Sprayaktion Securitas & Casa Blanca
Inhalt:
1. Communiqué
2. Medienbericht
1. Communiqué (Originalquelle: http://ch.indymedia.org/de/2015/12/96438.shtml)
In der Nacht vom 24. auf den 25. Dezember haben wir an der bewachten Greyerzstrasse 101 und am Pappelweg 48 im Nordring Sprays hinterlassen. Damit wollen wir ein Zeichen setzen gegen die schleichende Gentrifizierung des Quartiers und der zunehmenden Überwachung der Cops oder privater Sicherheitskräfte. Wir solidarisieren uns mit den Parolen an den Wänden mit den Kämpfenden in Rojava.
Überwachung: Einhergehend mit der Gentrifizierung der Quartiere in Bern nimmt auch die stetige Überwachung zu. Seit Frühling dieses Jahres sind vermehrt Polizeifahrzeuge auf der Patrouille durch die Quartiere. Dabei werden alle, die augenscheinlich nicht der Norm entsprechen kontrolliert und z.T. weg gewiesen. In der Lorraine gilt die Überwachung vor allem den zahlreichen Sprayern. Dabei werden auch gezielt private Sicherheitskräfte eingesetzt. Seit Juli 2015 überwachen Securitas die Greyerzstrasse 101 und den Pappelweg 48 – Kostenaufwand rund 5’000 Franken die Woche. Als wir in der Nacht vom 24. Dezember unbemerkt die Wände besprayten, sass der zuständige Securitas in seinem Auto. Dank unserer Intervention, konnte das Ziel von sauberen Wänden an beiden Strassen nicht erreicht werden. Deswegen schlagen wir vor, in Zukunft die bisher investierten 125’000 Franken lieber für Aufbauprojekte in Rojava zur Verfügung zu stellen. Ansonsten kommen wir wieder, keine Frage!
Gentrifizierung: Die Quartiere in Bern werden seit einiger Zeit aufgewertet. In der „linken“ Lorraine wird die schleichende Gentrifizierung als positiv verkauft. Wohnungen werden renoviert, es gibt ernährungsbewusste Vegan-Läden und sogar Asylheime, die woanders verpönt sind. Sie werden in der Lorraine regelrecht gefordert, um die Offenheit des Quartiers zu demonstrieren. Was auf den ersten Blick gut tönt, entpuppt sich schnell als Mogelpackung. Was bringen Renovationen, wenn dabei die Mieter*innen rausgeschmissen und die Mieten anschliessend um ein paar hundert Franken erhöht werden? Was bringen Bio- oder Vegan-Läden, wenn die Preise für die Produkte überteuert sind? Was bringt ein Asylheim, wo die Bewohner*innen nett und zuvorkommend von Quartierbewohner*innen betreut werden, wenn die Asylbewerber*innen nach ein paar Monaten wieder ausgeschafft werden? Stattdessen muss der Kampf für freien Wohnraum für alle, gegen Profit und gegen die Asylindustrie geführt werden!
Biji Rojava! Der Kampf in Rojava für die Revolution und gegen die Barbarei der Daesh hält immer noch an. Die Selbstverteidigungseinheiten der YPG/YPJ und die vielen Internationalist*innen konnten in den letzten Monaten zahlreiche militärische Erfolge erringen. Auch die politische Revolution kann sich in den Dörfern und Städten immer mehr entfalten. Trotz der positiven Stimmung in Rojava dürfen wir jedoch nicht vergessen, dass die Bedingungen vor Ort weiterhin sehr hart sind.
So muss der Sieg gegen Daesh mit einem blutigen Preis bezahlt werden. So fiel am 24. Dezember İsmet Şahin (Pirsus Armanc), ein Mitglied der MLKP, im Kampf. Zudem versucht das AKP-Regime mit allen Mitteln das Projekt in Rojava anzugreifen. Nachdem die militärischen Beschüsse und Embargos die Menschen in Nordsyrien nicht in die Knie zwingen konnten, bereitet die Türkei seit Wochen Pogrome gegen die kurdische Bevölkerung in der Osttürkei vor. Durch das Abschlachten der Bevölkerung in Städten wie Amed, Cizre und Silopi werden tausende Helfer*innen daran gehindert, nach Rojava zu reisen. Für den weiteren Erfolg ist unsere Solidarität zwingend erforderlich. Informiere dich und andere, mache Aktionen um deine Solidarität auszudrücken oder sammle Geld für Projekte in Rojava – die Möglichkeiten sind grenzenlos!
Weitere Infos über Rojava findest du unter:
perspektivenbauen.noblogs.org oder facebook.com/perspektiven.bauen
Weitere Infos zur Überwachung findest du unter: 1984 is now
2. Medienbericht (Originalquelle: http://www.bernerzeitung.ch/region/bern/Sprayer-koennen-es-nicht-lassen/story/25627780)
Wachmänner sollten es richten und tatsächlich hatten die Hauseigentümer in Berns Norden Ruhe vor den Sprayern. Bis Heiligabend.
Die Liegenschaftsbesitzer in Berns Norden hatten genug. Kaum war ein Graffito entfernt, prangte der nächste an der Hauswand – eine Sisyphusarbeit. Damit die Fassaden im Nordquartier endlich sauber bleiben würden, wurden sie seit Juli in der Nacht bewacht. Die uniformierten Wachleute patrouillierten nachts an der Greyerzstrasse und am Pappelweg. Im besten Fall machen die privaten Sicherheitsleute die Sprayer auch gleich dingfest, so der ursprüngliche Plan.
Daraus wurde nichts: Die Sprayer haben wieder zugeschlagen – ohne erwischt zu werden. In einer anonymen Stellungnahme auf der Plattform Indymedia.org rühmen sie ihre Taten: «Als wir in der Nacht vom 24.?Dezember unbemerkt die Wände besprayten, sass der zuständige Securitas in seinem Auto.» In Bern würde die öffentliche Überwachung stetig zunehmen, legitimieren die Vandalen ihre Taten. Ein Bild zeigt die neuste Schmiererei.
Den Auftrag, solche Graffiti zu verhindern, erteilte der Verein Casa Blanca, ein Zusammenschluss von Immobilien Stadt Bern, der Gebäudeversicherung Bern, Bern City sowie dem Hauseigentümerverband Bern und Umgebung. Normalerweise werden die Verunreinigungen möglichst innerhalb von 48 Stunden entfernt. Mit den Wachmännern änderte der Verein seine Taktik gegen die Sprayer: Es sei das erste Mal, dass man mit einem Sicherheitsdienst gegen Sprayer vorgehe, sagte damals Adrian Haas, Präsident von Casa Blanca und Vizepräsident des Hauseigentümerverbands Bern.
Sprayer freuen sich an Kosten
Bis Heiligabend funktionierte diese Taktik. «Irgendwann wird man sie erwischen», sagt Adrian Haas nun. Zwar habe der Wächter die Sprayer gesehen, sie seien aber vermummt gewesen. «Und die Polizei war scheinbar nicht rechtzeitig auf Platz», so der FDP-Grossrat. Das Ganze würde er nicht als Katz-und-Maus-Spiel bezeichnen. «Sprayen ist eine strafbare Handlung.» Der Verein Casa Blanca habe Interesse an einer sauberen Stadt. Ob sich die Methode mit dem Sicherheitsdienst bewährt hat, sei schwer zu sagen: «Uns ist auch klar, dass man so das sprayen nicht vollständig verhindern kann.»
Die Kosten der Aktion sind nicht unerheblich. Pro Woche würden die Wachmänner rund 5000 Franken kosten, sagte Haas vor einem halben Jahr. Casa Blanca zahlte den Betrag aus dem Vereinsvermögen, damit weder Mietern noch Hauseigentümern zusätzliche Kosten entstehen.
Über die hohen Kosten spotten nun auch die Vandalen: «Dank unserer Intervention konnte das Ziel von sauberen Wänden an beiden Strassen nicht erreicht werden. Deswegen schlagen wir vor, in Zukunft die bisher investierten 125?000 Franken lieber für Aufbauprojekte in Rojava zur Verfügung zu stellen. Ansonsten kommen wir wieder, keine Frage!», schreiben die Sprayer anonym.
Auf Anfrage beschwichtigt Haas. Die Überwachung koste nicht 125?000 Franken. Der Betrag für die Aktion sei tiefer. «Wir haben nur noch sporadisch überwachen lassen.» So oder so: Auch im neuen Jahr geht in Berns Norden die Sisyphusarbeit weiter.