Flaschenwürfe gegen Polizisten
Inhalt:
1. Medienbericht
2. Stellungsnahme Razzien
1. Medienbericht (Originalquelle: https://www.bernerzeitung.ch/news/standard/schuetzenmatte-flaschenwuerfe-auf-polizisten-bei-drogenkontrolle/story/14981996)
Flaschenwürfe gegen Polizisten bei Drogenkontrolle
DiePolizei hat am Freitagabend auf der Berner Schützenmatte bei der «koordinierten Kontrolle gegen Betäubungsmittelhandel» 27 Gramm Kokain, kleinere Mengen Marihuana und Haschisch sowie 2000 Franken gefunden.
Bei der Kontrolle wurden 14 Personen angehalten und auf die Polizeiwache gebracht. Fünf Personen wurden in der Folge in Haft genommen, wie die Kantonspolizei Bern am Samstag mitteilte.
Zwei der fünf waren zur Verhaftung ausgeschrieben. Ein mutmasslicher Drogendealer transportierte Betäubungsmittel im Körper, wie medizinische Abklärungen ergaben. Zwölf Personen werden wegen Widerhandlungen gegen verschiedene Gesetze angezeigt.
Nach der Aktion wurden sechs Personen wegen Drogenhandels angezeigt. Die Polizei meldete weiter acht Fälle von Widerhandlungen gegen das Ausländergesetz. In sieben Fällen verstiessen die angehaltenen Personen gegen das Strafgesetz. Auch diese wurden angezeigt.
Wie die Polizei weiter mitteilte, wurde sie bei der gezielten Aktion auf der Schützenmatte wiederholt bei der Arbeit gestört. Dabei sei es auch zu Flaschenwürfen gekommen. Verletzt wurde dabei niemand.
2. Stellungsnahme Razzien (Originalquelle: https://www.facebook.com/InfoAGB/posts/533402496808111)
Drogenrazzien vor der Reitschule
Anlässlich des erneuten Gejammers von Medien und Polizei, dass Beamte bei der Reitschule in ihrer Kontrolltätigkeit behindert und massiv bedrängt wurden, haben wir uns dazu entschlossen diesen kurzen Text zu veröffentlichen. Das Umfeld in dem die Drogenrazzien vor der Reitschule stattfinden, wollen wir nicht ausser Acht lassen: Kürzlich wurde eine völlig friedlicher Umzug nach einer Strafbar eingemacht, mehrere Häuser wurden unter offensichtlichen Vorwänden durchsucht. Es ist Wahljahr!
Das bekam mensch schon izu Beginn der polizeilichen Aktionen gegen den drogenhandel vor der Reitschule zu spüren, seither wird nach jeder Aktion medial gegen die Reitschule und ihr Umfeld geschossen. Dem Journalisten der Bernerzeitung war die Freude bereits am 19.6. anzumerken, dass er darüber berichten konnte, dass „der Gemeinderat einen Wechsel der Trägerschaft nicht mehr ausschliesst“, nachdem einige Aktivist_innen auf dem Vorplatz „mutmassliche Dealer“ vor zivilen Polizisten gewarnt haben.
„Die IkuR muss sich bewegen…“
So liess sich der Stapi im genannten Blatt zitieren – und er hat recht damit, wenn auch nicht in seinem Sinne! Die Reitschule ist nach wie vor Ausdruck und Teil der ausserparlamentarischen sozialen Bewegung. Es war und ist nämlich nicht der Gemeinderat der Stadt Bern, der die Trägerschaft des „Autonomen(!) Kultur und Politzentrum Reitschule“ bestimmt. Das „Autonome Jugendzentrum“ musste gegen der Willen der bürgerlichen Regierungsmehrheit von der erkämpft und gehalten werden. Dazu waren Aktionen und Besetzungen über mehrere Jahre durch die Bewegung der Unzufriedenen nötig. Seit der letzten Besetzung im Oktober 1987 ticken die Uhren in der Reitschule eben bewusst und unentwegt anders als im Rest der Stadt – und genau das macht die Einzigartigkeit und den Erfolg des basisdemokratischen Projektes aus!
Polizeiaktionen gegen mutmassliche Dealer – nichts als racial profiling .
Es gibt vor der Reitschule manchmal Drogenhändler_innen mit dunkler Hautfarbe. Aber, nicht jede_r Schwarze die/der die Reitschule besucht oder auf dem Vorplatz herumsteht ist ein_e Dealer_in. Diese triviale Feststellung wird offensichtlich besonders von der Polizei nicht geteilt. Anders als mit rassistischen Vorurteilen ist es nicht zu erklären, dass die Beamten in Zivil ausschliesslich schwarzen Menschen auf dem Vorplatz festnehmen und besonders hart anfassen. Während andere – selbst wenn sie Dealen – verschont bleiben. Aber es ist nicht alleine dieser augenscheinliche Rassismus, der Reitschulbesucher_innen und Aktivisten dazu veranlasst, bei Polizeiaktionen genau hinzuschauen, davor zu warnen und sich allenfalls einzumischen. Es ist genauso die offenkundige Sinnlosigkeit dieser Aktionen, die nur ein System jahrzehntelang aufrecht erhalten kann, dass sich weder für die Gründe von Drogenhandel und -konsum noch für die Schicksale der betroffenen Menschen interessiert.
Das Drogenverbot ist das Drogenproblem
Weder das mehr oder weniger weltweit geltende Verbot diverser Drogen, noch die genau so lange andauernde Verfolgung von Händler_innen und Konsument_innen illegaler Rauschmittel konnte auch nur ansatzweise eine Gesellschaft herbeischaffen, in der keine illegale Drogen mehr konsumiert werden. Dafür hat das Verbot folgendes bewirkt:
Exorbitant hohe Preise für Substanzen, die in der Regel auf einfachste Weise herzustellen sind.
Beschaffungskriminalität.
Gestreckte, verunreinigte, ungeprüfte Stoffe, die zu unnötigen Schäden bei Drogenkonsument_innen führen.
Gesellschaftliche Ausgrenzung von Konsument_innen.
Ein weltweiter milliardenschwerer Schwarzmarkt.
Mafiöse Strukturen die auf Ausbeutung und Gewalt beruhen.
Unmengen verschleuderte Ressourcen für Repression, die weitgehend wirkungslos bleibt.
Die Drogenrazzien gegen die „kleinen Fische“ auf dem Vorplatz verhindern den Drogenhandel – entgegen anders lautenden Erfolgsmeldungen der Polizei – nicht einmal kurzfristig. Dafür wird ordentlich Beifang gemacht. Die Verstösse gegen Aufenthalts- und Ausländerrecht werden in den Polizeimitteilungen ja regelmässig mitgeteilt.
Ganz anders als auf den Drogenhandel wirkt sich die Repression auf die einzelnen vermeintlichen oder tatsächlichen Drogenhändler_innen aus. Diese werden für den Verkauf von einigen Gramm illegaler Substanzen oder wegen den fehlenden Papieren in Länder mit Bedingungen zurückgeschafft, mit denen Herr und Frau Schweizer nicht einmal für eine Woche zurechtkommen möchten.
Dass Reitschüler_innen und Aktivist_innen bei dieser Menschenjagd auf Kleindealer_innen und Migrant_innen ohne Aufenthaltsstatus, nicht auch noch mit der Polizei kooperieren wollen, kann der Grossteil der Bürger, die sich z.B an Onlinestammtischen herumtreibt natürlich weder nachvollziehen noch gutheissen. Immerhin werden diese Leute – die in anderen Ländern und vergangenen Epochen sehr wohl „Denunziantentum“, „Polizei-“ und „Unrechtsstaaten“ ausmachen können – nicht sagen können, sie hätten von nichts gewusst, sollte die Todesmauer um die Festung Europa noch zu ihren Lebzeiten fallen…
Fluchtursachen
Das Menschen, deren Lebensgrundlage – durch von imperialistischen Mächten aus West und Ost geführte oder unterstützte – Kriege oder durch das niederkonkurrieren der sogenannten „3. Welt“ durch die erfolgreichen kapitalistischen Nationen, zerstört wurde, sich dazu entschliessen, ihre Heimat zu verlassen, kann nicht überraschen.
Wer zur „überschüssigen“ afrikanischen oder arabischen Bevölkerung gehört, der die Grundlagen ihrer Subsitenz durch Enteignungen genommen wurde und mit der, dank subventionierten Waren aus dem Westen, einfach kein Geschäft mehr zu machen ist, hat einfach keine andere Wahl!
Genau so wenig wie diejenigen, die weder fürs „Regime“ (z.B. Assad) noch für die Opposition (z.B. IS) in den Krieg ziehen wollen.
Es bleibt also nur die Möglichkeit die Heimat bei Lebensgefahr zu verlassen um auswärts, in den Metropolen des Kapitalismus Asyl zu beantragen oder im besten Fall die eigene Arbeitskraft zu verkaufen.
Die Welt der Konkurrenz und des Leistungsdrucks und der Kompensation…
Nur leider hat hier niemand auf diese Leute gewartet. Im Gegenteil, mit militärischen, polizeilichen und politischen Mitteln versucht man sie möglichst von Europa fernzuhalten – noch bevor ihr Asylgesuch überhaupt geprüft wird. „Wirtschaftsflüchtlinge“ haben von vornherein schlechte Karten. Andere mögen vorläufig aufgenommen werden, manche sogar Asyl erhalten.
Vom Wettbewerb um einen Arbeitsplatz bleiben sie per Verbot ausgeschlossen. Aber auch wenn sie teilnehmen dürf(te)n, müss(t)en sie feststellen, dass sie schon wieder zu den Überflüssigen gehören. Etablierte, gut ausgebildete Arbeitskräfte konkurrieren längst um die Stellen. Diese Konkurrenz um Erfolg auf den Ausbildungs- und Arbeitsplätzen beschert den „glücklichen Gewinnern“ übrigens immer öfters einen kaum zu bewältigenden Stress, bzw. Leistungsdruck, manchen ein Burnout und der Schweiz eine der höchsten Jugendselbstmordraten der Welt.
Kein Wunder, dass viele zu chemischen Mitteln greifen, um den Arbeitsalltag besser zu „bewältigen“ oder zu „verarbeiten“. In der Freizeit, die ja Kompensation für die harte Welt der beruflichen Konkurrenz bieten soll, helfen wiederum Substanzen wahlweise beim Abschalten oder bei der Privatkonkurrenz, die Jugendliche unter sich veranstalten (wer hält am längsten aus, kriegt die/den tollste_n Partner_in etc pp)
So ergänzen sich die Proletarisierten mit Arbeit und die ohne wunderbar: Die einen brauchen etwas Geld um über die Runden zu kommen, die anderen haben Geld für die Mittel, die ihnen beim „Zurechtkommen“ helfen.
Und sie hätten beide mehr Gründe die Ursache für ihre Lage gemeinsam zu bekämpfen, als sich mit illegalen Substanzen irgendwie in ihrer beschissenen Lage einzurichten.
In diesem Sinne: Heroin in die Kaufhäuer müssen brennen
Dieser Text war als Veröffentlichung der Mediengruppe gedacht. Das kam aus unterschiedlichen Gründen (bisher) nicht zustande. Wir wollten aber nicht länger mit der Veröffentlichung warten und zeichnen deshalb mit
„Einige aus der Reitschule und ihrem Umfeld.“