen das Patriarchat und allen anderen Unterdrückungsstrukturen aufhalten!
Wir werden wieder kommen!
Solidarisierend mit dem Nachtspaziergang hat sich ein loser Zusammenschluss von cis-Männern* zu einer kritischen Diskussion über Männlichkeit getroffen und später auf dem Vorplatz der Reitschule Bern eine KüfA (Küche für Alle) veranstaltet.
Daneben finden im Rahmen der queer-feministischen Agenda zurzeit verschiedenste Veranstaltungen, Diskussionsrunden, Vorträge und Workshops statt.