Rojava Soliessen eingekesselt
Inhalt:
1. Communiqué
2. Bericht
1. Communiqué (Originalquelle: http://ch.indymedia.org/de/2015/09/95834.shtml)
Heute Abend versammelten sich gut 60 Personen unter dem Baldachin am Bahnhof Bern um an unserem Buffet ihre Solidarität mit Rojava zu zeigen. Es gab leckere kurdisch/syrische Spezialitäten zum selbstbestimmten Preis. Leider wurde der schöne und friedliche Anlass prompt von der Polizei gestürmt und eingekesselt.
Alle Personen die sich zu diesem Zeitpunkt im Kessel befanden durften diesen nicht mehr verlassen. Alle eingekesselten Menschen (darunter auch Kinder) wurden daraufhin einer Leibesvisitation unterzogen und ihre Personalien wurden aufgenommen.
Die Polizei trat äusserst martialisch (Schilder, Helme, Pfefferpistolen, Gummischrotgewehre) auf und reagierte sehr gereizt auf Fragen von Vorbeigehenden und Schaulustigen. Das gesamte Essen, Töpfe und Geschirr wurde von der Polizei beschlagnahmt und abtransportiert.
In Syrien und insbesondere auch im autonomen Gebiet Rojava wird dringend Hilfe benötigt. Dass die Berner Polizei einen Solianlass, der Geld für diese Region sammelt, angreift und massiv stört macht uns wütend.
Doch wir lassen uns unsere Solidarität nicht kriminalisieren und schon garnicht verhindern. Nächste Veranstaltung zum Thema gibts schon am kommenden Samstag in der Brasserie Lorraine mit einem Vortrag zum „Demokratischen Konföderalismus“ und anschliessend Kurdischen Spezialitäten.
Unsere Solidarität gegen ihre Repression – ob in Bern, Cizre oder Kobane!
2. Bericht (Originalquelle: http://ch.indymedia.org/de/2015/09/95834.shtml)
Die Kapo Bern hat wieder einmal eine haarsträubende Medienmitteilung zu den Ereignissen verfasst. Wahlkampf lässt grüssen…
„Die Kantonspolizei Bern hat Kenntnis davon erhalten, dass für den Dienstagabend, 15. September 2015, zu einer unbewilligten Demonstration aufgerufen wurde. Mit Blick auf die gewalttätigen Ausschreitungen vom vergangenen Samstag und dem Ziel, eine neuerliche Konfrontation zwischen verschiedenen Volksgruppen zu verhindern, wurde ein entsprechendes Dispositiv erstellt. Bei den Ausschreitungen waren zahlreiche Personen, darunter auch Polizisten, verletzt worden. Zudem ist der Bahnhofsplatz in den frühen Abendstunden mit dem Feierabendverkehr stark frequentiert.“
1. Es wurde nicht zu einer „unbewilligten Demonstration aufgerufen“, sondern zu „Essen, Musik und Trinken für alle am 15.09.15 um 18 Uhr beim Baldachin“ eingeladen (Auszug Flyer).
2. Man möchte das Aufeinandertreffen von „verschiedenen Volksgruppen“ verhindern. Was soll das bedeuten? Es waren weit und breit keine türkischen Nationalist*innen zu sehen. Und was heisst das genau für die Zukunft? Werden nun Demonstrationen zu diesem Thema generell verboten, weil es ja rein theoretisch jederzeit passieren kann, dass dabei „verschiedene Volksgruppen“ aufeinander treffen? Ah nein Moment, gemäss Herr Polizeichef Willi leben wir ja „zum Glück nicht in einem Polizeistaat“…
3. Ja, am Samstagnachmittag waren zahlreiche Personen verletzt worden, davon wohl etwa die Hälfte durch die zum Teil völlig wild gewordenen Polizist*innen.
4. Naja, es macht auch irgendwie Sinn, politische Veranstaltungen an „stark frequentierten“ Orten abzuhalten, da erreicht man wohl mehr Leute als in irgend einem Wald oder so!
„Kurz nach 18.00 Uhr zeigte sich, dass sich mehrere Personengruppen von der Reitschule aus zum Bahnhofsplatz bewegten und sich mit Angehörigen der bei der Konfrontation vom Samstag beteiligten Volksgruppe zu der unbewilligten Kundgebung versammelten. Am späten Samstagabend war es nach einem Demonstrationsaufruf von der Schützenmatte aus zu Angriffen gegen Polizistinnen und Polizisten und Sachbeschädigungen gekommen. Die Angreifer hatten sich danach teilweise in die Reitschule zurückgezogen. Deshalb wurde entschieden, eine Personenkontrolle durchzuführen und die Personalien der Teilnehmenden zu überprüfen. Um die Personenkontrolle so rasch als möglich und koordiniert durchzuführen sowie das Risiko der Gefährdung von Dritten, Konfrontationen zwischen Gruppierungen und Angriffe auf Polizistinnen und Polizisten so weit als möglich ausschliessen, war ein entsprechendes Aufgebot im Einsatz. Wer der Aufforderung nachkam, konnte die Kontrolle danach auch ungehindert verlassen.“
1. Rassismus und Vorurteile ist man sich von den Gesetzeshüter*innen ja gewohnt. Dass ist aber kein Grund, auch noch in der Öffentlichkeit damit aufzutreten. ‚Ohh schau mal, die bösen Autonomen treffen sich mit den bösen Kurden‘
Sagt mal, gehts noch?
2. Die „Angreifenden“ (räusper räusper) hatten sich also am Samstag teilweise in die Reitschule zurückgezogen. Und dann haben die da bestimmt bis am Dienstag gewartet, um beim Bahnhof Essen zu verteilen. Ernsthaft, sind also alle, welche von der Reitschule aus zu einer politischen Veranstaltung laufen, potenziell mal mit Flaschen auf die Polizei losgegangen?
3. Die Personenkontrolle wurde also „so rasch als möglich“ durchgeführt? Um mit ca 60 Polizeibeamten 59 Personen kurz auf den Ausweis zu schauen und die Taschen zu leeren dauerte gut 2 Stunden. Dies wohl weil stets maximal 4 Polizist*innen zum tatsächlichen Kontrollieren eingesetzt wurden und der Rest neben dran oder besser gesagt rund herum standen und grimmig aus der Wäsche starrten. Böse Zungen würden jetzt sagen, dass das nicht besonders effizient ist…
4. Die Polizei wollte zuerst alle eingekesselten Menschen mit auf den Polizeiposten nehmen. Erst nach längeren Diskussionen und nachdem der Einsatzleiter wohl mehrmals mit seinem Vorgesetzten gefunkt hatte, gingen sie auf den Vorschlag ein, die Personalien vor Ort zu überprüfen.
„Die Mehrzahl der insgesamt 59 Kontrollierten leistete der Aufforderung Folge. So konnten 56 Personen vor Ort überprüft werden und konnten die Kontrolle ungehindert verlassen. Zwei Männer weigerten sich, ihre Personalien bekannt zu geben und mussten mit in Räumlichkeiten der Polizei genommen werden. Sie werden wegen Hinderung einer Amtshandlung verzeigt. Eine Frau trug bei der Kontrolle ein Grossgebinde Reizstoff auf sich und wurde deshalb befragt. Alle drei Personen wurden kurz vor 22.00 Uhr entlassen. Eine vor Ort kontrollierte Person wurde wegen Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz verzeigt.“
1. Dass sich die Männer geweigert hatten ihre Personalien bekannt zu geben ist eine glatte Lüge. Eine der Personen erlitt angesichts des martialischen Auftretens der Polizist*innen einen Anfall und benötigte ärztliche Hilfe. Er wurde daraufhin von mehreren Beamten unter Gewaltanwendung aus der Menschenmasse rausgerissen. Ist in dieser Situation ja auch das absolut beste Vorgehen (räusper räusper). Die zweite Person hatte keinen Ausweis dabei, gab ihre Personalien aber auf Nachfrage der Beamten an.
„Auf dem Bahnhofsplatz wurden Gegenstände sowie Nahrungsmittel zurückgelassen. Die Kundgebungsteilnehmenden wollten diese auf Nachfrage nicht mitnehmen und gaben an, diese später abholen zu wollen.“
1. Die Polizei fragte nach einer verantwortlichen Person, welche sich um das Mitnehmen der Gegenstände kümmern sollte. Als sich niemand meldete packten sie alles in ihre Kastenwägen und zogen ab – dies obwohl die Mehrheit der Kundgebungsteilnehmer*innen immer noch vor Ort war. Warscheinlich hätten sie gerne eine Person gehabt, welcher sie im Nachhinein die Verantwortung für die ganze Veranstaltung hätten anhängen können. Was die Staatsmarionetten wohl nie begreifen werden, ist dass solche Anlässe kollektiv getragen werden.