Demo gegen DNA-Fichierung & Überwachungsstaat
Inhalt:
1. Aufruf
2. Communiqué
1. Aufruf (Originalquelle: http://ch.indymedia.org/de/2009/11/72255.shtml)
Wollt ihr die totale Überwachung?
Die Überwachung wird immer umfassender: biometrische Pässe, massive Ausweitung der Videoüberwachung im öffentlichen Raum, Verschärfung der Polizeigesetze – vor allem im Bereich des Internets. Seit 2005 kommt eine weitere Methode hinzu, die ein tiefes Eindringen in die Privatsphäre aller BürgerInnen zulässt: Das Instrument der DNA-Analyse. Dieses Verfahren wird in letzter Zeit immer exzessiver angewandt – praktisch jeder Vorwand ist dafür recht.
Die DNA-Analyse ist ein kostspieliges Verfahren, bei dem der menschliche Gen-Code entschlüsselt wird. Aufgrund des DNA-Profil-Gesetzes werden die erstellten Profile in einer schweizweiten Datenbank fichiert. Auch andere europäische Polizeibehörden werden nach der zu erwartenden Erweiterung des Schengenabkommens – zumindest bedingt – Zugang zu diesen Daten erhalten. Diese Entwicklungen dienen vor allem einem: der totalen Überwachung und Ausspionierung der Bevölkerung. Das zeigt auch die in letzter Zeit verstärkte Ausweitung der DNA-Fichierung auf Kleinstdelikte wie Hausfriedensbruch, Schwarzfahren oder die Teilnahme an einer nicht bewilligten Demonstration. Zudem halten sich die so genannten OrdnungshüterInnen selbst nicht an den Rahmen der Legalität und/oder Verhältnismässigkeit. Dies sind Auswüchse, welche stark an Polizeistaatmethoden totalitärer Regime erinnern.
FICHE 2.0
Unterzeichnende Organisationen:
Antirep Biel/Bienne, augenauf (Basel, Bern, Zürich), DAB (Direkte Aktion Bern), Familie von Allmen, FAU (Bern & Zürich), Gipfelsoli, grundrechte.ch, Infoladen (Reitschule/Bern), Junge Alternative JA!, JUSO Stadt Bern, Karakök Autonome türkei/schweiz, LAK Thun, PdA
2. Communiqué (Originalquelle: http://ch.indymedia.org/de/2009/12/72676.shtml)
Pressemitteilung vom 6. Dezember 2009
Liebe Medienschaffende,
Am gestrigen Samstag, den 5. Dezember 2009, versammelten sich ca. 300 Personen in Bern, um gegen Überwachungsstaat und DNA-Fichierung zu demonstrieren.
Ziel der Kundgebung war es, die Bevölkerung darauf aufmerksam zu machen, dass die Polizei
immer häufiger, mit immer fadenscheinigeren Argumenten immer mehr DNA-Proben hortet. Die Häufung solcher Vorfälle ist jedoch nur die traurige Spitze eines wahren Überwachungseisberges. Diese Praxis wird in letzter Zeit gehäuft gegen Personen aus linken oder alternativen Strukturen angewendet und ist damit ein relativ neuer Teil der Kontroll- und Einschüchterungspraxis des Staates.
In drei Reden wurden die Praxis der Speicherung von DNA-Profilen, die massive Zunahme dieses Vorgehens, aber auch die anderen Fichensysteme in diesem Land, sowie die Tendenz hin zu einem gläsernen Menschen und der totalen Überwachung erklärt und angeprangert.
Ursprünglich wurden die DNA-Datenbanken unter dem Vorwand eingeführt, Sexualstraftäter_innen und Mörder_innen zu entlarven. Mittlerweile wird das Instrument der DNA-Entnahme und -Fichierung immer häufiger als Massnahme der Repression gegen unliebsame Personen und ganze Bevölkerungsgruppen missbraucht – dies unter dem fadenscheinigen Vorwand des blossen Verdachts auf kleinere Delikte wie Sachbeschädigung, Hausfriedensbruch u.ä.. Zudem werden Personen in den seltensten Fällen über ihr Recht aufgeklärt, die DNA-Entnahme durch einen Richter überprüfen zu lassen. Falls jedoch Menschen das Recht kennen und den Entscheid zur Entnahme anfechten, wird ihnen systematisch diese letzte Möglichkeit der Fichierung zu entgehen verweigert.
Als aktuelles Beispiel hat die Demonstration gegen die WTO vom vergangenen Samstag in Genf erneut gezeigt, dass die Praxis der systematischen DNA-Fichierung mehr und mehr Alltag wird. Zumindest ein Grossteil, wenn nicht gar alle Menschen, die während oder nach der Kundgebung verhaftet wurden, mussten eine Probe ihrer DNA abgeben. Auch dort wurden die Einspracherechte der betroffenen Personen missachtet und DNA-Proben einfach mit Gewalt entnommen.
Immer mehr wird erkennbar, dass es darum geht, ganze gesellschaftliche Gruppen systematisch zu fichieren. Neben linken Aktivist_innen handelt es sich dabei vor allem um Migrant_innen und sogenannt „Randständige“. Solche Praktiken erinnern stark an die Fichenaffäre Anfangs der 90er Jahre, wenn nicht gar an die polizeistaatlichen Methoden totalitärer Regimes.
Die Teilnehmer_innen der Kundgebung haben gestern ein starkes Zeichen gesetzt, dass diese Tendenzen nicht widerstandslos hingenommen werden. Die Entwicklung hin zu einer gläsernen Gesellschaft bedroht die Freiheit einer jeden einzelnen von uns.
Die gestrige Demonstration war erst der Anfang unserer Kampagne gegen den Überwachungsstaat und für eine freie Gesellschaft.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre
FICHE 2.0