2003,  Gender,  Repression

Aktion gegen Drogenpolitik

Inhalt:
1. Communiqué


1. Communiqué (Originalquelle: http://ch.indymedia.org/de/2003/10/14991.shtml)
Medienmitteilung des Bündnis Vorplatz
Morgen, 25.10.2003, ab 19.00 Uhr, werden wir wie angekündigt die Drogendealer vom Vorplatz und von der Schützenmatte in die Innenstadt schicken. Wir wollen und werden auch in Zukunft dafür sorgen, dass in
der Umgebung der Reitschule nicht mehr gedealt wird.
Mit dieser Aktion wollen wir auf die verfehlte und verlogene „Drogen“- bzw. Vertreibungs-Politik der Stadt aufmerksam machen, welche die unhaltbare Situation vor unseren Toren überhaubt verursacht.
Fakt ist: nicht „die Reitschule“ ist für die Situation auf der Schütz verantwortlich, sondern die Prohibition (das Drogenverbot) und die Ausgrenzungs-, Sauberkeits- und Spar-Politik der Stadt!

Seit Längerem gefährdet das tägliche (und nächtliche) Szenario vor unserem Kulturpalast und unserer Trutzburg das Projekt Reithalle. Indem die Bullen bewusst(!) sowohl Junkies, wie auch Dealer zur Reithalle treiben um dann später dort „einzufahren“ stören sie den Betrieb in der Reithalle.
Den Filmbegeisterten, den Konzertwütigen, den BiofeinschmeckerInnen, den TheaterliebhaberInnen und selbst den PolitaktivistInnen und den BetreiberInnen, vergeht ab den täglichen Störaktionen so langsam die
Lust an der Reitschule

Die PolitikerInnen können sich mit einer „sauberen Innenstadt“ profilieren, während wir uns in internen Lämpen zerfleischen:
Schlägereien mit und unter Dealern gehören zur Tagesordnung. Ausbeutung und Gewalt gegen die Junkies seitens der Dealer gehören zum Alltag. Platte und sexistische Anmachen sind ebenfalls alltäglich.
Beschaffungskriminalität wie Taschendiebstahl sind „normal“ geworden und als genügte dies nicht, fahren täglich mehrmals die Bullen auf, um die Dealer auf den Vorplatz oder in die Reithalle hinein zu treiben:
Sie spielen, wie auch die Dealer, mit unserer solidarischen Haltung, mit unseren Hemmungen, jemanden, selbst einen Dealer, den Bullen auszuliefern, sie spielen mit unserer Geduld und Toleranz, gegenüber
Leuten, die sich daneben aufführen, denen unsere Grundsätze egal sind und die dabei genau wissen, dass sie niemand verjagen wird.

Doch in der aktuellen Lage, sind genau diese Werte (Toleranz, Geduld und Solidarität) gefährdet:
Wut, Frustration und Ohnmacht vermischen sich allmählich zu einer Gewaltspirale, wie dies immer wieder der Fall war, wenn Dealer den Raum in und um die Reithalle dominierten.
Uns ist das Funktionieren unseres Freiraumes, unserer Solidarität und unserer Selbstbestimmung wichtiger, als der Profit irgendwelcher Strassendealer, als der Rausch eines Junkies, als das Image der Stadt und der Bullen.

Unsere Wut richtet sich nicht gegen Menschen, die vor dem Alltag in ihren Ländern in die Schweiz gezogen sind und denen es die rassistische und diskriminierende Flüchtlingspolitik dieses Landes verunmöglicht sich
zu integrieren.
Unsere Wut richtet sich gegen diese Flüchtlingspolitik. In der Reithalle wird ein grosser Teil des Berner Widerstands gegen diese Politik organisiert:
Von der ANTIFA über die Sanspapiers hin zu der Antikriegsbewegung, den AntiimperialistInnen und der Antiglobalisierungsbewegung, vieles läuft über dieses Haus. Wer sich diesen Kämpfen anschliessen will, ist
herzlich willkommen, wer sich in unserem Schutz egoistisch und zu unserem Schaden durchschlängeln will, soll sich verpissen.

Unsere Wut richtet sich auch nicht gegen die Junkies. Grosse Teile des autonomen Widerstands gegen die städtische Drogenpolitik werden von der Reithalle aus Organisiert!
Wir wissen sehr wohl, dass die Gründe für die hohe Junkiepräsenz um die Reithalle bei der blödsinnigen Politik des Contacts liegen:
Warum wurde die Anlaufstelle neben der Reithalle eröffnet? Warum diese bescheuerten Einlassbedingungen, die dazu führen, dass viele Junkies nicht mehr in die Anlaufstelle dürfen? Warum gibt es noch immer kein
24h-Angebot für DrogengebraucherInnen? Wo bleibt die zweite Anlaufstelle? Gerne helfen wir auch mit, der Contact-Leitung etwas Feuer unter dem Arsch zu machen!

Unsere Wut richtet sich gegen die fehlgeschlagene, verlogene „Drogenpolitik“ der Stadt und des Gemeinderates, gegen die Repression und die Übergriffe, gegen die heuchlerische und fatale
„aus-den-Augen-aus-dem-Sinn“-Politik, die darauf abzielt, auch noch die letzten Freiräume dieser Stadt zu zerstören. Unsere Wut richtet sich nicht zuletzt gegen die sinnlose Drogenprohibition: Die Prohibition ist das eigentliche Drogenproblem. Erst durch das Verbot werden die Dealer geschaffen, die DrogengebraucherInnen illegalisiert, der Stoff gestreckt und die anderen widrigen und krankmachenden Lebensumstände der KonsumentInnen geschaffen.

Aber: Wir haben uns entschlossen das Spiel zu stören, mit den Mitteln, die wir für nötig erachten: Wir können lustig sein, wir können lästig sein, wir verachten Gewalt, scheuen uns aber nicht, uns zu verteidigen,
wenn unser Freiraum gefährdet ist.
Wir werden die Lämpen dorthin tragen, wo sie herkommen: In den Gemeinderat, den Stadtrat und ins Contact.
Wir werden nicht zulassen, dass eine entstehende libertäre Bewegung und ein erkämpfter Freiraum einmal mehr mit Drogengeschichten kaputtgemacht wird.

Wir fordern…
…die Abkehr von der sinnlosen Verbots- und Ausgrenzungs-Politik!
…endlich ein 24h-Angebot zum sicheren Drogengebrauch in Bern!
…die Rückgängigmachung der Zutrittsbeschränkung für ausserkantonale DrogengebraucherInnen und eine zweite Anlaufstelle!
…eine dauerhafte Notschlafstelle, die den Bedürfnissen der Betroffenen entspricht!
…die Respektierung der Menschenwurde von DrogengebraucherInnen!
…die Legalisierung aller Drogen!
Bündnis Vorplatz