2006,  Antifaschismus,  Arbeitskampf,  Ausschreitungen,  Demo,  Repression

Solidemo Streik Reconvilier & Jugedproteste Frankreich

Inhalt:
1. Aufruf
2. Communiqué
3. Erlebnisbericht
4. Medienbericht
5. Mitteilung Stadtpolizei


1. Aufruf (Originalquelle: http://ch.indymedia.org/de/2006/03/39805.shtml)
Solidarität mit den ArbeiterInnen in Reconvilier
Solidarität mit den Jugendprotesten in Frankreich
Seit über drei Wochen demonstrieren in ganz Frankreich täglich Tausende gegen das Gesetzespaket CPE (Contrat Primeur Embauche), das vorsieht, dass jugendlichen BerufseinsteigerInnen bis 26 während einer Probefrist ohne Bekanntgabe jeglicher Gründe gekündigt werden kann.
Etliche Universitäten werden bestreikt, besetzt und sind teilweise total blockiert. Immer mehr Gymnasien und Schulen folgen – aus einem Protest der StudentInnen und Gewerkschaften ist eine Jugendprotestbewegung geworden.
Fast jeden Tag kommt es zu Zusammenstössen zwischen der Polizei und den DemonstrantInnen.
Die Polizei geht dabei mit brutaler Gewalt gegen die Protestierenden vor. Es gab etliche Schwerverletzte. Ein Gewerkschaftssekretär wurde von Polizisten ins Koma geprügelt.
Am 28. März kam es zu den bisher grössten Kundgebungen, begleitet von einem Generalstreik.
Mittlerweile kam es auch in anderen Ländern zu Solidaritätskundgebungen.

Die Swissmetal-Angestellten in Reconvilier haben nach einem 30 tägigen Streik am 27. Februar die Arbeit wieder aufgenommen, bzw. den Streik für die Dauer von Verhandlungen ausgesetzt.
Mit ihrem Streik wehrten sie sich gegen die rücksichtslose und arrogante Firmenpolitik. Das Buntmetallwerk „La Boillat“ in Reconvilier sollte geschwächt werden, Angestellte sollten entlassen werden. Der Swissmetal-Verwaltungsrat setzte sich immer wieder über seine Angestellten und die eigenen Versprechen hinweg.
Die Verhandlungen zwischen Personal, Gewerkschaft und Konzernleitung sind im Moment im Gange.
Auf Swissmetal-Seite ist aber schon klar: Die Entlassungen der Kaderleute, die sich mit den Streikenden solidarisiert haben, werden nicht rückgängig gemacht. Und es werde zu weiteren Kündigungen kommen.

La Boillat vivra!
El pueblo unido – jamas sera vencido!
Autonome Gruppe Bern und Einzelpersonen


2. Communiqué (Originalquelle: http://ch.indymedia.org/de/2006/04/40055.shtml)
communiqué zur solidaritätsdemonstration vom 8.4.2006
gegen 20.30h versammelten ca. 100 personen bei der heiliggeistkirche in bern, um ihre solidarität mit den arbeiterInnen in reconvilier und den protesten in frankreich kundzutun.
die arbeiterInnen in reconvilier befanden sich anfang jahr 30 tage im streik. sie protestierten damit gegen die rücksichtslose und rein profitorientierte firmenleitung der swissmetal. der streik ist zurzeit für die dauer von verhandlungen unterbrochen.
auch in frankreich toben seit wochen arbeitskämpfe. dabei geht es vor allem um die aufhebung des kündigungsschutzes für jugendliche unter 26 jahren. ihnen soll künftig während einer probenfrist von 2 jahren ohne angabe jeglicher gründe gekündigt werden können.
trotz guter stimmung wurde die demonstration nach kaum hundert metern von einem massiven polizeiaufgebot eingekesselt. die protestierenden wurden aufgefordert, sich kontrollieren zu lassen und die demonstration zu verlassen. einige personen folgten diesem aufruf, die restlichen aktivistInnen wurden gewaltsam aus der gruppe herausgerissen und festgenommen. bis heute morgen waren alle wieder auf freiem fuss.
in der gesammten innenstadt kam es wiederholt zu zusammenstössen zwischen der polizei und über hundert sympathisantInnen, welche sich mit den eingekesselten solidarisierten, und damit ein starkes zeichen für die solidarität und gegen spaltung setzten. die kämpfe dauerten bis gegen mitternacht an.
aufgrund der wiederholten und massiven repression der staatsgewalt, wurde bereits zur einer anti-repressions-demonstration für den kommenden samstag, den 15.april 2006, um 14.30h auf der schützenmatte, aufgerufen.
solidarität ist eine waffe!
bullenstaat, bonzenstaat – wir haben dich zum kotzen satt!

autonome gruppe bern

3. Erlebnisbericht (Originalquelle: http://ch.indymedia.org/de/2006/04/40036.shtml)
Kaum war am Samstagabend kurz nach 20.30 die Solidemo Reconvillier/Paris losgelaufen, wurde sie auch schon auf Höhe Bärenplatz mitten auf den Tramschienen eingekesselt. Die ca. 80 Teilnehmenden seien einzeln kontrolliert und zum Teil mitgenommen worden. Dies die Infos, die etliche Mitmenschen dazu bewegte, sich in Richtung Heiliggeistkirche/Spitalgasse aufzumachen, um ihren Protest gegen diese repressive Tatsache kundzutun.

Hier und da bildeten sich kleine Grüppchen von Jung- und Altpolit@s, HiphopperInnen, Punks, Hippies, GewerkschafterInnen und anderen AbendausgängerInnen, die sich schliesslich zu einem ca. 50-70köpfigen Protestdemozug formierten und die nervösen PolizeigrenadierInnen mit Parolen, Standortverschiebungen und einzelnen Würfen von Flaschen und Bauelementen in Atem hielten. Etliche Gummischrotladungen wechselten den/die BesitzerIn und es besammelten sich rund um die Orte des Geschehens (Spitalgasse, Bärenplatz, Neuengasse, Genfergasse) allerlei andere Mitmenschen, die die Geschehnisse staunend bis aktiv zur Kenntnis nahmen.
Einige Nazis lungerten natürlich auch herum, befindet sich doch eines ihrer Stamm- und Fluchtlokale im in der Spitalgasse gelegenen Nelson Pub, welches jetzt wohl ein bisschen renovieren muss, denn tatkräftige AntifaschistInnen sorgten in diesem für faschistische Blutspritzer und Schäden am Inventar.

Je später die Nacht desto grösser das Bedürfnis der PolizeigrenadierInnen abzurücken und sich das Feierabendbier zu genehmigen. Doch dem war noch lange nicht so, denn die Mitmenschen riefen von allen Ecken der Berner Innenstadt „DEMO JETZT!“ und so mussten die Mannen und Frauen in Blau wieder in ihre Wännelchen steigen und zu diesen Ecken eilen, um sinnlos rumzustehen und aus anderen Ecken wieder dieselbe Losung zu hören.
Beleuchtet vom Schein brennender Abfalleimer und begleitet von einigen Regentropfen sowie dem Summen der fleissigen Strassenkehrmaschinen endigte das Geschehen gegen Mitternacht.
Und es bleibt eigentlich nur noch zu hoffen, dass in Bern und anderswo des öfteren die Samstagabende von DEMO JETZT!-Rufen verschönert werden…

4. Medienberichte (Originalquelle: http://ch.indymedia.org/de/2006/04/40055.shtml)
Krawalle rund um Mini-Demo
Mit massivem Einsatz ging die Polizei gegen rund 80 Demonstranten vor. Krawalle gab es trotzdem wieder – und bereits droht die Fortsetzung.
Wie bereits in der grossen Krawallnacht vor einer Woche trafen sich die Demonstranten am Samstagabend vor der Berner Heiliggeistkirche. Die Autonome Gruppe brachte aber nur eine Mini-Demo zusammen: Die rund 80 jungen Teilnehmer wollten ihre Solidarität mit den Swissmetall-Arbeitern zeigen. Doch ihre Parolen gingen unter – ein massives Polizeiaufgebot kesselte die Gruppe ein, nahm 63 Personen fest und konfiszierte Feuerwerkskörper und Wurfgeschosse.
Ausserhalb der Sperren formierte sich dann eine noch viel kleinere Demo. Der Kern von rund 20 Personen forderte «Demo jetzt!» und warf Flaschen und Gerüsthaken gegen die Polizei. Diese setzte mehrmals Gummischrot ein. Gegen Mitternacht war der Spuk zu Ende. Für die Polizei war der Einsatz ein Erfolg. Franz Märki von der Stadtpolizei Bern: «Die unbewilligte Demonstration wurde aufgelöst und es gab keine grossen Sachschäden.»
Dafür war die Spitalgasse während Stunden abgeriegelt. In den umliegenden Gassen und auf dem Bärenplatz irrten Passanten zwischen Polizei und Krawallbrüdern umher.
Bereits wird von Linksautonomen zu einer weiteren Demo am nächsten Samstag aufgerufen. Ziel sei es, ein Zeichen gegen die Staatsgewalt zu setzen.

5. Mitteilung Stadtpolizei (Originalquelle: http://ch.indymedia.org/de/2006/04/40036.shtml)
63 Festnahmen anlässlich einer unbewilligten Demonstration
pid. Am Samstagabend, um 20.30 Uhr, besammelten sich ca. 100 Personen zu einer unbewilligten Kundgebung bei der Heiliggeistkirche. Sie demonstrierten für Solidarität mit den Jugendlichen in Frankreich, dem Kündigungsschutz junger Arbeitnehmer in Frankreich und gegen die Schliessung des Swissmetall Werks in Reconvillier. Bereits am letzten Samstag, anlässlich des antifaschistischen Abendspaziergangs, war zu dieser Kundgebung aufgerufen worden. Nachdem es aber bei der – unbewilligten – Demonstration zu wüsten Ausschreitungen und Sachbeschädigungen gekommen war, war die Polizei nicht bereit, eine erneut unbewilligte Kundgebung zu tolerieren. Nachdem sich die Kundgebungsteilnehmenden zu einem Umzug formiert hatten und durch die Spitalgasse marschierten, wurden sie von der Stadtpolizei, welche von der Kantonspolizei Bern unterstützt wurde, eingekesselt und zwecks Überprüfung der Personalien festgenommen.
Während die Aktion lief, versammelten sich mehrere Dutzend Sympatisanten und griffen die Polizei immer wieder insbesondere mit Flaschen und Gerüsthaken an. Die Polizei setzte wiederholt Gummischrot ein. Die Scharmützel endeten erst gegen Mitternacht.
Insgesamt wurden 63 Personen festgenommen (48 Männer, 15 Frauen, davon 21 jugendlich). Einzelne werden sich wegen Landfriedensbruch, wegen Sachbeschädigungen und wegen Gewalt und Drohung gegen Beamte zu verantworten haben. Die Polizei stellte Feuerwerkskörper, Pfefferspraydosen, Vermummungsmaterial sicher.
Ein Polizist wurde an der Hand verletzt, als ihn ein Gerüsthaken traf.
Sprayereien wurden keine festgestellt, jedoch wurden die Scheibe der Eingangstüre zum Nelson Pub eingeschlagen, in der Neuengasse eine Bauabschrankung umgerissen und verschiedene Kehrichtkübel angezündet.
Das Bollwerk wie auch die Spitalgasse waren während längerer Zeit gesperrt. Wegen der vielen Scherben der geworfenen Flaschen mussten der Waisenhausplatz und die Spitalgasse durch das Strasseninspektorat gereinigt werden.
Polizeikommando der Stadt Bern