Gefangenenbefreiung Untersuchung eingestellt
Inhalt:
1. Medienbericht
1. Medienbericht (Originalquelle: http://ch.indymedia.org/de/2003/07/12607.shtml)
Bund 15.7.03
Untersuchung eingestellt
Täterschaft, die Papierlosen aus Berner Gefängnis befreite, bleibt unbekannt
Am Abend des 29. Januar 2002 gelang beim Berner Amthaus ein paar Demonstrierenden ein Coup: Sie sägten einen Gitterstab an einem Zellenfenster des Regionalgefängnisses durch, drückten die Scheibe ein und verhalfen einem 34-jährigen, papierlosen Kurden zur Flucht. Der Mann war gleichentags während einer Eingangskontrolle im Rathaus, wo der Grosse Rat über die Sans-papiers-Problematik diskutierte, festgenommen worden. Als Grund gab die Polizei an, der Kurde sei vom Kanton Baselland rechtsgültig zur Anhaltung ausgeschrieben gewesen: Er war nach einem abschlägigen Asylbescheid abgetaucht.
Gegen die Festnahme protestierten einige Stunden später Sympathisanten des Sans-papiers-Kollektivs vor dem Regionalgefängnis. Sie forderten, das Schicksal des Kurden sei als Härtefall einzeln zu prüfen. Laut Polizei bestand die Demonstration aus 50 Personen, laut den Demonstranten waren 300 Personen anwesend. Sicher ist: Im Schutz der Kundgebung kam es zu der spektakulären Befreiungsaktion. Die kantonale Polizeidirektorin Dora Andres (fdp) sprach tags darauf von einer «falschen Lagebeurteilung»: Die Polizei wollte die Demonstranten gewähren lassen, dachte aber nicht daran, dass diese derart weit gehen würden.
Fuchs Argwohn
Eineinhalb Jahre nach dem dreisten Akt ist klar: Die Täterschaft konnte bisher nicht ermittelt werden. Die Voruntersuchung, die wegen Befreiung von Gefangenen und Sachbeschädigung eingeleitet worden war, ist eingestellt worden. Dies geht aus einer Antwort der Kantonsregierung auf eine Interpellation von SVP-Grossrat Thomas Fuchs hervor. Der Stadtberner argwöhnt im Vorstoss, der Fall scheine zu «versanden» «aus unerklärlichen Gründen», denn die Gitterstäbe seien «vor laufenden Kameras» durchgesägt worden.
Es war der damals zuständige Untersuchungsrichter Roland Hostettler, der bei der Staatsanwaltschaft erfolgreich die Einstellung der Voruntersuchung beantragte. Hostettler verweist auf Anfrage auf Artikel 235 Strafverfahren: Bei einer Voruntersuchung gegen unbekannt könne das Verfahren eingestellt werden, wenn die nötigen Ermittlungsmassnahmen nach der Tat fruchtlos blieben. Eine Einstellung bedeute aber nicht wie in anderen Kantonen, dass die ganze Sache nun definitiv ad acta gelegt werde, unterstreicht Hostettler: «Sie ruht bloss.» Wenn sich neue Erkenntnisse ergäben oder die Täterschaft in anderem Zusammenhang ermittelt werde, trete die Justiz wieder in Aktion. Zur Kritik in Fuchs Vorstoss will sich der Untersuchungsrichter nicht äussern.
Mehr Kameras, stärkere Stäbe
«Es kann selbstverständlich davon ausgegangen werden, dass die Täterschaft rechtlich belangt wird, sobald sie ermittelt ist», schreibt auch der Regierungsrat. Er legt weiter dar, welche Sicherheitsmassnahmen seit dem Vorfall im Berner Regionalgefängnis ergriffen worden sind: In den Zellen im Untergeschoss werden keine Personen mehr zu Übernachtungen einquartiert. Zusätzliche Videokameras an der Fassade sorgen für bessere Überwachung, zudem wurden die Kameras «sabotagesicher» montiert. So genannte PIR-Detektoren ergänzen die Kameras: Sie reagieren auf Bewegungen und steuern die Kameras automatisch in die Richtung des Ereignisses. Und schliesslich wurden laut Regierungsrat die Gitterstäbe vor den Zellenfenstern verstärkt. (swe)