2020,  Antifaschismus,  Antiimperialismus,  Antikapitalismus,  Antirassismus,  Demo,  Gender,  Gentrifizierung,  Ökologie,  Repression,  Sprays,  Türkei & Rojava,  WEF

NOWEF-Demo

Inhalt:
1. Aufruf
2. Mobi-Graffiti
3. Mobi-Video
4. Communiqué
5. Bericht Anarchistische Gruppe Bern
6. Medienbericht


1. Aufruf (Originalquelle: https://barrikade.info/article/3009)
18. Januar 2020, 15:00 Bahnhofplatz Bern
Das WEF steht wieder vor der Tür und wir blicken auf turbulente Monate zurück. Anfangs 2019 haben die Klimaproteste mehr und mehr Fahrt aufgenommen und sich teilweise in eine systemkritische Richtung entwickelt. Mit dem Amtsantritt von Bolsonaro in Brasilien wurde der Regenwald zum Abfackeln und die indigene Bevölkerung zum Abschuss freigegeben. Internationale Unternehmen, darunter solche, die vom WEF als Heilsbringer für den Weltfrieden angepriesen werden, beuten als Folge der Schwächung der Schutzgebiete Mensch und Umwelt im Amazonas aus – mit katastrophalen Folgen. Die verbrannte Fläche im Juni dieses Jahres stieg im Vergleich zum Vorjahr um 88% an. Ein Anstieg, der in der Natur ohne Eingriffe von Menschen unwahrscheinlich ist. Doch die Indigenen Brasiliens geben ihren geliebten Lebensraum nicht kampflos auf und wurden durch die Angriffe der rassistischen, herrschenden Klasse Brasiliens nur in ihrem Willen nach Freiheit und Gerechtigkeit bestärkt.

Bereits seit letztem Jahr brennen in Frankreich regelmässig die Strassen, als Antwort auf den Sozialabbau und gegen den unerbittlichen Kampf, den die französische Regierung gegen Randgruppen führt. Doch am meisten gehen die Menschen auf die Strasse und wehren sich, weil sie einen Wandel wollen. Der französische Staat reagierte mit einer Repressionswelle, welche besonders die Gilets Noir traf, eine Vereinigung von Sans Papiers, die für ihre Rechte unter anderem mit Besetzungen demonstrierte. Sie werden von den Medien nicht beachtet,von der Polizei brutal zusammengeschlagen und doch kämpfen sie weiter gegen die unmenschliche Behandlung, die ihnen widerfährt.
Auch die Gilets Jaunes haben mit enormen Repressalien zu kämpfen. Unzähligen Menschen wurden die Augen ausgeschossen, die Hände weggesprengt oder tödliche Verletzungen zugefügt. Trotzdem gehen Samstag für Samstag tausende Menschen in ganz Frankreich auf die Strasse, um weiter zu kämpfen.

Anfangs Oktober beginnen die Ereignisse sich zu überschlagen. Rojava wird vom faschistischen Regime Erdogans angegriffen. Das NATO-Mitglied Türkei bombardiert Wohnhäuser, Spitäler, Schulen und die Wasserversorgung. Die dschihadistischen Milizen, welche für Erdogan die Drecksarbeit erledigen, stehen in ihrer Ideologie und in ihrer Brutalität den Daesh in nichts nach. Köpfend, plündernd, mordend und vergewaltigend, treiben sie die in Rojava lebenden Zivilisten*innen vor sich her, mit dem Ziel der Schaffung einer ethnisch gesäuberten „Sicherheitszone“ an der Grenze Syriens zur Türkei. Doch der Widerstand gegen die Invasion kommt aus der Mitte der Gesellschaft Rojavas und ist gewaltig. Die Menschen versammeln sich trotz den rücksichtslos bombardierenden türkischen Flugzeugen und Drohnen zu Massenprotesten gegen die Besatzer. Die Kämpfer*innen der Frauen- und Volksverteidigungseinheiten (YPJ/YPG) und ihre Verbündeten sorgen dafür, dass die faschistischen Invasoren jeden Zentimeter Boden, den sie stehlen, mit viel Blut bezahlen müssen. Das Projekt der Selbstorganisation und der Frauen*befreiung in Rojava ist in seiner dunkelsten Stunde, doch aufgeben werden sie nicht. Die Jahre, in denen die Demokratische Föderation Nord- und Ostsyrien bereits besteht, haben die Gesellschaft geprägt und diesen Fortschritt werden die Invasoren nicht vernichten können.

Fast gleichzeitig beginnt es am anderen Ende der Welt zu brennen. In Chile treibt eine Erhöhung der Preise des öffentlichen Verkehrs in Santiago de Chile die Menschen auf die Strasse. Auch wenn die Regierung die Preiserhöhung schnell zurücknahm, war das Feuer bereits entfacht und die Menschen haben gemerkt, dass sie etwas bewirken können, wenn sie viele sind und sich wehren. Der von der faschistischen Pinochet-Diktatur geprägte Repressionsapparat reagierte mit heftiger Gewalt. Todesopfer, Folterungen und Misshandlungen sind die Folge. In Chile, dem Kinderzimmer des Neoliberalismus, zeigen sich die hässlichen Folgen der ultrakapitalistischen liberalen Politik. Während Chiles Wirtschaftszahlen den Anschein erwecken, dass es dem Land gut geht, haben die meisten Menschen fast nichts und verdienen zu wenig, um zu überleben.
Das WEF scheint die Bewegungen als ernste Bedrohung für sich wahrzunehmen. Sie wollen sich als Plattform präsentieren, an dem die Probleme der Welt mit angeblich allen Interessensgruppen diskutiert und gelöst werden können.

Doch es ist klar: Unterdrückende sind keine Interessensgruppe, mit der ein Dialog geführt werden sollte. Sie müssen bekämpft werden! Dass das WEF seiner scheinbar lösungsorientierten Fassade nicht gerecht wird, sollte jedem Menschen klar sein. Am WEF werden nicht die Lösungen für die Konflikte unserer Zeit gefunden, sondern die Probleme geschaffen. Die Hauptgäste des Forums sind die Verursachenden der Unterdrückung und haben kein Interesse daran, ihre Herrschaft und die damit verbunden Konsequenzen nicht beenden. Die Freiheitskämpfe des letzten Jahres haben uns gezeigt, dass die Menschen die Nase voll haben von der Herrschaft von oben und ihre Leben selbst organisieren wollen. Der Klassenkampf wird von unten organisiert und nach oben geführt und dies ist seine grösste Stärke. Wir müssen unseren Widerstand verbinden und uns im Klassenkampf vereinen. Eine andere Welt ist nicht nur möglich, sondern notwendig!


2. Mobi-Graffiti (Originalquelle: https://www.facebook.com/jugendbern/photos/a.409006116445824/456190635060705/ & https://www.facebook.com/jugendbern/posts/460513047961797)


3. Mobi-Video (Originalquelle: https://www.youtube.com/watch?v=L5-FyccvlR4)


4. Communiqué (Originalquelle: https://revolutionär.ch/?p=4824)
Der Widerstand lebt!
Kommenden Dienstag treffen sich in Davos Staatsoberhäupter und Wirtschaftsvertreter*innen.
Um sicherzustellen, dass alle mitbekommen, wofür das WEF und seine Besucher*innen wirklich stehen, zog heute eine Demonstration von etwa 2000 Personen durch die Innenstadt und durch die Länggasse. Dabei hinterliessen wir an verschiedenen Orten Botschaften des Widerstands. So wurden in der Altstadt einige Brunnen umdekoriert, um auf indigene Kämpfe in Südamerika, den feministischen Widerstand in Rojava und auf queerfeministische Beteiligung am Frauen*kampftag aufmerksam zu machen. Zudem stellten wir sicher, dass die Credit Suisse und die UBS, beides WEF-Partner, als die kriegstreiberischen, umwelt- und menschenfeindlichen Kräfte wahrgenommen werden, die sie sind. Wir nahmen uns dazu die Freiheit, ihre Schaufenster etwas inhaltlicher zu gestalten.
Auch die Thematik der Gentrifizierung, der steigenden Mieten und sonstigen Lebenskosten aufgrund von Immobilienspekulation und Aufwertung wurde einbezogen, indem die neu aufgewertete Migros angesprüht wurde. Wie bereits vom SonntagsBlick vom 12.1.2020. korrekt analysiert, handelt es sich hierbei um einen Klassenkampf.

Entlang der gesamten Route wurden Transparente aufgehängt, viele davon Solidaritätsbotschaften an Protestbewegungen in aller Welt.
Nur schon ein kleiner Einblick in die Besucher*innenliste des WEF ist vielsagend: Unter anderem der türkische Aussenminister Mevlüt Cavusoglu, der US Präsident Donald Trump und Angela Merkel werden in einigen Tagen nach Davos reisen.
Doch nicht nur aufgrund der einzelnen Besuchenden erhob sich heute der Protest gegen das WEF. Das Forum ist eine Marketingplattform für Nationalstaaten und Kapitalist*innen, um darüber hinwegzutäuschen, dass sie Menschen unterdrücken und ausbeuten. Logisch ist es in ihrem Interesse, wenn das WEF und die dort stattfindende Vernetzung medial thematisiert werden, statt die Kriege die sie führen. Wenn die Schlagzeilen gefüllt sind mit ihren heuchlerischen Zitaten statt mit den Protesten, die sich gegen sie erheben. Hierzu verfolgt das WEF eine Strategie, die Kapitalist*innen praktizieren, seit es Widerstand gegen sie gibt. Kritische oder sogar aufständische Bewegungen werden gezielt integriert, zum Beispiel indem Vertreter*innen von Protestbewegungen «Mitspracherechte» oder Teilhabe angeboten werden. So wurde Greta Thunberg als Aushängeschild für die Klimabewegung dieses Jahr schon zum zweiten Mal an das WEF eingeladen.
Womit sich das WEF hingegen weniger gerne profiliert, ist die massive Repression, die seit Jahren gegen Anti-WEF-Proteste ausgeübt wird, um einen reibungslosen Ablauf des neoliberalen Networkings zu gewährleisten. So wurde beispielsweise 2012 die Demo in Bern gänzlich von der Polizei verhindert, 130 Bussen wegen Landfriedensbruchs wurden verteilt. Ein Anti-WEF-Familienfest auf der Schützenmatte im Jahr 2015 wurde von einem massiven Polizeiaufgebot begleitet.
Doch wir sind zurück! Die Demonstration heute hat erneut gezeigt, dass wir uns die Strasse erkämpfen können.
Der Widerstand gegen das WEF ist ein vielfältiger – wir kommen wieder!


5. Bericht Anarchistische Gruppe Bern (Originalquelle: https://www.facebook.com/InfoAGB/posts/1520776404737377 )
Heute zogen rund 1500 Personen durch Bern, um gegen das WEF zu demonstrieren. Thematisiert wurden die weltweiten Kämpfe in Rojava, Chile, Paris und weiteren Orten. In der Innenstadt wurden Aktionen in Solidarität mit den Mapuche gemacht. Unterwegs hängte mensch an zahlreichen Orten Transparente an Dächer und Kräne. Zudem gab es in der Länggasse verschiedene Sprays und weitere Transparente gegen Aufwertung. Es war eine grosse Demo, die gezeigt hat, dass das WEF weiterhin Menschen mobilisieren kann und der Widerstand auch beim 50. Treffen in Davos notwendig bleibt.


6.Medienbericht (Originalquelle: https://www.bernerzeitung.ch/region/bern/antiwefdemo-zieht-durch-berner-innenstadt/story/17089741)
Anti-WEF-Demo vor der Reitschule beendet
LiveAm Samstag fand in Bern eine unbewilligte Anti-WEF-Demo statt. Die Polizei war mit einem Grossaufgebot vor Ort und hatte die Lage im Griff.

Grossauflauf an der Anti-WEF-Demo
Wer am Samstag seine Wochenendeinkäufe in Bern erledigen wollte, tat gut daran, dies vor 15 Uhr hinter sich zu bringen. Denn ab diesem Zeitpunkt versammelten sich Kapitalismusgegner aus Bern und Umgebung am Bahnhofplatz, um lautstark gegen das am Dienstag startende Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos zu protestieren.
Und es waren nicht wenige. Hatten die Anti-WEF-Demos in den vergangenen Jahren etwas an Zulauf verloren, so schlossen sich am Samstagnachmittag gegen 1000 Demonstranten zusammen, um durch die Innenstadt zu ziehen.

Polizei gibt Spielregeln per Lautsprecher durch
Anti-WEF-Demos haben in Bern Tradition. Initianten sind stets linksautonome Kreise. Für die Kundgebung liegt in der Regel keine Bewilligung von den Behörden vor – so auch am Samstag nicht. Die Kantonspolizei Bern war dementsprechend mit einem Grossaufgebot in der Stadt präsent – hielt sich jedoch im Hintergrund.

Die Vorgabe des Gemeinderats hiess offenbar: Demozug laufen lassen. Kommt es jedoch zu Sachbeschädigungen oder Gewalt, so greift die Polizei ein. Via Lautsprecher teilte die Polizei den Demonstrierenden diese Spielregeln mit.

Kurz nach 15 Uhr marschierte der Tross los. Von vorne bot sich der einkaufenden Bevölkerung ein ziemlich grimmiger Anblick. An der Spitze trugen allesamt schwarze Kapuzenpullis, über die Nase gezogene schwarze Halstücher und dunkle Sonnenbrillen. Lauthals skandierten sie antikapitalistische Hymnen.

Nicht nur gegen das Treffen der wirtschaftlichen und politischen Machtelite im Bündnerland protestierten die Demonstranten, auch gegen Faschismus im Allgemeinen, das Patriarchat und gegen die militärische Offensive der Türkei in Nordsyrien. So überraschte es nicht, marschierten auch verschiedene kurdische Gruppierungen mit.

Zwei Stunden quer durch die Stadt
Zwei Stunden dauerte der Protestmarsch. Obwohl die Polizei mit Fahrzeugen und Personal vorab ging, um die Verkehrswege freizuhalten, musste sie immer wieder leicht umdisponieren. Denn wie auch die Bevölkerung, wusste offenbar auch die Polizei nicht, wo genau die Marschroute durchführen würde.

Nun, sie führte kreuz und quer durch die obere Altstadt und machte zum Schluss noch einen Abstecher in die Länggasse, ehe sich die Kundgebung wie üblich auf der Schützenmatte auflöste.
Unterwegs wurden massiv Rauch- und Knallpetarden gezündet. Mehrmals hielt der Demozug, so dass ein paar Vermummte Transparente an gut sichtbaren Orten aufhängen konnten – etwa an Brunnen, auf dem Baldachin oder auf dem Dach der «Welle» am Bahnhof.

Bei einer Filiale der Credit Suisse – dem derzeitigen Lieblings-Prügelknabe der Klimabewegung – klebten Aktivisten Plakate ans Schaufenster, auf denen die Bank als «War Lord» – also als Kriegsherr – bezeichnet wurde. Und in der Länggasse wurde die Migros-Filiale versprayt. Offenbar stören sich gewisse Demoteilnehmer an der «Aufwertung», welche die Migros ihrer Ansicht nach in gewisse Quartiere bringt. Die Polizei drückte beide Augen zu und griff nicht ein.

Bilanz der Polizei
Die Bilanz der Polizei: Ein brennender Container wurde durch die Berufsfeuerwehr Bern gelöscht. 3 Personen wurden in Polizeiräumlichkeiten kontrolliert. Bezüglich Migros-Sprayerei werden Ermittlungen aufgenommen. Abgesehen davon verlief die Demo friedlich. Passanten in der Stadt mussten jedoch temporäre Verkehrsbehinderungen auf sich nehmen oder sich durch dicke Rauchschwaden kämpfen.

Manche schauten dem lauten Treiben amüsiert zu, andere sichtlich genervt. «Ou, was isch de da Verruckts los?», fragte eine ältere Dame ihren Mann. «Das isch Bärn», antwortete er kurz und knapp. Auch die Polizisten, welche den Demozug begleiteten, wurden hie und da in Gespräche verwickelt. Ein älterer Passant meinte bloss zu einem Beamten: «Ihr habt eigentlich einen Scheissjob.» Der Polizist lächelte gequält.