Demo gegen Bildungsabbau Uni Bern
Inhalt:
1. Bericht
2. Medienbericht
1. Bericht (Originalquelle: http://ch.indymedia.org/de/2009/05/69087.shtml)
Durch die „Hauruckübung“ der Universitäts- und der Fakultätsleitung soll ab dem neuen Semester der SoWi-Bachelor eingeführt werden. Die letzte Soziologie-Professorin tritt aus Protest zurück und die Studierenden gehen auf die Strasse. Die Gemüter erhitzen sich zusehends im 175. Jubiläumsjahr der Universität Bern.
Die wirtschaftlichen Sachzwänge veranlassen nicht nur die Regierungen zu ziemlich überstürzten Aktionen wie dem Milliardenpaket für die Banken, sondern bringen auch Rektorate unter Zugzwang zum Abbau von Fächer. Besonders schmerzhaft ist dies, wenn es kritische Fächer wie die Soziologie trifft, während die Lehrstühle der (ständig) krisenverursachenden Fächer wie der BWL noch darüber entscheiden! Nach der WiSo-Fakultät (Wirtschaft- und Sozialwissenschaften) sollen die Studiengänge der Soziologie, Medienwissenschaften und der Politologie ab dem neuen Semester in einer Hauruckübung zusammengelegt werden. Damit könnte bei den Fächern Geld gespart werden, doch weder die Studierenden noch die Lehrpersonen der Soziologie haben daran Freude, denn dies ist gleichbedeutend mit einem weiteren schleichenden Bildungsabbau. In der Soziologie sind seit zwei Jahren zwei von insgesamt drei Lehrstühlen unbesetzt (der Lehrstuhl für Sozialstrukturanalyse ist im Übrigen seit dessen Schaffung vakant) und mit der Salamitaktik des Rektorates wird es immer schwieriger Lehrpersonen zu finden, die sich auf die Anstellung eines sterbenden Betriebes einlassen wollen. Zudem wäre es dringend notwendig gewesen, dass die nun fehlenden Lehrpersonen bei der Einführung und Umsetztung des nun wohl kommenden SoWi-Bachelors hätten opponieren können. Aus Frust und Protest reichte nun Claudia Honegger, die letzte Professorin ihre Kündigung ein, während die Studierenden auf die Strasse gehen. Doch die Angelegenheit ist noch nicht gegessen…
2. Medienbericht (Originalquelle: http://www.derbund.ch/zeitungen/kanton_bern/Studenten-fordern–Rektor-heraus/story/19097692)
Studenten fordern Rektor heraus
Rund 300 Studierende marschierten gestern in einem Protestzug von der Unitobler zum Hauptgebäude der Universität Bern. Dort lieferten sie sich einen verbalen Schlagabtausch mit Uni-Rektor Urs Würgler, der zu den Anschuldigungen Stellung nahm.
«Das Aus für Bildung?» war auf einem der Transparente zu lesen, welche die protestierenden Studierenden mit sich führten. «Bildung – nicht Profit» forderten sie auf einem anderen. Ihre Gemüter erregt hatte die Ankündigung der Universitätsleitung, die Fächer Soziologie, Politologie und Medienwissenschaften ab kommendem Herbst in einem gemeinsamen Bachelor-Studiengang Sozialwissenschaften zusammenzuführen.
Mundschutz gegen «Sowiflu»
Das Departement Sozialwissenschaften (Sowi) der Universität Bern sei von der «Grippe des Neoliberalismus erfasst worden», erklärte Marco Haller, Vorstandsvorsitzender des Verbandes Schweizer Studierendenschaften (VSS). Deshalb trügen die Teilnehmer des Protestmarsches einen symbolischen Mundschutz gegen diese «Sowiflu».
Damit sollte die Universitätsleitung – namentlich Rektor Urs Würgler – dazu aufgefordert werden, wichtige Entscheide nicht allein auf dem Prinzip der Wirtschaftlichkeit zu basieren. Viele Studierende hegten die Befürchtung, die Soziologie würde etwa gar noch gänzlich aus dem Studienprogramm der Universität Bern verschwinden, nur weil sie sich finanziell nicht rechnete.
Soziologie: «Nicht abgeschafft»
Würgler stand den Studierenden vor dem Haupteingang des Universitätsgebäudes Red und Antwort. «Ich habe niemals gesagt, die Soziologie werde als Studienfach an der Universität Bern abgeschafft», versicherte er der versammelten Menge. Es sei jedoch so, dass bereits eine im Jahr 2004 durchgeführte externe Evaluation der Sozialwissenschaften ergeben habe, dass die vorhandenen Mittel nicht ausreichten, um die Bereiche Soziologie, Politologie und Medienwissenschaften selbstständig weiterzuführen.
Nach der Aufhebung des bisherigen Angebots im Bereich Medienwissenschaften sei der Entscheid für den gemeinsamen Studiengang gefallen, führte der Rektor weiter aus. 2007 habe die Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät den Auftrag erhalten, den Studiengang Sozialwissenschaften einzuführen. 2008 habe der Regierungsrat des Kantons Bern das Vorgehen gutgeheissen.
Die Umsetzung dieses Auftrags sei aber durch Widerstand aus der Soziologie systematisch verzögert worden. Von der Einführung des gemeinsamen Studiengangs verspreche er sich eine Bündelung der Kapazitäten in den Sozialwissenschaften. Dadurch solle ein «erfolgreiches Studium» in den Fächern Soziologie und Politologie an der Universität Bern langfristig gesichert bleiben, so Würgler.
Würgler empfängt Studierende
Im Anschluss an die öffentliche Kundgebung empfing Würgler eine Delegation der Studierenden in seinem Büro. Es sei ein «interessantes Gespräch» gewesen, liess er danach verlauten. Am Entscheid betreffend den Studiengang Sozialwissenschaften werde jedoch nicht mehr gerüttelt, dieser sei bereits ganz klar beschlossene Sache.