2014,  Antifaschismus,  Besetzung,  Freiraum,  Repression

Neubesetzung & Wegzug Matzenriedstrasse

Inhalt:
1. Besetzung
2. freiwilliger Wegzug


1. Besetzung (Originalquelle: http://ch.indymedia.org/de/2014/09/93306.shtml)
Das Bauernhaus in Matzenried wurde erneut besetzt.
Gestern Abend, 19.09.2014 wurde das Bauernhaus an der Matzenriedstrasse 94 erneut besetzt!
Vor drei Wochen belebte das Kollektiv Karakaxa das alte Bauernhaus in Matzenried, welches seit einiger Zeit leerstand, neu. Bereits nach wenigen Tagen wurden die Besetzenden jedoch aus der Liegenschaft vertrieben. Acht maskierte, bewaffnete Männer stürmten dabei das Gebäude, wobei Menschen verletzt und ein erheblicher Sachschadenaden angerichtet wurde. Anders als gewohnt wurde der Akt nicht durch die Staatsgewalt, sondern durch Rechtsradikale verübt. Die Besetzenden mussten aus Gründen des Selbstschutzes fliehen. Mit der Begründung, es bestünde bereits Unmut aufgrund der Zone für alternatives Wohnen und der Aussage, dass alternative Lebensformen auf dem Land halt nicht toleriert würden, legitimierte die BDP Politikerin Ursula Begert den Übergriff. Auch der Wirt des Gasthauses „Bären“ stellte sich hinter die Angreifer. So seien diese keine Rechtsradikalen, sondern „aufrechte, SVP-nahe Bauernsöhne“, welche gerne mal auf ein Bier vorbei kämen. Gewalt, die von Personen ausgeht, welche sich offen als Kämpfer für menschenverachtende Ideologien präsentieren – einer der Angreifer trug einen „Combat 18“-Pullover („Kampftruppe Adolf Hitler“) – zu verharmlosen, erscheint uns erschreckend. Dieser Übergriff kann nicht toleriert werden.
Wir haben uns bewusst dazu entschlossen, die Vertreibung von Menschen durch Faschist_innen nicht hinzunehmen. Deshalb haben wir uns dazu entschieden, diesen Raum zu besetzen und zu beleben. Wir solidarisieren mit dem Kollektiv Karakaxa, sind aber nicht die gleichen Personen und agieren unabhängig voneinander. Unsere Absicht ist keineswegs, das Dorfleben anzugreifen oder gar umzukrempeln. Trotzdem sind Häuser da, um darin zu leben. Während die Mieten steigen und sich viele Menschen eine Wohnung kaum mehr leisten können, ist es uns ein Dorn im Auge, dass ein solcher Leerstand existieren kann. Leerstand ist kein Zustand! Dieser Ansatz ist eine wichtige Triebkraft unseres Handelns. Fremdenfeindlichkeit und Menschenverachtung darf kein Nährboden geboten werden, weder in der Stadt noch auf dem Land. Wir wollen damit nicht gegen die Bevölkerung von Matzenried ankämpfen. Gegenteilig wollen wir den Austausch und die Verständigung in der Nachbarschaft suchen. Gemeinsam wollen wir dem Faschismus entgegentreten und leerstehende Räume wieder beleben. Wir versuchen mit den Eigentümer_innen der Liegenschaft in Kontakt zu treten, um über eine mögliche Zwischennutzung zu verhandeln.
Es grüsst das Kollektiv Variado
Die Häuser denen, die drin wohnen!
Kein Fussbreit dem Faschismus!


2. freiwilliger Wegzug (Originalquelle: http://ch.indymedia.org/de/2014/09/93334.shtml)
Das Bauernhaus in Matzenried, welches von uns seit Freitag besetzt und belebt wurde, haben wir heute wieder verlassen. Die besitzende Erbgemeinschaft und die Stadt Bern sind nicht bereit in irgendeiner Form über eine Zwischennutzung zu verhandeln und drohten uns mit einer polizeilichen Räumung, wenn wir das Haus nicht bis heute Abend um 18Uhr verlassen sollten.
Unser Ziel, das Haus längerfristig zu besetzten, zu nutzen und vor dem sinnlosen Leerstand zu bewahren haben wir nicht erreicht. Jedoch konnten wir ein klares Zeichen gegen den Naziübergriff auf das vor uns besetzende Kollektiv setzen. Das ganze Dorf hat sich noch einmal mit dem gewaltsamen Übergriff und der Problematik rund um Leerstand und Stadtplanung auseinandergesetzt.
Die Sympathiebekundungen und das gezeigte Interesse einiger Dorfbewohner_Innen und Nachbar_Innen freuten uns sehr. Es zeige sich klar, dass der Naziübergriff auf die Besetzer_innen vor uns lange nicht bei allen Matzenrieder_Innen auf akzeptanz stiess. Auch uns trafen vereinzelt kleinere Provokationen die ganz klar von Neonazis durchgeführt wurden. So wurde zum Beispiel unser Auto beschädigt und mit einem „Reichkriegsadler mit Hackenkreuz“-Kleber verunstaltet.
Es stellte sich im laufe der Besetzung heraus, dass die Stadt Bern, die das Haus gerne Kaufen würde, das Haus schon einem Nachmieter versprochen hat. Dies obwohl nach wie vor eine Einsprache gegen den Verkauf des Hauses und des darum liegenden Landes hängig ist. Sollte das Land an die Stadt Bern verkauft werden, wird ein dorfansässiger Bauer sein Pachtland verlieren und die Stadt Bern wird dieses neu erworbene Land dazu nutzen, um in Riedbach eine Umzonung von Landwirtschaftsfläche zu Bauland vorzunehmen. Dies zeigt klar wie ernst Einsprachen und Bedenken der Bevölkerung von der Stadt Bern genommen werden.
Kein Nährboden den Nazis & kein m2 Leerstand!