2021,  Antirassismus,  Demo,  Repression

Velodemo Tag gegen Polizeigewalt

Inhalt:
1. Aufruf
2. Communiqué
3. Medienbericht


1. Aufruf (Originalquelle: https://barrikade.info/article/4280)
Am Montag 15. März gehen wir auf die Strasse gegen Polizeigewalt und Racial Profiling. Wir treffen uns mit Fahrrädern um 18 Uhr bei der Schützenmatte, Bern. Diese Demonstration hat keine Bewilligung.

On monday, March 15, we go on the street against police violence and racial profiling. We meet with our bikes at 6pm at Schützenmatte in Bern. This demonstration will take place without a permit.


2. Communiqué (Originalquelle: https://barrikade.info/article/4291)
Communique zur Velodemo am internationalen Tag gegen Polizeigewalt
Khaled Abuzarifa, Samson Chukwu, Cemal G., Hamid Bakiri, Claudio M., Yaya Bakayoko, Anthony, Ousman Sow, Alhusein Douto, Mariame Souaré, Abdi Daud, Andy Bestman, Joseph, Ndukaku Chiakwa, Medina Yassin Suleyman, Oleg N., Ilhan O., Hervé Mandundu, Subramaniam H., Lamin Fatty, Mike Ben Peter, Salah Tebbouche. Sie alle wurden in den letzten Jahren in der Schweiz von der Polizei ermordet. Um die Namen dieser Menschen nicht zu vergessen und die rassistische Polizeiarbeit zu kritisieren, gab es heute, am 15. März, anlässlich des internationalen Tag gegen Polizeigewalt eine Velodemo in Bern. Rund 60 Menschen versammelten sich auf der Schützenmatte um gegen (rassistische) Polizeigewalt zu demonstrieren, weil:

Es sterben viele Menschen durch rassistische Polizeiarbeit, von denen die Öffentlichkeit weder den Namen, noch ihre Geschichte kennt. Das liegt daran, dass sich die Polizei einer Auseinandersetzung mit den eigenen rassistischen Strukturen verweigert und dadurch diese tödliche Praxis stützt. Für betroffene Menschen gibt es kaum eine Möglichkeit, dass ihre Erlebnisse gehört und aufgearbeitet werden. Nebst den Ermordungen erleben BIPoC unzählige weitere Formen von Polizeigewalt. Zum Beispiel durch Racial Profiling. Dabei teilen Polizist*innen Menschen in rassistische Kategorien ein und unterstellen gewissen Personengruppen (bspw. migrantisch gelesenen Personen, oder BIPoC) eine höhere Bereitschaft zu Kriminalität. Mit dieser rassistischen Argumentation werden vermeintlich „verdachtsunabhängige“ Personenkontrollen legitimiert. Diese Praxis bedeutet für viele Menschen tägliche unangemessene Taschenkontrollen und Durchsuchungen im öffentlichen Raum, Platzverweise und öffentliche Demütigung. Durch diese Art von Polizeigewalt ist es für viele nicht möglich, sich ohne Angst und Demütigung frei im öffentlichen wie im privaten Raum zu bewegen. Wann immer die Polizei mit Vorwürfen zu Polizeigewalt konfrontiert wird, tut sie diese als Einzelfälle ab. Doch die Systematik hinter der rassistischen Polizeigewalt ist offensichtlich und als Ausdruck der strukturellen Rassismen zu verstehen. Rassismus ist nicht lediglich eine Fehlleistung einzelner Menschen, sondern ein historisches und soziales Verhältnis, das als koloniales Erbe und nationalistische Realität nach wie vor in die Schweiz und ihre Institutionen (und somit auch in der Polizei) eingeschrieben ist.
Es ist an der Zeit, aktiv gegen alle Formen von Rassismen vorzugehen. Sich der Normalität und Selbstverständlichkeit entgegenzustellen, mit der BIPoC systematisch dehumanisiert, als Gefahr dargestellt, kriminalisiert, und illegalisiert werden. Dafür müssen wir als ganze Gesellschaft mit geeinter Kraft dafür sorgen, dass sich alle Menschen in der Schweiz ohne Angst und ohne Demütigungen frei im öffentlichen wie im privaten Raum bewegen können, ohne zu riskieren, rassistischer Gewalt ausgesetzt zu werden. (Mehr Infos dazu auf: Allianz gegen Racial Profiling)

Direkt nach dem Start der Demonstration wurde diese durch die Polizei gestoppt und eingekesselt. Den ca. 60 Demonstrierenden stand ein mindestens ebenso grosses Polizeiaufgebot gegenüber. Menschen wurden durch die Polizei ab den Fahrrädern gestossen. Der Kessel blockierte rund drei Stunden das Bollwerk. Die Demonstration nutzte den verbliebenen Raum um im Kessel im Kreis fahrend weiter zu demonstrieren. Ausserhalb des Kessels wurde viel geflyert, Reden abgespielt und so die Inhalte der Demonstration trotzdem auf die Strasse getragen. Alle eingekesselten Personen wurden kontrolliert und ihnen droht eine Busse wegen der Covid-Verordung. Diese Demonstration, die sich mit Abstand und Masken im Freien bewegte, wurde unter dem Vorwand der Covid-Verordnung kriminalisiert. Es erstaunt nicht, dass die Polizei verhindern wolte, dass Kritik an ihnen auf die Strasse getragen werden kann.

Gleich in der Strasse neben der Demonstration, fand eine rassistische Polizeikontrolle statt, den Betroffenen wünschen wir viel Kraft.
An alle, die heute kontrolliert wurden: Ihr könnt euch beim Antirep Bern melden ea@immerda.ch. Diese können euch bei juristischen Fragen, psychischen Unterstützungsanfragen und dem Bezahlen der Bussen helfen.


3. Medienbericht (Originalquelle: https://www.bernerzeitung.ch/demonstrierende-am-berner-bollwerk-eingekesselt-598573950377 & https://www.derbund.ch/einkesselung-am-bollwerk-war-unnoetig-und-unverhaeltnismaessig-745232263661)
– Bernerzeitung: Demonstrierende am Berner Bollwerk eingekesselt
Am Montagabend wollte eine Gruppe von Velofahrerinnen und Velofahrern in Bern gegen Polizeigewalt demonstrieren. Am Bollwerk wurden sie am Weiterkommen gehindert. Der Verkehr kam komplett zum Erliegen.
Mit einem grösseren Polizeiaufgebot verhinderte die Kapo, dass die Velofahrerinnen und Velofahrer ihre Tour durch die Stadt fortsetzen konnten.

Der heutige 15. März gilt als internationaler Tag gegen Polizeigewalt. Dies nahm eine Gruppe von Velofahrerinnen und Velofahrern zum Anlass, um sich um 18 Uhr auf der Berner Schützenmatte zu treffen und anschliessend auf ihren Fahrrädern eine Demo zu veranstalten. Auf Internetportalen war im Vorfeld dazu aufgerufen worden. Polizeigewalt werde «geleugnet, als Einzelfälle abgetan und strafrechtlich kaum verfolgt», hiess es auf dem entsprechenden Flugblatt.
Zwar beinhaltete der Aufruf die Aufforderung, Abstand zu halten und Masken zu tragen. Bewilligt war der Anlass aber nicht, auch sind Demonstrationen derzeit pandemiebedingt nach wie vor auf 15 Personen begrenzt.

Die Kantonspolizei Bern, die sich von Beginn weg sehr präsent zeigte, verfolgte deshalb offensichtlich das Ziel, die Velodemo zu verhindern. Bereits auf der Höhe Bollwerk, zwischen Speicher- und Aarbergergasse, gab es für die Gruppe von ungefähr 30 Velofahrerinnen und Velofahrer kurz nach 18 Uhr kein Weiterkommen mehr: Sie wurden nach einer kurzen Velofahrt über gerade mal 100 Meter kurzerhand von einem grösseren Polizeiaufgebot eingekesselt.
Da sich der Kessel auf der Hauptstrasse gebildet hatte, kam der Verkehr auf der Hauptachse während fast zwei Stunden komplett zum Erliegen. Busse und Autos stauten sich sowohl in Richtung Bahnhofplatz als auch in Richtung Lorrainebrücke und stadtauswärts, der Verkehr wurde grossräumig umgeleitet, mehrere Buslinien von Bernmobil waren unterbrochen.

Alle wurden kontrolliert und angezeigt
Ab ungefähr 19 Uhr begann die Polizei damit, alle Eingekesselten durch einen einzigen Kontrollpunkt aus dem Kessel zu schleusen. Alle Demonstrantinnen und Demonstranten wurden kontrolliert. Ihre Personalien wurden aufgenommen und sie erhielten eine Anzeige wegen Verstosses gegen die Covid-Verordnung. Dies, weil sie sich nicht an die Demo-Obergrenze von 15 Personen hielten und zu wenig Abstand gehalten hatten.

Sie müssen mit einer Busse rechnen, ausserdem wurde eine sogenannte Wegweisung ausgesprochen. Heisst: Die Betroffenen dürfen sich bis am Dienstagmorgen um 4 Uhr nicht mehr im Raum Innenstadt/Schützenmatte aufhalten.
Kurz nach 20 Uhr wurde die Strasse schliesslich wieder freigegeben, Polizistinnen und Polizisten sowie Demonstrantinnen und Demonstranten waren verschwunden. Bisher wurden im Zusammenhang mit der Kundgebung keine Zwischenfälle bekannt.

-Derbund: Einkesselung war «unnötig» und «unverhältnismässig»
Die Demokratischen Juristinnen und Juristen kritisieren das Vorgehen der Kantonspolizei Bern bei der Demonstration von Montagabend in Bern.
Die Demokratischen Juristinnen und Juristen Bern (djb) kritisieren den Polizeieinsatz gegen die Demonstration am Internationalen Tag gegen Polizeigewalt am Montag als unverhältnismässig. Die Einkesselung mit Wegweisungen und Anzeigen sei «ohne Not» gewesen – auch wenn im Kanton Bern die Covid-Verordnung Veranstaltungen mit mehr als 15 Personen verbiete.
Die Demonstrierenden hätten alle Schutzmasken getragen, Abstand gehalten und hätten somit alle Schutzmassnahmen einhalten können, heisst es in einer Mitteilung der djb vom Dienstagabend. Dennoch erhielten die Demonstrierenden nun alle eine Anzeige wegen Verstosses gegen die Covid-Verordnung.

Das Legal-Team der djb sei vor Ort gewesen und habe die Situation kritisch beobachtet, heisst es weiter. Und: «Die djb wünscht sich für die kommenden Einsätze der Kantonspolizei Bern eine Rückbesinnung auf die Grundsätze der Verhältnismässigkeit.»
Die Berner Kantonspolizei hatte am Montagabend eine Velokundgebung «gegen Polizeigewalt» aufgelöst. Wie sie per Kurznachrichtendienst Twitter mitteilte, stoppte sie die Demonstration aufgrund der Covid-19-Verordnung zur Personenzahl.

Gegenwärtig sind laut dieser Verordnung Zusammenkünfte von mehr als fünfzehn Personen im öffentlichen Raum verboten. Wie Bilder von der Kundgebung zeigten, nahmen aber gegen 40 Personen teil. Diese Bilder erschienen auf den Internetseiten der Berner Medien. Auch das «Megafon», die Zeitung der Reitschule Bern, veröffentlichte Fotos per Twitter.
Laut diesen Bildern kesselte die Polizei die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Kundgebung am Bollwerk ein. Die Strasse dort war deshalb während rund zwei Stunden gesperrt. Es kam auch zu Störungen des öffentlichen Verkehrs, wie Berns städtische Verkehrsbetriebe Bernmobil meldeten.