Solidaritätskundgebung Anarchist*innen Russland
Inhalt:
1. Aufruf
2. Communiqué
1. Aufruf (Originalquelle: https://revolutionär.ch/?p=3452)
18.März – Politische Gefangene ins Zentrum rücken!
Wir leben in bewegten Zeiten. Die Konkurrenz zwischen den Staaten führt mehr denn je zu Spannungen, die sich in Kriegen entladen. Und während sich die Wirtschaft seit der Finanzkrise von 2008 erholt, schaut die Mehrheit der Menschen einer ungewissen Zukunft entgegen. Vorteile von Globalisierung und Digitalisierung erfahren nur die wenigsten, so oft man dessen Potential auch wiederholt. In der westlichen Welt wachsen die Jungen mit der Gewissheit auf, dass sie es nicht mehr so einfach haben werden, wie die Generation ihrer Eltern. Gleichzeitig sehen wir weltweite Bewegungen, die nach Demokratie lechzen, aber dennoch nicht verhindern können, dass viele Staaten zunehmend autokratischer werden. Um diesen Zustand und damit sich selber zu erhalten, reagieren Staaten mit Repression gegen politische Aktivist*Innen und Revolutionäre, aber auch Journalist*Innen, Wissenschaftler*Innen und Intellektuelle.
Verhaftungen werden mit geopolitischen und wirtschaftlichen Interessen begründet und mit nationalistischer Stimmungsmache der Bevölkerung schmackhaft gemacht. Es gibt wohl keinen Staat auf der Welt, in dessen Gefängnissen keine politischen Gefangene sitzen und dessen Sicherheitsorgane keine Überwachung von Aktivist*Innen betreibt. Ob in der Schweiz, in den USA, in Deutschland, in Russland, in der Türkei, im Iran: Der Selbsterhaltungstrieb des Staates impliziert die Bekämpfung politisch unliebsamer Menschen. Doch wir dürfen der Repression nicht mit Fatalismus begegnen. Was wären wir für Menschen, würden wir jene vergessen, die ihr Glaube an eine bessere Welt hinter Gitter gebracht hat. Den Kampf, der uns verbindet, führen wir gemeinsam und solidarisch. Und so müssen wir den Kampf jener Genoss*Innen, die in Knästen sitzen, draussen weiter führen und den ihren hinter Gittern unterstützen.
Zum 18. März, dem Tag der Solidarität mit politischen Gefangenen, legen wir unseren Fokus auf die inhaftierten Genoss*Innen.
13. März: Film „Festival der Demokratie“, 20:00, Kino in der Reitschule
15. März: Zeichnen & Briefe schreiben für politische Gefangene, 19:00 Café Kairo Mit Input von YDG zu den ATIK Gefangenen in München.
16. März: Infoveranstaltung mit Marco Camenisch und Jacques Fasel 19:00, Familie Osterhase, Bernstrasse 29, 3072 Ostermundigen
18. März: 11:00 Thunplatz: Protestaktion für anarchistische Gefangene in Russland 15:00 Amtshaus: KnastRast vor dem Regionalgefängnis 16:00 – 20:00 Reitschule: Newroz Fest mit Feuer, Musik, Essen und Trinken
Freiheit für alle politischen Gefangenen!
2. Communiqué (Originalquelle: https://revolutionär.ch/?p=3479)
Solidaritätskundgebung für die gefangenen Anarchist*innen in Russland und in der Türkei
Anlässlich der Präsidentschaftswahlen in Russland haben wir heute Morgen vor der Russischen Botschaft in Bern eine Protestaktion durchgeführt. Viele russische Staatsbürger*innen die auf dem Weg zu den Wahlurnen waren interessierten sich für unser Anliegen. Wir verteilten Flyer und forderten mit Sprechchören den Stopp der Folter durch russische Polizei und den Geheimdienst FSB und die Freilassung aller anarchistischen und antifaschistischen Gefangenen!
Ein massives Polizeiaufgebot riegelte die russische Botschaft ab, so entschieden wir uns unser Transparent beim russischen Konsulat unweit der Botschaft zu hängen. Zudem montierten wir diverse neue Wegweiser, welche zu den jeweiligen Staaten zeigen, dabei machten wir auf die politische Situation in den jeweiligen Ländern aufmerksam.
Gefängnisstrafen für die Teilnahme an Demonstrationen, ein eng ausgelegter Extrem-ismus Straftatbestand und die korrupte und willkürliche Polizei macht antifa-schistisches und anarchistisches Handeln in Russland seit langem sehr gefährlich. Im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen und der WM gehen die russischen Behörden massiv gegen Antifaschist*innen und Anarchist*innen vor. Diese werden unter dem Vorwand der „Gründung einer terroristischer Organisation“ eingesperrt und gefoltert.
Der russische Staat dehnt bereits seit Jahren der Anwendungsbereich gewisser Straftatbestände aus, um gegen linke Aktivist*innen vorgehen zu können. Unter dem Artikel „über die Bekämpfung extremistischer Aktivitäten“ wurden seit 2002 unzählige linke Gruppierungen und Bands kriminalisiert und verboten. Nach den Massenprotesten gegen Putin im Jahre 2012 wurde das Versammlungsgesetz massiv eingeschränkt, mit der Folge von äusserst hohen Geldstrafen für die Teilnahme an Demonstrationen und der Verhaftung von acht Teilnehmer*innen zu zweieinhalb bis vier Jahren Haft.
Die Präsidentschaftswahlen vom 18. März 2018 und die WM im Sommer 2018 hat nun eine neue Repressionswelle ausgelöst. Unter dem Vorwand der Gründung einer kriminellen Organisation wurden in den ersten drei Monaten des 2018 rund ein dutzend Aktivist*innen aus Pensa, Krim und St. Petersburg verhaftet. Genaue Zahlen können nicht genannt werden, da bei einigen der Zusammenhang zum Fall nicht genau geklärt wurde. Als Vorwand für diese Verhaftungswelle benutzt die Polizei eine Gruppe, die Über-lebenstechniken und erste Hilfe geübt haben. Daraus konstruierte die Polizei eine terroristische Organisation, die Anschläge auf die Wahlen und die WM planen würde. Zu den Verhafteten gehören Mitglieder dieser Gruppe, aber auch Personen aus dem erweiterten Bekanntenkreis einzelner Mitglieder, die mit den Aktivitäten der Gruppen überhaupt nichts zu tun haben. Dies macht klar, dass es der Polizei überhaupt nicht um diese Gruppe geht. Was die Verhafteten nämlich tatsächlich verbindet ist nicht diese Gruppe, sondern ihr antifaschistisches und anarchistisches Engagement, welches den russischen Staat angreift und gerade bei solchen Veranstaltungen gefährlich werden könnte.
Den derzeit verhafteten Aktivist*innen wurden bei Hausdurchsuchungen unter anderem Handgranaten untergeschoben, um den Vorwurf zu stützen. Sie wurden teils über Stunden hinweg zusammengeschlagen und mit Elektroschocks gefoltert. Dabei wurde ihnen versprochen, dass die Folter aufhören werde, wenn sie sich selbst belasten oder gegen Andere aussagen. Die Aktivist*innen berichteten ausserdem von Einschüchterungsversuchen und Drohungen der Polizei und vermeintlichen Mitgefangenen.
Für uns ist klar, dass es beim „Pensa-Fall“, wie auch bei anderen Fällen, nicht um strafrechtliche Verfolgung, sondern um politisches Kalkül und die Kriminalisierung von Aktivist*innen geht. Russland will vor den Wahlen und der WM kritische Menschen unter dem Vorwand des Terrorismus wegsperren – eine weltweit bekannte Taktik von der Regierungen Gebrauch machen, um an ihrer Macht festhalten zu können, wenn diese in Frage gestellt wird.
Heute am 18. März 2018, finden nicht nur die russischen Präsidentschaftswahlen statt, sondern es ist auch der internationale Tag der politischen Gefangenen. Unser Protest richtet sich nicht nur gegen Russland, sondern ist ein Solidaritätsbekundung für all jene, die wegen ihrer emanzipatorischen Ideen und dem Kampf für eine gerechtere Welt kriminalisiert und ihrer Freiheit beraubt werden. Egal ob in in Deutschland, der Türkei, im Iran, in Ägypten oder in Russland.
FSB ist der wahre Terrorist!
Eure Elektroschocks werden unsere Ideen nicht töten!
Freiheit für alle Anarchist*innen und Antifaschist*innen in Russland und überall!