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Urteil Blockade Ausschaffungsbahnhof 2018

Inhalt:
1. Medienbericht


1. Medienbericht (Originalquelle: https://www.bernerzeitung.ch/zwei-organisatorinnen-muessen-buessen-403483694141)
Zwei Organisatorinnen müssen büssen
Das Regionalgericht Bern verurteilt zwei Aktivistinnen wegen der Blockade des Jail-Trains zu Geldstrafen. Fünf weitere Beteiligte werden freigesprochen.
Es war eine kleine Gruppe, die Anfang Dezember 2018 jenes Gebäude blockierte, in welchem am Güterbahnhof Bern Häftlinge in den Gefängniszug verladen werden. Knapp drei Stunden dauerte die Aktion. Die jungen Frauen und Männer wollten auf das aus ihrer Sicht unmenschliche Ausschaffungsprozedere aufmerksam machen.

Das mediale Echo am Tag der Bundesratswahl war klein, die strafrechtlichen Konsequenzen waren gross. Die Staatsanwaltschaft verurteilte acht Personen, unabhängig von ihren Rollen bei der Blockade, wegen Nötigung zu bedingten Geldstrafen von 60 Tagessätzen und Bussen. Sieben Aktivistinnen und Aktivisten reichten eine Beschwerde gegen den Strafbefehl ein, weshalb sich das Regionalgericht Bern-Mittelland mit der Aktion beschäftigen musste.

Strafe leicht reduziert
Die Gerichtspräsidentin fällte ein differenziertes Urteil. Zwei Frauen, die sich als Organisatorinnen bekannt hatten, wurden erneut wegen Nötigung verurteilt. Sie erhielten je eine bedingte Geldstrafe von 43 Tagessätzen à 30 Franken sowie eine Busse von je 360 Franken. Die Sanktion ist etwas tiefer als jene im Strafbefehl. Dazu kommen Verfahrenskosten von je über 2000 Franken.

Es sei nicht nur darum gegangen, die Ausschaffungen anzuprangern, legte die Richterin dar. «Das eigentliche Ziel war die Blockade des Gefangenentransports.» Dazu hatten sich drei Personen, darunter die 23- und 24-Jährige, mit Ketten, Bauschaum und Rohren miteinander verbunden. Sie mussten von der Berufsfeuerwehr getrennt werden. Auf einer einschlägigen Internetseite wurde zeitgleich dazu aufgerufen, die Blockade des «Ausschaffungsbahnhofs» zu unterstützen.

Später dazugestossen
Für die anderen fünf an der Aktion Beteiligten zahlte sich die Einsprache gegen den Strafbefehl aus. Das Regionalgericht sprach sie vom Vorwurf der Nötigung frei. Sie erhalten eine Genugtuung von je 200 Franken als Entschädigung für die paar Stunden in Polizeihaft und ihren Aufwand für das Strafverfahren.

Diese drei Männer und zwei Frauen waren nach eigenen Aussagen erst vor Ort angekommen, als die drei Personen bereits miteinander verbunden waren und die Blockade schon im Gang war. Damit lasse sich ein physischer Beitrag zur Haupttat, die Zusammenkettung, nicht mehr nachweisen, begründete die Gerichtspräsidentin.

Minimale Forderung der Securitas
Die Securitas, die den Jail-Train betreibt, musste an jenem Dezembertag umdisponieren, konnte die vorgesehenen Verlegungen aber durchführen. Der Sonderzug wurde in Burgdorf angehalten, und die Personen wurden mit einem Shuttledienst vom Regionalgefängnis Bern dorthin transportiert. Dass die Verlegung der Häftlinge trotz Blockade habe stattfinden können, spiele im Ganzen keine Rolle, sagte die Richterin.

Die Securitas machte keinen Ersatz für diesen zusätzlichen Aufwand geltend. Hingegen forderte sie 141 Franken für eine höhere Rechnung eines Sanitärs. Der Handwerker war eine Weile im Gebäude blockiert und verrechnete mehr Arbeitszeit für den Auftrag. Diesen Betrag müssen die verurteilten Frauen übernehmen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die verurteilten Frauen sowie die Staatsanwaltschaft können den Entscheid ans Obergericht weiterziehen.